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Neue Düngeverordnung trifft die Tierhalter hart

Lesezeit: 8 Minuten

Der von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt vorgelegte Entwurf für die neue Düngeverordnung verschärft die bisher geltenden Regeln zum Teil deutlich. Betroffen sind vor allem Tierhalter und Biogasanlagen-Betreiber.


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Seit Jahren ringen Bund und Länder um eine neue Düngeverordnung. Die EU-Kommission sitzt Deutschland diesbezüglich seit Langem im Nacken, weil sie die gegenwärtige Fassung für nicht wirksam genug hält (siehe Kasten auf Seite 29). Kurz vor Weihnachten hat sich der feder-füh­rend zuständige Bundeslandwirt-schaftsminister Christian Schmidt (CSU) mit Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) auf einen Entwurf verständigt. Dieser enthält erhebliche Verschärfungen, die so vorher nicht diskutiert wurden. Nachfolgend die wichtigsten Eckpunkte:


1. Flexible Düngung.

Künftig muss jeder Betrieb den Düngebedarf schlag­bezogen für N und P ermitteln und dokumentieren. Dafür soll es bundesein­heitliche N-Bedarfswerte für die wesentlichen Ackerkulturen und für das Grünland geben. Für die jeweiligen Standortbedingungen sind bundeseinheitliche Zu- oder Abschläge vorgesehen. Einzelne Schläge können wie bisher zu Bewirtschaftungseinheiten zusammengefasst werden.


Pauschale Düngungsobergrenzen wie in den Niederlanden oder Dänemark sind nicht vorgesehen. Nach Ansicht der Experten sind die Standortver­hältnisse bei uns dafür viel zu unterschiedlich. Pauschale Obergrenzen wären entweder zu hoch oder zu niedrig und würden die Pflanzen nicht optimal versorgen.


2. Verfeinerte Bilanzierung.

Bilanziert wird weiterhin nach der „Feld-Stall-Bilanz“. Die von Wissenschaftlern vehement geforderte „Hoftorbilanz“ will der Bund erst zu einem späteren Zeitpunkt einführen, wenn dafür die Grundlagen im Düngegesetz geschaffen wurden. Allerdings soll die Nährstoffabfuhr über das Grundfutter exakter als bisher ermittelt werden. Über einen „Grundfutterfaktor“ wird die Nährstoffabfuhr durch das Grundfutter mithilfe der betriebseigenen Tierbestände errechnet und so überprüft. Damit soll verhindert werden, dass mancher Betriebsleiter zu hohe Nährstoffabfuhren angibt. Zu- und Verkäufe von Grundfutter müssen gesondert erfasst und dokumentiert werden.


3. Strengere Abstandsregeln.

Die bisherigen Abstandsregeln zu Gewässern werden erweitert. Grundsätzlich darf nur bis zu einem Abstand von 4 m zur Böschungskante gedüngt werden. Dieser Schutzstreifen verringert sich auf 1 m, wenn die Streubreite der Arbeitsbreite entspricht oder die Geräte über eine Grenzstreueinrichtung verfügen. Bei stark hängigen Flächen mit mehr als 10 % Gefälle beträgt der Mindestabstand 5 m. Zwischen 5 und 20 m darf auf unbestellten Flächen nur dann Gülle ausgebracht werden, wenn diese sofort eingearbeitet wird und auf bestellten Flächen nur dann, wenn diese mit Mulch- oder Direktsaatverfahren bestellt worden sind oder eine ausreichende Pflanzendecke haben.


Bei gefrorenen oder mit Schnee bedeckten Böden ist die Ausbringung verboten, um das Abschwemmen zu vermeiden. Wenn der Boden allerdings tagsüber oberflächig auftaut und Nährstoffe aufnehmen kann, ist eine Ausbringung auch bei gefrorenem Boden unter bestimmten Voraussetzungen möglich (kein Abschwemmen, Pflanzendecke, Gefahr von Strukturschäden, max. 60 kg N/ha).


