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Nachhaltigkeitsmodul Milch:Profitiert die Praxis?

Lesezeit: 4 Minuten

Seit einem Jahr testen Milchbauern von 34 Molkereien das „Nachhaltigkeitsmodul Milch“. Das ist ein freiwilliger Fragenkatalog des Thünen-Instituts zur Nachhaltigkeit im Betrieb. Über den Nutzen sind sich die Praktiker allerdings uneins.


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Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft und speziell in der Milcherzeugung ist keine Erfindung des LEH und der Molkereien. Dieses Prinzip wird in unserer Branche seit Jahrhunderten gelebt.


In den bisherigen Auslobungen von LEH und Molkereien werden in der Regel aber nur die Themen Ökologie und Tierwohl betrachtet. In der Befragung des Thünen-Instituts werden dagegen auch der Ökonomie und sozialen Aspekten Platz eingeräumt.


Dies war für mich – nach anfänglicher Skepsis – auch der Grund, die Mitglieder unserer Liefergenossenschaft von der Teilnahme zu überzeugen. Gerade bei diesen Themen gibt es erhebliche Defizite auf den Höfen (Rentabilität, angemessene Vergütung, Lebensqualität), aber auch wichtige Stärken (z.B. gesellschaftliches Engagement). Man kann die Milcherzeuger mit einer ehrlichen Betrachtungsweise vom Nut-zen der Befragung überzeugen. Mit guter Überzeugungsarbeit und einer Honorierung des zeitlichen Aufwands für das Ausfüllen des Fragebogens wird ein Großteil zur Teilnahme animiert.


Der Aufwand für das Ausfüllen des Fragebogens mit seinen 39 Fragen ist überschaubar (etwa zwei Stunden). Und Freiwilligkeit geht vor, durch die Teilnahme geht man keine Verpflichtung ein.


Das Streben nach Kostenführerschaft und nach Marktanteilen bei Standardprodukten auf dem Weltmarkt ist der größte Feind der Nachhaltigkeit. Sie muss ehrlich und ganzheitlich betrachtet werden.


Fragen wie der Futtermitteleinsatz aus Südamerika, der dazu führt, dass Milchüberschüsse wieder zu Spottpreisen in Asien vermarktet werden müssen, gehören auf den Prüfstand. Ansonsten wird das Thema Nachhaltigkeit zum Kassenschlager des LEH reduziert. Durch die Nähe des Thünen-Instituts zur Politik habe ich die Hoffnung, dass ein Umdenken erfolgt.


Die Molkereien können sich durch das Modul einen Überblick über den Status quo der Milcherzeugung ihrer Lieferanten verschaffen und ihre Strategien danach ausrichten.


Aus meiner Sicht ist das Nachhaltigkeitsmodul Milch in der aktuell vorliegenden Form zu aufgebläht und ohne regionalen Bezug.


Der Fragenkatalog enthält viele überflüssige Fragen, die bereits nach geltendem Fachrecht klar geregelt und daher einzuhalten sind. Vieles davon ist bereits in anderen Systemen dokumentiert.


Beispielsweise ist die Abfrage der Länge und Breite von Landschaftselementen, wie etwa Feldrainen, wenig zielführend, weil der regionale Bezug fehlt. Besonders kritisch bewerte ich Fragen zur Betriebswirtschaft, etwa zur Entlohnung der eingesetzten Arbeitskräfte. Auch solche, die auf den privaten Bereich der Landwirtschaftsfamilie abzielen, sind aus meiner Sicht nicht akzeptabel.


Ich habe schon vor der aktuell laufenden Pilotphase versucht, den Fragenkatalog gemeinsam mit Berufskollegen auf ein vernünftiges Maß abzuspecken. Leider waren die Projektträger damals nicht bereit, auch nur geringfügige Änderungen daran vorzunehmen. In der aktuell vorliegenden Fassung wird dieser bürokratische Wahnsinn aber dazu beitragen, uns Landwirte in zunehmendem Maße zu demotivieren.


Und das Nachhaltigkeitsmodul Milch ist leider auch nicht das einzige System, das derzeit als sogenannte „Managementhilfe“ entwickelt wird: Vom DLQ kommt der Q-Check, vom KTBL Eiko TiGer und unsere Landestierschutzbeauftragte in Baden-Württemberg bringt das Q-Wohl BW voran. Wohin soll das führen? Wir Landwirte sollten uns doch eigentlich um unsere Tiere kümmern und die Flächen ordentlich bewirtschaften.


Durch mein jahrelanges Ehrenamt in einer Molkerei weiß ich, dass neue Systeme die Verhandlungsposition gegenüber den Marktpartnern nur kurzzeitig verbessern. Das meiste wird schnell zum selbstverständlichen Standard und – vergleichbar mit einer Spirale – gibt es bald neue Vorgaben obendrauf. Aus meiner Sicht würde es daher vollkommen genügen, das Thema Nachhaltigkeit als kurzen, knappen Anhang bei QM-Milch abzuhandeln.


Eckhard Schmieder, Milchviehhalter aus Fischerbach


Thomas Bertl aus Wildsteig führt einen der Pilotbetriebe.

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