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Weg vom Öl: Welche Heizung lohnt sich?

Lesezeit: 11 Minuten

Wer bis Ende 2021 seine alte Ölheizung gegen eine moderne Anlage tauscht, kann bis zu 45% Förderung erhalten. Ob sich das lohnt, haben wir nachgerechnet.


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Fossilen Energieträgern geht es an den Kragen. Um den Umstieg auf klimaschonende Brennstoffe zu beschleunigen, fördert das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) den Austausch alter Ölheizungen durch moderne Systeme. Ölheizungen halten auch auf vielen Betrieben die Bauernhäuser warm. Lohnt sich hier der Tausch gegen eine neue Heizung?


Elmar Brügger, Energieberater der Landwirtschaftskammer NRW, hat für einen Milchviehbetrieb mit einem großen alten Wohnhaus, einem Altenteilerhaus, einem renovierten Speicher, der vermietet ist, und zwei neuen Ferienwohnungen einen Austausch gerechnet.


Großes, altes Bauernhaus


Andrea Schulze überlegt, ihre Heizung zu erneuern (Namen frei erfunden). Für den Austausch ihrer Ölheizung könnte sie fast die Hälfte der Investitionskosten vom Staat wiederbekommen (Infos zu den Fördergeldern s. top agrar 12/2020 S. 28 und unter www.bafa.de). Aktuell hat sie jährliche Betriebskosten von 4000 € für das Betriebsleiterwohnhaus. Das kultur- und landschaftsprägende Gebäude ist stark renovierungsbedürftig und hat eine 15 Jahre alte Ölheizung, mit Rippenheizkörpern, teilweise noch Fenster mit Einfachverglasung und eine schlechte Wärmedämmung. Der jährliche Verbrauch für das 300 m² große Gebäude liegt bei 58000 kWh (Übersicht 1).


In dem Altenteiler hat Schulze ebenfalls eine Ölheizung, aber moderne Heizkörper installieren lassen. Das Haus ist aus den 1970er Jahren und somit besser gedämmt. Es benötigt etwa 20000 kWh/a. Außerdem hat Schulze noch in zwei Ferienwohnungen im Bestandsgebäude auf dem Bauernhof investiert und zwei Mietwohnungen in einen alten Speicher gebaut. Die Ferienwohnungen sind in einem sehr gut gedämmten Zustand und bleiben über eine Fußbodenheizung warm. Sie sind an die alte Ölheizung vom Betriebsleiterhaus angeschlossen. Die Mietwohnungen im Speicher versorgt eine separate Ölheizung über Heizkörper an den Wänden. Insgesamt benötigen die Wohnungen knapp 57000 kWh Wärmeenergie. So kommt Schulze insgesamt auf eine Energiemenge von 135000 kWh/Jahr.


Wärmepumpe nicht geeignet


Die Wärmedämmqualität der Gebäudesubstanz bestimmt zum einen den Wärmebedarf, aber auch, welches Heizungssystem sich eignet. So ist eine Wärmepumpe, die in Deutschland aktuell in vielen Neubauten installiert wird, eher für Heizsysteme mit einer niedrigen Vorlauftemperatur von 35 bis 40°C geeignet. Hier entfaltet sie hohe Wirkungsgrade bzw. eine Jahresarbeitszahl (JAZ) von mindestens 3,8, sodass die Anlage 1 kWh Strom, der in die Wärmepumpe fließt, in 3,8 kWh Wärmeenergie umwandelt. Das wäre nur in den Ferienwohnungen der Fall.


Bei Heizkörpern, die eine Vorlauftemperatur von mindestens 55°C und mehr haben, braucht die Wärmepumpe deutlich mehr Strom zur Wärmeerzeugung, die JAZ sinkt unter 3,5. Diesen Wert muss die Wärmepumpe erreichen, um die BAFA-Förderung zu bekommen. Da die neuen Ferienwohnungen nur ein Fünftel der gesamten Energie benötigen, macht die Wärmepumpe für den gesamten Betrieb keinen Sinn. Der Löwenanteil entfällt auf das alte Wohnhaus. Da hier die komplette Renovierung hohe Kosten verursacht, ist diese für die nächsten Jahre noch nicht geplant.


