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Für weniger Staub im Abgas

Lesezeit: 5 Minuten

Auch die Heizkesselbranche muss strenge Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxid einhalten. Industrie und Forschung arbeiten an kostengünstigen Lösungen.


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Feinstaub oder Stickoxid sind nicht nur ein Problem im Straßenverkehr. Strenge Abgasgrenzwerte gelten inzwischen auch für Holzheizkessel und Kaminöfen: Nach der ersten Bundes-Immissionsschutzverordnung (1. BImSchV) müssen Öfen nachgerüstet oder stillgelegt werden, wenn sie die Grenzwerte nicht mehr einhalten, bei Zentralheizungskesseln gilt die Nachrüstpflicht.


Frist läuft ab


Ende 2020 läuft die Frist für rund 2 Mio. Öfen in Deutschland ab, deren Typenprüfung bis einschließlich 31. Dezember 1994 erfolgte. Dann gilt für sie die 2. Stufe der 1. BImSchV mit strengeren Grenzwerten für Staub und Kohlenmonoxid. Bei Anlagen mit einer Typenprüfung zwischen 1995 und März 2010 endet die Frist am 31.12.2024.


Holzheizungen müssen auch Grenz-werte bei Stickoxiden einhalten. „Allerdings gibt es bei Holz aufgrund des geringen Stickstoffgehaltes im Brennstoff nur geringe Emissionen – anders als bei Halmgut wie Stroh“, erklärt Marco König vom Deutschen Biomasse-Forschungszentrum (DBFZ).


Um dagegen die Vorgaben bei Staub einzuhalten, sind mehr Maßnahmen nötig. „Die meisten Anlagen benötigen einen Staubfilter oder Abscheider“, sagt König. Hier sind aktuell drei Verfahren in der Diskussion:


  • Zyklon: Die Technik ist wenig störanfällig und günstig. Allerdings lassen sich mit einem Zyklon nur grobe Partikel abscheiden. Da es bei Holzfeuerungen aber einen großen Anteil kleiner Partikel gibt, funktioniert diese Technik bei Biomasse nicht so gut. Zyklone sind daher vor allem als Funkenabscheider vor Gewebefiltern im Einsatz.
  • Gewebefilter: Sie schaffen es, bis zu 99% der Partikel aus dem Abgas zu entfernen. Allerdings kommt es dabei zum Druckverlust. Das führt zu einer höheren Saugzug-Gebläseleistung und somit zu einem höheren Stromverbrauch. Daher kommen sie erst bei Anlagen über 200 kW zum Einsatz.
  • Elektroabscheider: Sie funktionieren, indem Elektroden die Staubpartikel elektrostatisch aufladen. Diese lagern sich an der Außenwand des Abscheiders ab und können dann entfernt werden. Bei Holz reinigen sie über 90% der Staubpartikel aus dem Abgas. „Weil es mit dieser Technik keinen Druckverlust beim Abgas gibt und dieses damit auch via Naturzug aus dem Schornstein abzieht, lassen sich Elektroabscheider auch schon bei kleinen Feuerungen unter 100 kW einsetzen“, erklärt König. Denn sie verursachen nur geringe Betriebskosten. Allerdings gibt es Rohr-elektroabscheider aktuell nicht unter 1500 €. Daher ist die Nachrüstung bei kleineren Öfen, die oft unter 1000 € kosten, nicht wirtschaftlich.


Technik reicht oft nicht aus


Auch wenn es bereits Elektrofilter auf dem Markt zu kaufen gibt: Ihre Reinigungsfähigkeit ist gerade bei kleinen Staubpartikeln noch nicht ausreichend. Im Partikelbereich zwischen 0,2 bis 0,3 µm sinkt die Abscheideleistung je nach Filtertyp auf ca. 45% bzw. knapp unter 30%, zeigt das Projekt „Optimierung der Fraktionsabscheidegrade elektro-statischer Staubabscheider beim Einsatz in Biomassefeuerungen“ (Fresbi), bei dem das Fraunhofer Insitut „Umsicht“ zusammen mit der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Amberg-Weiden und dem Filterhersteller Schräder zusammengearbeitet hat.


