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Betriebswachstum – nicht ohne mein Team

Lesezeit: 4 Minuten

Der Betrieb von Familie Lutze ist im Umbruch. Umso wichtiger sind verlässliche Mitarbeiter, die mitziehen. Mit Anas und Sheab Khalaf haben sie gleich zwei aus dem Irak unter Vertrag.


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O bwohl der 16-jährige Anas und sein 19-jähriger Cousin Sheab in ihrer Heimat nichts mit der Landwirtschaft zu tun hatten, starten die beiden Iraker jetzt mit den 300 Kühen von Familie Lutze in Hohenweststedt voll durch. Im Sommer 2017 stand der 16- jährige Anas bei Lutzes vor der Tür und fragte nach Arbeit. Davon gibt es auf Lutzes Betrieb genug. Seitdem sie im Sommer 2016 einen zweiten Betrieb im Nachbardorf gepachtet haben, ist Familie Lutze am Bauen und Renovieren. „Motivierte Leute können wir gebrauchen“, findet Frederik Lutze (25) und vereinbart mit Anas eine Probezeit.


Das funktionierte ohne jeglichen Behördengang, denn der Asylantrag von Anas und seiner Familie wurde bereits bestätigt. Sie sind Jesiden, die im Irak vom Islamischen Staat und von den Arabern verfolgt werden. In Deutschland stehen sie unter Schutz, haben ein Bleiberecht und dürfen uneingeschränkt arbeiten.


Frederik Lutze stellt Anas auf 450 €-Basis an. Da er erst 16 Jahre alt ist und noch zur Schule geht, darf Anas schließlich nur begrenzt arbeiten. Anas lernt in kurzer Zeit alle Tätigkeiten auf dem Betrieb kennen. Auf der Baustelle ist viel zu tun und auch im Stall findet sich Anas schnell zurecht.


Melken mit YouTube:

Schon bald melkt Anas auch alleine. Obwohl er zu Hause keine Kühe betreut hat, weiß er schon viel über den Melkablauf. „Ich hab’s mir vorher bei YouTube angesehen“, erklärt er. Lutze ist so zufrieden mit Anas, dass er gleich im nächsten Monat auch noch Anas Cousin Sheab einstellt. Da Sheab nicht mehr zur Schule geht, kann Lutze ihn als Vollzeitarbeitskraft beschäftigen. Die Anmeldung seiner beiden Mitarbeiter gelang Lutze problemlos. Er musste die gleichen Papiere vorlegen, wie bei seinen deutschen Mitarbeitern auch: die Steuer-ID und die Mitgliedsbescheinigung der Krankenversicherung. Anas und Sheab hatten diese Papiere damals nach der Prüfung ihres Asylantrages zusammen mit ihrem Identitätsdokument von der Behörde bekommen.


Lutze hat lange nach guten Mitarbeitern gesucht. Berührungsängste mit anderen Kulturen hat er nicht. Er hat schon mit polnischen, rumänischen und holländischen Mitarbeitern gearbeitet. Sprachbarriere Fehlanzeige: „Außer Englisch kriegen wir alles hin“, lacht er. Anas spricht mittlerweile aber sowieso schon fließend Deutsch, für Sheab ist es schwieriger. Deswegen hat Lutze die Stalltafel entstaubt. Auf der zeichnet er Gegenstände auf und nennt sie auf Deutsch. Sheab übersetzt im Gegenzug auf Arabisch. „Kostenlose Sprachschule“, freut sich Lutze über die eigene Horizonterweiterung.


Kulturelle Konflikte zwischen ihm und den beiden Irakern gab es noch nicht. Ihre Religion schränkt Anas und Sheab nicht in ihrem Alltag ein. „Die Stellung der Frau ist hier aber anders“, hat Anas festgestellt. In seiner Heimat durften seine Schwestern nicht zur Schule gehen.


Die Einstellung macht’s.

Für Lutze ist die Grundeinstellung das wichtigste. „Sheab und Anas sind motiviert, pflichtbewusst und 100% verlässlich. Bei unserer Betriebsstruktur brauchen wir genau solche Mitarbeiter“, sagt Lutze. Anas und Sheab wollen auch in Zukunft auf dem Betrieb bleiben. Das weiß Lutze zu schätzen.


Anas wird nach dem Hauptschulabschluss gleich die Realschule anschließen und dann wahrscheinlich eine landwirtschaftliche Ausbildung starten. Sheab wird weiterhin als Vollzeitkraft auf dem Betrieb bleiben und bald in das Herdenmanagement einsteigen.


Sheab unterstützt mit seinem Geld seine Eltern im Irak. Wegen der ungekläten Nachzugregelung können sie momentan nicht nach Deutschland kommen. „Es wäre schön, wenn der Nachzug erlaubt wäre, wenn z.B. schon Wohnung und Arbeitsplatz gegeben sind – Sheabs Eltern würde ich auch einstellen“, schlägt Lutze vor. Die Angst vieler Bürger vor einem zu großen Einzug anderer Kulturen teilt er nicht. Im Gegenteil: „Es ist doch schön seinen Horizont zu erweitern und meiner Meinung nach Grundvoraussetzung für einen Betriebsleiter, Neuem offen und neugierig gegenüber zu stehen“, sagt er.


Kontakt: maria.meinert@topagrar.com

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