Mittlerweile werden in Bestandsgebäuden auch sogenannte Hocheffizienzwärmepumpen eingesetzt, die mit Vorlauftemperaturen von 55°C und mehr sowie einer JAZ ab 3,5 arbeiten. Sie sind allerdings etwas teurer als klassische Wärmepumpen. Allerdings benötigen Wärmepumpen moderne Heizkörper oder Fußbodenheizungen, die in Schulzes Fall nicht vorhanden sind.


Auch die Kombi einer Wärmepumpe mit einer Photovoltaikanlage (PV) sieht Schulze kritisch. Eine Wärmepumpe zu installieren, nur um den Eigenstromanteil zu erhöhen, ist meist der falsche Weg. Denn bei größeren PV-Anlagen kann sich auch eine Direktvermarktung des überschüssigen Stroms lohnen.


So haben wir gerechnet


Schulze überlegt, welche Alternativen sie neben der Wärmepumpe noch hat und hat für den gesamten Hof drei Heizvarianten verglichen: Gas-, Hackschnitzel- und Pelletheizung. Für den Altenteiler betrachtet sie noch zwei Hybridheizungen (Gas plus Solarthermie bzw. Wärmepumpe) (Übersicht 2 S. 34). Die Kosten lassen sich in drei Blöcke aufteilen:


  • Kapitalgebundene Kosten: Diese setzen sich aus den Investitionen für die Technik und baulichen Vorrichtungen zusammen. Von der Gesamtinvestition zieht Schulze die Förderung ab. In ihrem Fall sind das die Hackschnitzel- und die Pelletheizung. Bei beiden greift der Höchstsatz von 45% der Investitionskosten. Aus der Summe ergeben sich dann die kapitalgebundenen Kosten. Das sind die Kreditkosten, die Schulze für die Investition in die Heizung zahlen müsste. Dabei schreibt sie die technischen Investitionen über zehn und die baulichen über 15 Jahre ab.15


  • Betriebsgebundene Kosten: Diese beinhalten Wartung, Reinigung etc. Hier fällt ins Gewicht, wie viele Arbeitsstunden auf welches Heizsystem fallen. Als Lohn setzt Schulze 10,45 €/h an, da sie diese Arbeiten an ihre Aushilfe abgeben will.16


  • Verbrauchsgebundene Kosten: Hier fällt vor allem der Brennstoffpreis ins Gewicht.17


  • Sonstige Kosten: Diese Kosten fallen für Versicherung, Steuerberater etc. an. Die Gesamtkosten und die vier Blöcke rechnet Schulze anschließend auf ct/kWh um, damit sie die Heizsysteme vergleichen kann.18


Wenig Arbeit mit Gas


Als erstes betrachtet Schulze die Variante Flüssiggas. Erdgas kommt für sie nicht infrage. Sie wohnt zwar recht nah am Dorf, trotzdem hat sie keine kostengünstige Möglichkeit, sich ans Erdgasnetz anschließen zu lassen.


Sie plant für jeden Wohnkomplex eine Gasbrennwerttherme mit einem eigenen Flüssiggastank. Die Anschaffung der Gasheizung kostet rund 62000 €, da die Landwirtin vier Gastanks kaufen muss (Ferienhaus 2 und Betriebsleiterwohnhaus sind dann am gleichen Gastank angeschlossen). Manko: Für eine Gasheizung erhält Schulze keine Förderung, weil die BAFA Gas als fossilen Energieträger einstuft. Trotzdem sind die kapitalgebundenen Kosten der Flüssiggasvariante mit knapp 6000 €/Jahr im Vergleich zu einer Holzheizung am günstigsten.


Auch die betriebsgebundenen Kosten sind mit 1115 €/Jahr vergleichsweise niedrig. Der Grund: Die Gasheizung macht mit drei Stunden Arbeit jährlich am wenigsten Aufwand für die Betriebsleiterin. Neben der Arbeit mit der Anlage stecken noch Wartungs- und Instandhaltungskosten in der Kostengruppe für die betriebsgebundenen Kosten. Diese sind durch die geringeren Investitionskosten niedriger als bei den anderen Heizsystemen.


Demgegenüber stehen allerdings die verbrauchsgebundenen Kosten, welche vor allem der Brennstoffpreis beeinflusst. Da die Brennstoffkosten für Gas deutlich über denen für Hackschnitzel oder Pellets liegen, sind auch die jährlichen Kosten mit 9023 € deutlich höher. Dazu kommt, dass es auf fossile Brennstoffe seit Anfang 2021 eine CO2-Abgabe gibt, die in den kommenden Jahren weiter ansteigen wird.


