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Pachten Sie nicht um jeden Preis!

Lesezeit: 9 Minuten

Die Pachten steigen und steigen. Doch wie viel Pacht benötigen Verpächter, um ihre Kosten zu decken? Und wie viel Pacht ist für den Pächter überhaupt vertretbar? Wir haben nachgerechnet.


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D ie Zahlen sprechen für sich: Im Schnitt müssen deutsche Landwirte sechs von zehn Hektar pachten, nur vier Hektar gehören ihnen selbst. Im Osten ist der Pachtanteil sogar noch höher (67,5%). Und im Jahr 2016 zahlten die Betriebe etwa 2,8 Mrd. € Pacht an ihre Verpächter. Das ist doppelt so viel wie 1992.


Das Thema Pachtpreise ist ein heißes Eisen – auch deshalb, weil unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen: Der Verpächter möchte für sein Land eine hohe Pacht erhalten, der Pächter wenig ausgeben. Doch wie berechtigt sind die Forderungen? Was muss oder kann ein Verpächter verlangen? Was kann und muss ein Pächter ausgeben?


Viel Spekulation:

Die meisten Verpächter haben ihre Flächen:


  • geerbt,
  • mit Eigenkapital oder
  • mit einem Kredit finanziert.


Der Erbe: Anders als bei einer Fremdfinanzierung fallen durch die Flächen bei ihm keine hohen Ausgaben an. Er muss lediglich seine Festkosten wie Grundsteuer, Kammerumlage und eventuell Beiträge für den Wasser- und Bodenverband abdecken. Daher erzielt der Erbe bereits bei moderaten Pachten einen Liquiditätsüberschuss (Übersicht 1 unten).


Der Käufer mit Eigenmitteln: Der Besitzer einer mit Eigenmitteln bezahlten Fläche betrachtet seine Investition als Kapitalanlage. Die meisten gehen davon aus, dass sich der Kauf nach 30 Jahren amortisiert und eine angemessene Verzinsung des Kapitals abwirft. Ihre Erwartungen an die Rendite bemessen sie dabei an der Verzinsung alternativer Anlageformen wie beispielsweise Aktien oder Anleihen.


Da diese Käufer keine Kredite abzahlen müssen, erzielen sie je nach Pachtniveau den gleichen Gewinn und Liquiditätsüberschuss wie ein Erbe (Übersicht 2, Seite 46). Allerdings hat der Erbe die Fläche kostenlos erhalten, während die Investoren in diesem Fall tief in die Tasche greifen mussten.


Bei einem Kaufpreis von 11000 €/ha lässt sich dieser mit der Pacht noch refinanzieren – inklusive einer Verzinsung von 4% des Eigenkapitals. Bei höheren Preisen decken die Gewinne in der Regel über 30 Jahre nur einen Teil des Kaufpreises ab. Um den Fehlbetrag auszugleichen, müssen die Eigentümer ihre Flächen daher länger verpachten oder mit einer Wertsteigerung verkaufen.


Zwei Beispiele verdeutlichen das. Bei einem Kaufpreis von 33000 €/ha aus Eigenmitteln und einer durchschnittlichen Jahrespacht von 555 €/ha in den kommenden 30 Jahren, müsste der Wert der Fläche um 54% innerhalb der drei Jahrzehnte steigen, um eine Rendite von 4% auf das eingesetzte Kapital zu generieren (Übersicht 2). Würde der gleiche Landwirt eine Fläche für 88000 €/ha kaufen und sogar eine mittlere Pacht von 1666 €/ha/Jahr erzielen, müsste der Wert trotzdem um rund 46% steigen.


Der Fremdfinanzierer: Der größte Zwang lastet auf dem Verpächter einer fremdfinanzierten Fläche. Er muss zusätzlich Zinsen und Tilgung zahlen. Selbst bei einem hohen Pachtniveau entsteht daher eine negative Liquidität (Übersicht 2, Seite 46). Aus eigener Kraft trägt sich der Kauf nicht. Stattdessen müsste der Wert der Flächen sogar noch deutlicher steigen als bei einem Kauf mit Eigenmitteln.