4. Längere Sperrfristen.

Auf Ackerland soll die Sperrfrist für die Ausbringung flüssiger organischer Dünger unmittelbar nach der Ernte der Hauptkultur beginnen. Sie gilt künftig aber für alle Stickstoffdünger. Ausnahmen soll es nur für Raps, Wintergerste (nach ­Getreide), Feldfutter und Zwischenfrüchte geben, die im Herbst noch in nennenswertem Umfang Nährstoffe aufnehmen. Hier soll die Sperrfrist am 1. 10. (bisher 1. 11.) beginnen. Bis dahin darf eine „Startgabe“ bis max. 30 kg Ammonium-N/ha aus Mineraldünger, Gülle oder Gärresten gegeben werden, höchstens jedoch 60 kg Gesamt-N. ­Damit ist künftig eine Gülledüngung zur Strohrotte ohne nachfolgenden Zwischenfruchtanbau nicht mehr erlaubt. Für Gemüse ist die Sperrfrist kürzer. Sie beginnt erst am 1. 12.


Grünland und mehrjähriges Feld­futter dürfen ab dem 1. 11. (bislang 15. 11.) nicht mehr begüllt werden. Die Sperre endet – wie beim Ackerland – am 31. 1.


Neu ist die Sperrfrist für Festmist, feste Gärreste und Komposte. Diese Dünger dürfen in Zukunft vom 15. 11. bis zum 31. 1. weder auf Acker- noch auf Grünland ausgebracht werden.


5. Größere Lagerkapazitäten.

Die bisher vorgeschriebenen Mindestlagerkapazitäten von 6 Monaten für Gülle, flüssige Gärreste, Jauche und Sickersäfte gelten weiter. Betriebe mit mehr als 3 GV/ha oder ohne eigene Ausbringungsflächen müssen ab 2020 aber Lagerkapazitäten für mindestens 9 Monate nachweisen. Neu ist, dass auch für Festmist, Kompost oder feste Gärrückstände ab 2018 eine Mindestlagerkapazität von 4 Monaten gelten soll.


Sofern die Betriebe nicht über eigene Kapazitäten verfügen, müssen sie durch schriftliche vertragliche Vereinbarungen nachweisen, dass übersteigende Mengen überbetrieblich gelagert oder verwertet werden.


6. Verlustarme Ausbringung.

Gülle und Gärreste sollen auf bewachsenen Flächen nur noch mit Schleppschläuchen bzw. mit Schlitz- oder Injektionstechnik ausgebracht werden dürfen. Dafür wird es aber Übergangsfristen geben. Auf Ackerland gilt die Vorgabe ab 2020, auf Grünland ab 2025. Ausnahmen soll es für hängige Flächen geben, weil der Einsatz von Schleppschläuchen dort technisch an Grenzen stößt. Klar ist: Prallteller wären dann nur noch auf unbestellten Flächen zulässig. Dort muss die Gülle aber unverzüglich eingearbeitet werden. Das heißt: sofort, spätestens innerhalb von 4 Stunden nach der Ausbringung! Das ist aber nicht neu: Die meisten Bundesländer legen die Düngeverordnung schon heute so aus.


7. Einbeziehung der Gärreste.

Die Obergrenze für die Ausbringung von Gülle und Mist bleibt bei 170 kg N/ha, bezogen auf den Durchschnitt des Betriebes. Neu ist, dass künftig alle organischen und organisch-mineralischen Düngemittel, also auch die Gärreste pflanzlicher Herkunft aus Biogas-anlagen sowie Komposte und Klärschlämme, einzurechnen sind. Bisher musste nur (soweit vorhanden) der Stickstoffanteil tierischer Herkunft im Gärrest auf die 170 kg N-Grenze angerechnet werden.


8. Neue Derogationsregelung.

Sobald die neue Düngeverordnung steht, will die Bundesregierung in Brüssel wieder eine sog. Derogationsregelung für Grünland beantragen, wenn die Bundesländer dies wünschen. Wenn die Kommission zustimmt, dürften dann mehr als 170 kg N/ha ausgebracht werden. Eine solche Regelung gab es in Deutschland bereits von 2006 bis Ende 2013. Rund 1 500 Grünlandbetriebe, überwiegend aus Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, haben davon profitiert und konnten bis zu 230 kg N/ha düngen. Ökologisch ist die Regelung auch aus Sicht der EU-Kommission unbedenklich, weil der höheren Düngung entsprechend höhere Entzüge entgegenstehen.