Holz günstiger Brennstoff


Schulze hat des Weiteren eine Hackschnitzelheizung und eine Pelletheizung kalkuliert. Für sie kommt keine Scheitholzanlage in Frage. Für diese lägen die Arbeitsstunden bei mindestens 30 Stunden im Jahr, wenn Schulze das Scheitholz komplett zukaufen würde. Müsste sie noch selbst in den Wald gehen und Bäume fällen, wäre der Aufwand dreimal so hoch. Das ist für die Landwirtin, die neben den Ferienwohnungen noch 120 Milchkühe versorgt, zu viel Arbeit. Außerdem müsste sie jeden Tag die Heizung befüllen. Für sie ist es schon schwierig, eine Urlaubsvertretung für die Milchkühe zu finden, da will sie sich nicht noch mehr an den Betrieb binden.


An die Hackschnitzel- oder Pelletheizung müsste sie nicht täglich ran. Auch die Ernte der Hackschnitzel ist technisierter und deshalb nicht so arbeitsintensiv wie die Scheitholzherstellung. Gängig sind Scheitholzheizungen in Kombination mit Pellets sowie Öl- oder Gasheizungen im Bereich von bis zu 50 kW. Darüber hinaus ist vor allem der Arbeitsaufwand erfahrungsgemäß zu groß. Die meisten Landwirte mit einem Wald und hohem Wärmebedarf entscheiden sich für eine Hackschnitzelheizung bzw. tauschen ihre Stückholzheizung gegen eine Hackschnitzelheizung aus.


Hackschnitzel lohnen sich


Die Hackschnitzelheizung hat von den drei Varianten die höchsten Anschaffungskosten. Auch mit der Förderung stehen noch etwa 80000 € für die Investition an, die 7600 €/Jahr an Kreditkosten bedeuten. Auch die betriebsgebundenen Kosten sind mit rund 2600 €/Jahr recht hoch, da zum einen hohe Wartungs- und Instandhaltungskosten anfallen und zum anderen der Arbeitsaufwand bei einer Hackschnitzelheizung deutlich höher ist als bei einer Gas- oder Pelletheizung. So muss Schulze den Bunker alle zwei Wochen mit Hackschnitzeln befüllen, den Aschebehälter alle fünf Wochen ausleeren etc. Die Hackschnitzel hat Schulze in einem alten Fahrsilo, ca. 20 m vom Bunker entfernt, untergebracht. Daher hat sie kurze Fahrwege. Insgesamt schätzt sie den Aufwand auf 60 Arbeitsstunden/Jahr.


Die Hackschnitzelheizung schneidet mit Abstand am besten bei den verbrauchsgebundenen Kosten ab. Diese liegen bei 3300 €/Jahr. Das liegt vor allem an dem sehr günstigen Preis für die Hackschnitzel, den Schulze mit 16 €/Schüttraummeter (SRM) ansetzt. Dieser schwankt je nach Qualität der Hackschnitzel und dem Feuchtegrad. Da sie mit dem Fahrsilo ein großes Lager hat, ist sie in der Lage, die Hackschnitzel unter einem Vlies auch über einen längeren Zeitraum zu lagern und diese so nachtrocknen zu lassen.


Genormte Pellets sind teuer


Die Pelletheizung liegt bei der Anschaffung durch die Förderung mit knapp 6500 €/Jahr leicht über den Kosten für die Gasheizung. Auch die betriebsgebundenen Kosten sind mit etwa 1400 €/Jahr deutlich günstiger als bei einer Hackschnitzelheizung. Der Arbeitsaufwand beschränkt sich auf zehn Stunden. Die Pellets bekommt Schulze geliefert und die Anlage fördert das Material automatisch in den Brennraum, sodass sie nicht immer nachfüllen muss.


Bei den verbrauchsgebundenen Kosten liegen die Pellets mit 8200 €/Jahr deutlich über denen der Hackschnitzelheizung, bei einem aktuellen Pelletpreis von 210 €/t. Pellets werden nur genormt gehandelt mit bestimmten Qualitätsmerkmalen. Kriterien sind unter anderem der Mindestheizwert und die Größe der Pellets. Hackschnitzel sind zwar mittlerweile auch genormt. Diese werden aber kaum in der Praxis gehandelt, da Hackschnitzel ohne Norm in der Regel ein guter Brennstoff und deutlich günstiger sind. Meist gelten die Garantien für die Kessel aber nur für genormte Hackschnitzel.


