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Bayern: Mehr Geld für Strohschweine

Lesezeit: 5 Minuten

Eine Interessensgemeinschaft von Landwirten und Metzgern in Bayern baut Absatzwege für Strohschweine auf, die diese Haltung angemessen vergüten soll.


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Wir haben jetzt zum ersten Mal die Chance, dass wir eine besondere Vergütung für unsere Strohschweine bekommen“, freut sich Georg Messingschlager aus Wölm in der Fränkischen Schweiz.


Der Schweinehalter ist vor Kurzem der „Initiative (IG) Bayerisches Strohschwein e.V.“ beigetreten. Darin haben sich bislang 25 Landwirte und fünf Metzger aus Bayern mit dem Ziel zusammengeschlossen, diese Haltungsform durch den Aufbau regionaler Vermarktungswege zu fördern.


Bisher vermarktet Messingschlager etwa die Hälfte seiner Tiere lebend an einen Metzger im Nachbarort, der ihm für seine Tiere einen Treuebonus von 5 ct/kg Lebendgewicht (LG) gewährt. Die restlichen Schweine verkauft der Mäster über die EG Franken-Schwaben an den Schlachthof in Hof.


Zuschlag von 24 ct/kg SG:

Er überlegt jetzt, einen Teil seiner Tiere über die IG Strohschwein zu verkaufen, weil dort ein Zuschlag von 20 ct/kg LG bzw. 24 ct/kg Schlachtgewicht (SG) winkt. „Wir brauchen noch mehr Tiere“, bestätigt Landwirt Ludwig Lang, der selbst Strohschweine hält und als Vorsitzender der IG kontinuierlich weitere Erzeuger und Abnehmer sucht. Messingschlager könnte z.B. an die Fürther Metzgerei Fäßler verkaufen, die Siemens-Kantinen in Nordbayern mit Fleisch- und Wurstwaren von Strohschweinen beliefert (siehe Kasten „Siemens sucht Strohschweine“).


Bisher nehmen ausschließlich Metzgereien die Strohschweine ab, die sich so beim Verkauf an Endkunden, Gaststätten und Kantinen abheben wollen.


So auch Metzger Rüdiger Strobel aus Selbitz im Landkreis Hof, der schon seit drei Jahren komplett auf Strohschweine umgestellt hat. Er schlachtet und verarbeitet zurzeit 30 Schweine pro Woche und ist wie Landwirt Lang Vorsitzender der IG Strohschwein.


Grund der Umstellung war für ihn nicht allein das Tierwohl, mit dem er wirbt, sondern auch die Fleischqualität. „Weil Strohschweine mehr Rohfaser aufnehmen und sich mehr bewegen, haben sie eine andere Muskelstruktur“, erläutert Strobel. „Die Tiere haben mehr intramuskuläres Fett und ein besseres Wasserbindungsvermögen.“


Laut Strobel sind die Kunden bereit, höhere Preise für seine Produkte zu bezahlen. Das treffe auch auf eine Einrichtung der Diakonie zu, für die er das Fleisch für 1000 Essen pro Tag liefert.


Mindestens 1,40 €/kg LG:

Der Metzger gewährt seinen Lieferanten grundsätzlich einen Bonus von 20 ct/kg LG auf die aktuelle Lebendnotierung. Zudem zahlt er auch dann einen Mindestbasispreis von 1,20 €/LG, wenn die Notierung darunterfällt. Einschließlich des Stroh-Zuschlags ergibt das einen Mindestpreis von 1,40 €/kg LG. Hinzu kommt, dass Strobel keine Abzüge für sehr leichte oder sehr schwere Schweine vornimmt.


Im Gegenzug müssen seine Lieferanten folgende Vorgaben der IG Strohschwein erfüllen:


  • Die Tiere stehen ausschließlich auf eingestreutem Boden. Spaltenboden ist nicht erlaubt.
  • Die Strohmatratze sollte mindestens5 cm dick sein oder es müssen mindestens 500 g Stroh pro Tier und Tag eingestreut werden.
  • Die Fläche pro Tier muss 20% über den gesetzlichen Vorgaben liegen.
  • Die Werte des Salmonellen-Monitorings dürfen nicht über Stufe 2 steigen.
  • Das Antibiotika-Monitoring muss unterdurchschnittliche Werte bringen.
  • Die Fütterung muss mehrphasig sein.


Wie Strobel fordern die meisten Abnehmer, dass die Landwirte die Einhaltung dieser Kriterien durch eine unabhängige Prüfstelle nachweisen können. Die entsprechende Zertifizierung führt die Gesellschaft für Qualitätssicherung in der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft mbH (QAL GmbH) durch. Zudem verpflichten sich die Mäster, einen Einblick in ihre Tierhaltung zu gewähren, wenn ihre Abnehmer Besichtigungstouren für Kunden organisieren.


Boni für Auslauf und GVO-frei:

Das Preismodell der IG Strohschwein sieht zusätzliche Boni vor, wenn weitere Kriterien erfüllt sind:


  • Für GVO-freie Fütterung gibt es einen separaten Zuschlag von 8 ct/kg LG bzw. 10 ct/kg SG. Die Metzgerei Strobel und die Siemens Kantinen planen, diese Vorgabe im nächsten Jahr für ihre Lieferanten zu ergänzen und den Zuschlag entsprechend zu erhöhen.
  • Mastbetriebe, die einen eingestreuten Auslauf mit mindestens 0,5 m2 pro Tier haben, erhalten zusätzlich 13 ct/kg LG bzw. 16 ct/kg SG.
  • Mittelfristig soll es auch Extraboni geben, wenn die Muttersauen und die Ferkel auf Stroh gehalten werden. Hier sind 20 ct/kg LG bzw. 24 ct/kg SG geplant.


Die Zuschläge hören sich hoch an. Aber der Aufwand für die Betriebe ist nicht zu unterschätzen. Denn allein das Einstreuen und Entmisten verursacht ihnen zusätzliche Arbeit von 1 bis 1,5 Stunden pro Mastplatz und Jahr. Dabei ist der Aufwand für das Bergen und Lagern des Strohs noch nicht berücksichtigt.


Die Leistungen der Strohschweine liegen etwa auf dem Niveau wie bei Haltung auf Spaltenboden. Die Zunahmen sind nach den bisherigen Erfahrungen geringfügig niedriger. Dafür seien sie weniger anfällig für Erkrankungen, sodass weniger Verluste auftreten.


Auch die Kosten für die Vermarktungsförderung durch die IG Strohschwein halten sich in Grenzen. Die Mitgliedsbetriebe zahlen einen Jahresbeitrag von 36 € sowie eine Vermarktungsabgabe von 20 ct pro verkauftem Schwein an den Verein.


In die Strohhaltung investieren?

Für Mäster, die ihre Schweine bereits auf Stroh halten, ist dieser Absatzweg somit eine interessante Alternative. Inwieweit sich Investitionen in diese Haltung lohnen, hängt vom Einzelfall ab und sollte genau geprüft werden. Hinzu kommt, dass erst der Absatz gesichert sein muss. Die Stückzahlen sind mit 100 Schweinen pro Woche noch überschaubar.


IG-Vorsitzender Ludwig Lang ist aber überzeugt, dass die Mengen schnell steigen werden. „Wir sind derzeit mit etlichen Großabnehmern im Gespräch, die ernsthaftes Interesse an unseren Strohschweinen zeigen. Darunter sind auch die Kantinenchefs von mehreren Industriekonzernen.“Klaus Dorsch

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