Die Projektpartner ermittelten die Abscheideleistung der heute verfügbaren elektrostatischen Filter an Biomassefeuerungen mit 40, 100 und 440 kW. Im niedrigen Leistungsbereich (bis 40 kW) kam der OekoTube-Inside der Firma Oekosolve, im mittleren (50 bis 150 kW) die Filterbox S und im großen (200 bis 800 kW) die Filterbox 2K der Firma Schräder zum Einsatz. „Bei den Abscheidern in den unterschiedlichen Leistungsbereichen haben wir deutliche Unterschiede bei den Messverfahren beobachtet“, stellt Prof. Dr. Stefan Beer von der OTH fest.


Im Schnitt aller getesteten Geräte lag der Abscheidegrad zwischen 60 und 90%, zum Teil darüber. Zwar lassen sich damit die Staubgrenzwerte in allen Leistungsbereichen zuverlässig einhalten. Im Feinstaubbereich, mit Partikelgrößen von 0,2 bis 2 μm ist allerdings bekannt, dass Elektrofilter etwas schwächer wirken. Bei ausgewählten Abscheidern (OekoTube-Inside und Filterbox S) haben die Projektpartner daher die Steuerung oder die Elektrodenformen optimiert. Nach der Modifikation stieg die Abscheidung von klei-neren Partikeln deutlich.


Das Projekt zeigt, dass die Abscheidetechnik noch längst nicht ausgereift ist und Potenzial hat.


Filter für Hackschnitzel


Das Karlsruher Institut für Technologie, der Filterhersteller CCA-Carola Clean Air GmbH und der Kesselhersteller HDG Bavaria GmbH haben automatisch gereinigte Feinstaubabscheider in einem Feldversuch über 30000 Stunden getestet und weiterentwickelt. Betreiber von Hackschnitzelheizungen und anderen Biomasseanlagen können damit die Emissionsanforderungen der 1. BImSchV bei Einsatz zuverlässig einhalten, teilt die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) mit. Bei einer Abgastemperatur bis 200°C und einer Konzentration der Partikelmassen von bis zu 100 mg/m³ lag der Abscheidegrad bei ca. 77%. Das Betriebsverhalten im Voll- und Teillastbetrieb war stabil, die Filter sind praxistauglich, so die FNR. Die Staubabscheider verursachen bei Heizkesseln von 100 bis 200 kW Leistung zusätzliche Investitionskosten von ca. 10 bis 20%.


Optimierte Verbrennung


Parallel dazu arbeiten die Hersteller auch permanent an „primären“ Lösungen. Gemeint sind Maßnahmen innerhalb des Kessels, z.B. eine besondere Luftführung, eine neue Brennraumgeometrie oder neue Rostformen.


Mit der Vorwärmung der Verbrennungsluft, einer optimierten Zufuhr und Verteilung von Primär- und Sekundärluft am Verbrennungsrost und im Brennraum sowie einem neu entwickelten Regelungskonzept ist es möglich, die Emissionen von Hackschnitzelheizungen wesentlich zu vermindern. Das zeigen die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Entwicklung effizienter Primärmaßnahmen zur Emissionsminderung von Holzhackschnitzelfeuerungen“ (Effiprima).


Projektpartner waren das Fraunhofer Institut „Umsicht“, der Lehrstuhl für Energieanlagen und Energieprozess-technik an der Ruhr-Universität Bochum und die Firma Polzenith.


Die neuartige Regelung und die verbesserte Verbrennungsluftführung erlauben es, auch Biobrennstoffe mit Qualitätsschwankungen mit hoher Effizienz und geringen Emissionen zu nutzen. Für Bestandsanlagen haben die Partner ein Nachrüstkonzept entwickelt, um die Primärmaßnahmen und Regelungskonzepte auch für bestehende Anlagen anbieten zu können.


Zu wenig bekannte Lösungen


„Trotz der positiven Ergebnisse erlebt die Holzheizbranche derzeit schwere Zeiten. Es gibt gerade wegen der Feinstaubdiskussion viel Kritik in der Gesellschaft“, beklagt Dr. Hans Hartmann, Leiter des Sachgebiets Biogene Festbrennstoffe am Technologie- und Förderzentrum (TFZ) in Straubing. Daher sei es bedauerlich, dass die vorhandenen technischen Lösungen für eine schadstoffarme Holznutzung in der Öffentlichkeit fast vollständig ignoriert werden. Die Branche müsse jetzt daran arbeiten, dass die Verfahren bekannter werden, damit Gesellschaft und Politik ihre Markteinführung einfordern und gezielt fördern können.


hinrich.neumann@topagrar.com

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