Wie den Altenteil heizen?


Ein hoher Kostenpunkt bei den beiden Holzheizungen ist die 30000 € teure Fernwärmeleitung. Denn der Altenteiler liegt 150 m weit weg von der geplanten Heizzentrale. Das schlägt sich in den Investitionskosten nieder. Schulze überlegt, ob sie den Altenteiler mit einer Flüssiggasheizung in Kombination mit einer Solarthermieanlage oder Wärmepumpe ausstattet (Hybridheizungen).


Die Wärmepumpe trägt die Grundlast der Wärme und die höheren Temperaturen deckt die Gastherme ab. Dabei nimmt sie bei der Solarthermie einen Anteil von ca. 30% und bei der Wärmepumpe von 60% an der gesamten Wärmemenge an. Diese Varianten sind förderfähig bei der BAFA. Solche Hybridheizungen können auch wirtschaftlich in Bestandsgebäuden mit höheren Vorlauftemperaturen sein.


Allerdings lohnt sich so eine Anlage je nach Umfeld (Dämmzustand, Vorlauftemperatur, Bestandsheizung) bei einem Verbrauch von 3000 bis 6000 l Heizöl im Jahr. In Schulzes Fall ist dieser zu gering, er beträgt ca. 1800 l. Denn wie im Beispiel zu sehen, sind die kapitalgebundenen Kosten mit 9,4 bzw. 9,6 ct/kWh höher als die der anderen Heizungen. Auch die betriebsgebundenen Kosten sind am höchsten von allen Varianten. Einzig bei den verbrauchsgebundenen Kosten kann die Solarthermieanlage punkten. Hier liegt sie mit 5 ct/kWh unter denen von Gas und Pellets. Die Wärmepumpe hat mit 7,6 ct/kWh die höchsten verbrauchsgebundenen Kosten, weil sie in dem Altbau zu ineffektiv ist.


Das günstigste Heizsystem


Schulze überrascht das Ergebnis. Obwohl sie trotz der Förderung für die Hackschnitzelheizung am meisten Geld investieren muss, fährt sie mit diesem Heizsystem am günstigsten. Damit heizt sie für 9,4 ct/kWh. Die Gasheizung und die Pelletheizung sind mit 12 und 11,5 ct/kWh etwas teurer. Auch die Hybridheizungen für den Altenteiler sind mit 17 und 20 ct/kWh deutlich teurer als die zentralen Holzheizungen, obwohl die Fernwärmeleitung entfällt. Allerdings schlagen hier die hohen Investitionskosten mit fast 10 ct/kWh zu Buche. Das können auch die verbrauchsgebundenen Kosten nicht wettmachen, die bei der Solarthermieanlage mit 5 ct/kWh 1,6 ct günstiger sind, als bei der reinen Gasvariante. Bei der Wärmepumpe steigen diese sogar auf 7,6 ct/kWh an, da das Heizsystem und der Verbrauch des Altenteilers offensichtlich auch für die Hybridanlage nicht optimal ist. Von den Kosten her ist also die zentrale Hackschnitzelheizung für Schulze die Heizung der Wahl. Außerdem überzeugt sie, dass sie durch den eigenen Wald auch eigene Hackschnitzel herstellen kann und so nicht komplett abhängig vom Brennstoffpreis ist. Sie plant, alle zwei bis drei Jahre eigene Hackschnitzel zu ernten. Im Moment ist der Preis mit 2 ct/kWh so niedrig, dass sie das Lager mit gekauften Schnitzeln vollpacken will. Steigt der Preis, hat sie immer noch den eigenen Wald als Alternative. Des Weiteren kann sie auch ihre alten Heizkörper gegen neue mit geringeren Vorlauftemperaturen tauschen, die Technik für den neuen Heizungsraum usw. in die Förderung der BAFA bzw. das Programm der Bundesförderung für Energieeffiziente Gebäude (BEG) mit einbringen (siehe Infoblatt zu den förderfähigen Kosten auf www.bafa.de). maike.schulze-harling@topagrar.com

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