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Energie aus Heu und Heckenholz

Lesezeit: 6 Minuten

In jeder Gemeinde fallen bei der Hecken- oder Grünflächenpflege große Mengen Biomasse an. Wie sich das Material energetisch ­nutzen lässt, erklärt Christian Letalik von C.A.R.M.E.N. aus Straubing.


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Der zunehmende Anbau von Mais für Biogasanlagen stößt bereits heute regional an seine Grenzen. Und auch die Papier- und Möbelindustrie fürchtet um ihren Grundstoff Holz, der immer häufiger im Ofen landet. Um dieser Konfliktsituation rechtzeitig zu begegnen, fordern Wissenschaftler und Politiker für die Energieerzeugung verstärkt Reststoffe einzusetzen. Eine wachsende Bedeutung gewinnt dabei Landschaftspflegematerial. Sein Potenzial wird auf bundesweit mehrere Millionen Tonnen geschätzt.


Mehr als 5 % der bundesdeutschen Flächen werden aktuell als Naturschutzflächen anerkannt, Tendenz steigend. Denn die Europäische Union fordert die Ausweitung der so genannten FFH (Flora-Fauna-Habitat) – Verbundflächen in den Mitgliedsstaaten auf 10 % der Gesamtfläche.


Landschaft offen halten


Hinzu kommt, dass sich die Rinderbestände in Deutschland in den letzten 20 Jahren von annähernd 20 Mio. Tieren auf knapp 13 Mio. reduziert haben. Damit fallen auch Grünlandflächen aus der bisherigen Bewirtschaftung als Weide oder Wiese heraus. Werden diese nicht regelmäßig gemäht, droht die Verbuschung und schließlich die Ausbreitung von Wald, wie sich am Beispiel des Schwarzwaldes zeigt. Die ener­getische Nutzung kann helfen, diese Grünlandflächen offen und damit das Landschaftsbild – nicht zuletzt für den Tourismus – zu erhalten.


Allerdings ist Landschaftspflegematerial nicht so homogen wie Mais oder Holz aus dem Wald. Je nach Jahreszeit oder Art der Naturschutzfläche fallen Materialien mit unterschiedlichen physikalischen und chemischen Eigenschaf­ten an.


Am Beispiel einer Streuobstwie­se lässt sich das besonders gut darstellen:


Hier fällt krautiges, halmgutartiges Material an, das dem Biotop in der Regel durch ein- bis zweimalige Mahd als überständiges Gras im Sommerhalbjahr entnommen wird (je nach Standort und Witterung im Durchschnitt 3 bis 6 t Frischmasse (FM) pro ha).


Dazu kommt der jährliche Obstbaumschnitt, der im Winterhalbjahr als holzige Biomasse in der Größenordnung von 1 bis 3 t FM/ha anfällt. In intensiv betriebenen Obstplantagen (Bodenseeregion) können sogar bis zu 10 t FM/ha an Pflegeschnittholz anfallen.


Landschaftspflegeheu als Brennstoff


Das Material lässt sich unterschiedlich verwerten:


Heu aus verholztem Gras als Brennstoff in speziellen Kesseln,


jüngeres Gras als Rohstoff in Biogasanlagen,


Holz als Brennstoff in Hackschnitzelheizungen.


Um aus dem teilweise verholzten Grasschnitt einen trockenen und homogenen Brennstoff herzustellen, ist eine Aufbereitung notwendig. Vor der Zufuhr in den Brennraum muss das meist in Ballenform gepresste Heu mit einem Häcksler zerkleinert werden. Spezialisierte Firmen bieten mittlerweile Kessel für halmgutartige Brennstoffe wie Heu aus der Landschaftspflege an. Brennraum und Kessel müssen dabei so auf die besonderen Eigenschaften dieser Brennstoffe ausgelegt sein:


Erhöhte Chlor-, Stickstoff-, Kalium- und Natriumwerte im Vergleich zu Holzbrennstoffen erfordern einen erhöhten Korrosionsschutz der Anlagenteile, insbesondere am Wärmetauscher, sowie eine aufwendigere Technik bei der Abgasreinigung.


Niedrigere Ascheschmelzpunkte erfordern bewegliche bzw. gekühlte Rostsysteme, da ansonsten Schlacke im Brennraum entstehen kann.


Wegen der erhöhten Staubgehalte muss eine leistungsfähige Filtertechnik sicher stellen, dass die Grenzwerte der 1. und 4. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) sowie der TA Luft im Dauerbetrieb eingehalten werden. Zu beachten sind hier die wesentlich strengeren Abgaswerte für halmgutartige Brennstoffe. Denn Anlagen, die Heu oder Stroh verfeuern, sind bereits ab 101 kW Feuerungswärmeleistung nach der 4. BImSchV zu genehmigen.


Die Einhaltung der Kohlenmonoxid-Grenzwerte stellt besondere Anforderungen an die Homogenität des halmgutartigen Brennstoffes (Feuchte und Korngröße) sowie an die gleichmäßige Luftführung im Ofen.


Deutlich höhere Aschegehalte verursachen einen erhöhten Reinigungsaufwand.