Nur die Pacht zählt.

Ob die Preise steigen, lässt sich hingegen nicht vorhersagen. Für eine verlässliche Kalkulation eines tragbaren Kaufpreises bleiben „lediglich“ die Pachteinnahmen. Leitet man von diesen den Preis ab (ohne Wertsteigerung), sieht die Rechnung so aus: Selbst bei einem durchschnittlichen Pachtniveau innerhalb der 30 Jahre von 1666 €/ha hätten sowohl die 33000 € teure als auch die 88000 € teure Fläche nicht mehr als 27762 € kosten dürfen (inkl. Nebenkosten, Übersicht 2, Seite 46).


Pachten zu hoch:

Um herauszufinden, wie viel Pacht überhaupt ein Betrieb leisten kann, haben wir zwei Beispielbetriebe konstruiert, wie sie in der Praxis häufig vorkommen.


  • Betrieb Jan Harms (Namen frei erfunden): Er bewirtschaftet 80 ha. 60 ha gehören ihm, 20 ha hat er von Nachbarn gepachtet. Harms muss nach und nach seine alten Pachtverträge mit Laufzeiten zwischen drei und fünf Jahren durch neue, teurere ersetzen. Derzeit (2018) zahlt er durchschnittlich 713 €/ha, auf alle Flächen im Betrieb (Eigentum plus Pacht) umgerechnet sind das 178 €/ha. Weil aber die Pachten steigen, muss Harms in ein paar Jahren bereits 925 €/ha für die Flächen seiner Nachbarn einkalkulieren. Verteilt man die Pacht gleichmäßig auf alle Flächen, sind es 231 €/ha.17


  • Betrieb Sepp Meier: Er besitzt ebenfalls 80 ha. Der Eigenanteil liegt bei 20 ha, der Pachtanteil bei 60 ha. Auch seine Verträge laufen aus und er muss in den kommenden Jahren neue, teurere abschließen. Derzeit zahlt er im Schnitt für die Pachtflächen 683 €/ha, im Jahr 2022 sind es voraussichtlich 903 € pro ha. Im Schnitt lastet somit auf jedem Hektar (Pacht plus Eigentum) aktuell eine Pacht von 512 €. In vier Jahren sind es 678 €/ha. Meier zahlt dann für die gleiche Produktionsgrundlage (80 ha) pro Jahr 35700 € mehr als Betrieb Harms.18


Die Grundrente entscheidet.

Um herauszufinden, wie viel Pacht diese Betriebe überhaupt zahlen können, haben wir die Grundrente verschiedener Kulturen herangezogen. Das ist der Betrag, den ein Landwirt maximal für den Produktionsfaktor Boden zahlen kann, um auf der Fläche eine schwarze Null zu schreiben. Die Grundrente leitet sich dabei aus den Erlösen der jeweiligen Fläche ab, von denen die variablen und festen Kosten für den Anbau der Kulturen abgezogen werden.


Der Vergleich in der Übersicht 3 (Seite 47) zeigt, dass die Schmerzgrenze beim Winterweizen bei 402 €/ha Pacht erreicht wird (inklusive Prämien). Bei Sommergerste (123 €/ha) und Silomais (517 €/ha). Je nach Kultur zahlt sogar Harms bei moderaten Pachtpreisen bereits zu viel. Meier erzielt mit Standardkulturen wie Weizen, Sommergerste und Silomais gar keine Gewinne. Anders sähe die Situation aus, wenn Meier und Harms höhere Erträge und bessere Preise hätten oder intensivere Kulturen wie Kartoffeln oder Möhren anbauen würden. Sie liefern eine deutlich höhere Grundrente, sind aber durch den höheren Kapitalaufwand auch mit deutlich mehr Risiken verbunden.