Nach dem Entwurf der Düngeverordnung sollen in Zukunft auch Biogasbetriebe eine vergleichbare Ausnahmeregelung nutzen können, sofern ein entsprechend hoher Nährstoffbedarf (z.B. über den Energiepflanzenanbau) vorhanden ist. Wenn Brüssel das genehmigt, dürften auch Biogasbetriebe auf bestimmten Flächen mehr als 170 kg N/ha aus Gärresten ausbringen.


9. Verringerte P-Überschüsse.

In Deutschland liegen etwa 35 % der Ackerflächen und 20 % des Grünlands bei Phosphat in den Stufen D und E. Auf Flächen der Versorgungsstufe E soll ab 2018 nur noch eine P-Düngung bis zu 75 % des Entzugs und ab 2020 sogar nur bis zu 50 % der Nährstoffabfuhr erlaubt sein. Bei Böden in der Versorgungsstufe D darf in Höhe des Entzugs gedüngt werden. Bislang waren in den Versorgungsstufen D und E Überschüsse von max. 20 kg Phosphat/ha erlaubt.


10. Strengere N-Salden.

Der maximal zulässige N-Überschuss beim Nährstoffvergleich von 60 kg N/ha bleibt zu-nächst bestehen. Ab 2018 verringert er sich dann auf 50 kg N/ha. Hinzu kommt, dass die Mindestwerte für die Berechnung des Gesamtstickstoffs im Wirtschaftsdünger zum Teil verschärft werden. Das gilt für die Mindestanrechnung nach Abzug der Stall-, Lagerungs- und Ausbringungsverluste.


Hier bleibt es bei Rindergülle bei 70 %. Bei der Schweinegülle soll der Wert von 60 auf 70 % angehoben werden. Bei Gärresten sollen 90 % angerechnet werden. Auch die N-Ausscheidungen auf der Weide sollen strenger bilanziert werden. Die Weidehaltung wird dem Festmist gleichgestellt. Bei Rindern soll somit künftig ein anteiliger Wert von 60 %, bei Schafen und Pferden von 50 % der Nährstoffausscheidungen angesetzt werden. Bisher gelten für alle Tierarten 25 %.


11. Pflicht zur Beratung.

Wer die zulässigen N- und P-Salden überschreitet, muss sich künftig beraten lassen. Kommt der Landwirt dieser Pflicht nicht nach, kann er mit einem Bußgeld belegt werden. Überschreitet er im Folgejahr die zulässigen Salden erneut, muss er sich die Düngebedarfsplanung von der zuständigen Behörde genehmigen lassen.


12. Länderöffnungsklauseln.

Der Ent-wurf sieht drei wichtige neue Abweichungsbefugnisse für die Bundesländer vor:


  • Sie dürfen den Beginn der Sperrfristen um bis zu vier Wochen verschieben, ohne dabei die Sperrfrist zu verkürzen.
  • Sie können die Vorgaben für die P-Düngung auf Böden der Versorgungsstufen D und E noch weiter einschränken oder sogar ganz verbieten, wenn sie „schädliche Auswirkungen auf Gewässer“ feststellen.
  • In nitratbelasteten Gebieten (mit mehr als 40 mg/l Nitrat im Grundwasser und steigender Tendenz bzw. oberhalb des Grenzwerts von 50 mg/l) dürfen die Länder einige Vorgaben verschärfen, z. B. die Sperrfristen im Gemüsebau um 4 Wochen verlängern oder die Mindestlagerkapazitäten für Gülle und Gärreste auf 7 Monate erhöhen. Die Umsetzung dieser Öffnungsklausel ist für die Länder aber nicht so einfach, da die strengeren Regeln nur Betriebe treffen dürfen, die im dreijährigen Durchschnitt N-Überschüsse von mehr als 35 kg/ha hatten.


Dr. Ludger Schulze Pals

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