Gras für die Biogasanlage


Eine zweite Option neben der Verbrennung bietet die Vergärung von krautigen, halmgutartigen Landschaftspflegematerialien. Von den knapp 6 000 Biogasanlagen in Deutschland verwenden derzeit nur wenige Anlagen Material aus der Landschaftspflege. Denn zu hoch ist der Aufwand für die Zerkleinerung des langfaserigen Grasschnitts, um ein pumpfähiges Gärsubstrat (ca. 10 % Trockenmasse) für die weit verbreiteten Nassvergärungssysteme herzustellen.


Hinzu kommt, dass das durch späte Mahd gewonnene Landschaftspflegegras z. T. stark verholzt ist. Vergleichsweise hohe Cellulosegehalte lassen die Gaserträge im Vergleich zu Mais und intensiv gewonnener Grassilage deutlich absinken (siehe Übersicht). Im Fermenter der Biogasanlage gilt: Je jünger und weniger holzig das Substrat, desto schneller und effektiver findet der Umbau der Biomasse zu Methan statt.


Abhilfe kann hier die Feststoffvergärung schaffen. In einer derartigen Anlage wird das Gärsubstrat nicht gepumpt, sondern als stapelbare Biomasse in einen garagenartigen, befahrbaren Fermenter per Rad- oder Frontlader eingetragen und permanent mit bakterienhaltigem Perkolat befeuchtet.


Die Aufbereitung der deutlich trockeneren Materialien (bis ca. 30 % TM) ist mit einem wesentlich geringeren technischen Aufwand als in der Nassvergärung verbunden. Allerdings ist dieses Verfahren noch nicht sehr verbreitet in Deutschland. Daher liegen wenig Praxiserfahrungen mit der Vergärung von Landschaftspflegematerial vor.


Auch im Bereich der wesentlich weiter verbreiteten Nassvergärung hat sich der Stand der Technik schnell weiter entwickelt. Die Gasausbeute aus Landschaftspflegematerialien und aus der Grassilage von extensiver Grünlandbewirtschaftung hängt im Wesentlichen von der Substrat­aufbereitung ab.


Die bei weitem größten Anteile des derzeit energetisch genutzten Landschaftspflegematerials werden aus holzigem Schnitt­gut gewonnen und gelangen als aufbereitete Hackschnitzel in Biomasseheizwerke von ca. 250 kW bis 1,5 MW Feuerungswärmeleistung. Je nach Heizwerk sind Mengenanteile von wenigen Prozent bis hin zu über 50 % an der Brennstoffmischung bekannt.


Heckenschnitt für die Verbrennung


Auch größere (Heiz-)Kraftwerke mit Leistungen bis etwa 5 MW (elektrisch) setzen derartige Brennstoffe inzwischen verstärkt ein. Der 2009 im Erneuerbare-Energien-Gesetz verankerte Landschaftspflegebonus (siehe Kasten) wirkt sich auf die Nachfrage nach solchen Brennstoffen erheblich aus.


Die Aufbereitung von Baumschnitt (z. B. von der Streuobstwiese), Baum- und Strauchheckenschnitt (allein in Schleswig – Holstein ca. 45 000 km Wallhecken) oder Strauchschnitt, der bei der Freihaltung von Wegen, Gewässern, Bahntrassen und Freileitungen anfällt, ist heute Stand der Technik. Mit mobilen Schredder- oder Hackmaschinen können Baum- und Strauchschnitte nahezu aller Stärken zerkleinert werden. Durch einen verstellbaren Siebkorb am Zerkleinerer und einer eventuellen Nachbearbeitung in einer separaten Siebmaschine ist es möglich, je nach Anforderung der Heizanlage einen homogenen Brennstoff mit definierten Kantenlängen und geringen Feinanteilen herzustellen.


Derartig gewonnene Hackschnitzel haben je nach Wassergehalt einen um etwa 10 bis 20 % niedrigeren Energiegehalt als vergleichbare Waldhackschnitzel. Wichtig ist in jedem Fall, dass mineralische Feinanteile wie Sand, Erde und kleine Steine vor der Anlieferung an das jeweilige Heizwerk ausgesiebt werden. Denn solche Fremdstoffe vermindern nicht nur den Heizwert des Brennstoffes und damit die Kesselleistung, sondern verursachen auch Probleme im Brennraum und führen zu erhöhten Kosten bei der Ascheverwertung.


Maschinell sehr gut ausgestattet sind in aller Regel Kompostwerke, die mit erprobten Stoffstrommanagementkonzepten gerade soviel holzigen Grünschnitt zu Brennstoff aufbereiten, dass die Kompostierung der weniger holzigen, feuchteren Materialien noch gut funktioniert. Nachfrage am Markt gibt es nach beiden veredelten Produkten ausreichend: Sowohl Kompostprodukte als auch Holzbrennstoffe sind sehr gefragt. Insbesondere bei der Wärmeversorgung über Biomasseheizwerke mit Nahwärmenetz ist dieses Ziel schon heute vielfach erreicht.


In den folgenden drei Reportagen lesen Sie, welche Erfahrungen Landwirte und Kommunen mit der Verwertung von Landschaftspflegematerial gemacht haben.

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