Je nach Kultur und Fruchtfolge sind somit sowohl Meier als auch teilweise Harms auf hohe Gewinne im Ackerbau und anderen Betriebszweigen wie der Tierhaltung angewiesen. Diese Abhängigkeit könnte sich künftig sogar noch verschärfen: In den Berechnungen wurden die Prämien der 1. Säule einbezogen, die in der Praxis oft inoffiziell in die Pacht eingepreist und damit an den Verpächter durchgereicht werden. Wie hoch die Prämien zukünftig ausfallen, ist aber nach wie vor nicht klar.


Fest steht: Mit dem Austritt Großbritanniens verliert die EU 2019 einen ihrer größten Nettozahler. Der Agrarhaushalt wird in Zukunft daher kleiner ausfallen und es ist schwer vorstellbar, dass das Prämienniveau langfristig auf dem derzeitigen Niveau verharren wird.


Tierhalter in der Bredouille:

Regional sind die Unterschiede allerdings groß – vor allem zwischen Veredelungs- und Ackerbauregionen. Vergleicht man zum Beispiel die Anbauanteile der verschiedenen Ackerkulturen in einer viehintensiven Region (hier: Coesfeld, Borken) und einem typischen Ackerbaustandort (hier: Düren, Rhein-Erft-Kreis), so zeigen sich große Unterschiede. Die Grundrente liegt in den Ackerbauregionen deutlich höher als in den viehintensiven Landkreisen.


Das liegt vor allem an den wirtschaftlich „starken“ Kulturen wie Kartoffeln, Zuckerrüben und Gemüse in den Fruchtfolgen. In den Tierhaltungsregionen spielen sie hingegen nur eine untergeordnete Rolle. Stattdessen werden dort mehr Getreide und Mais angebaut. Hinzu kommt die höhere Ertragserwartung auf den guten Böden in den Ackerbauregionen.


In den viehintensiven Regionen wird der Hauptanteil der Pacht somit in der Tierproduktion erwirtschaftet. Allerdings stehen Tierhalter immer stärker unter Druck: Einerseits nimmt die Nährstofflast durch die neue Düngeverordnung auf die oft knappen Flächen zu und andererseits steigen die Anforderungen an die Haltung der Tiere. Möglicherweise werden einige Betriebe daher ihre Bestände eher ab- als aufstocken.


Folge: Die Gewinne sinken und die Betriebsleiter können die hohen Pachten immer weniger stemmen. Diese Betriebe müssen künftig daher entweder deutlich höhere Erlöse im Ackerbau erzielen oder stärker als bislang über den Anbau von Spezialkulturen nachdenken oder ganz andere Einkommensquellen erschließen.


Vorteil Spezialkulturen:

Wie wichtig Spezialkulturen für Ackerbauern sind, zeigt ein Blick in die Testbetriebsbuchführung der Ackerbaubetriebe in Nordrhein-Westfalen. Die 25% besten Betriebe haben zwar einen hohen Pachtflächenanteil von rund 72%. Sie zahlten aber dennoch nicht mehr Pacht als der Durchschnitt der Ackerbaubetriebe, deren Pachtanteil bei etwa 62% lag. Das oberste Viertel hatte auch einen höheren Anteil an Spezialkulturen wie Kartoffeln, Zuckerrüben oder Feldgemüse in ihrer Fruchtfolge.


Spezialkulturen erfordern allerdings viel Know-how und eine Rundumbetreuung. Außerdem passen sie aus pflanzenbaulichen Gründen nicht in jeden Betrieb und zu jedem Standort. Gegenwärtig werden in vielen Regionen Pachtpreise gezahlt, die allein mit der Grundrente nicht zu vereinbaren sind, sich aber aus Angebot und Nachfrage ergeben haben.


Dabei spielen verschiedene Gründe wie beispielsweise der Ausbau der neuen Energien oder die Versiegelung der Flächen eine Rolle. Lesen Sie dazu auch den Kasten oben. Wichtig ist unter diesen Umständen: Als Pächter sollten Sie sauber kalkulieren, da Sie sich mit einem Pachtvertrag langfristig binden.


Kontakt:


diethard.rolink@topagrar.com

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