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Wind: Fallen durch das neue EEG die Pachten?

Lesezeit: 7 Minuten

Seit Anfang des Jahres gelten neue Spielregeln für den Bau von Windparks. Auch für die Verpächter der Standorte ändert sich dadurch einiges. Darüber haben wir mit Volker Henties gesprochen.


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Die Spielregeln für den Bau neuer Anlagen haben sich verschärft. Was bedeutet das für die Verpächter?


Henties: Die Pachtpreise bleiben ein attraktives Zusatzeinkommen – allerdings ist es insgesamt komplizierter geworden und die Risiken sind gestiegen.


Warum?


Henties: Die Betreiber von Windparks erhalten keine feste Vergütung mehr für ihre Anlagen. Stattdessen müssen sie bei der Bundesnetzagentur in einem „verdeckten“ Gebot die Vergütung nennen, die sie für ihre Windräder benötigen. Pro Jahr finden mehrere solcher Runden statt, in denen die Behörde auch immer nur den Bau eines begrenzten Kontingentes ausschreibt. Einen Zuschlag erhalten nur die Bieter, die die niedrigsten Gebote abgegeben haben. Ihnen steht dann die Vergütung zu, die sie selber vorgeschlagen haben. Das heißt, die Bieter stehen miteinander in Konkurrenz.


Wie wirkt sich das auf die Pachten aus?


Henties: Nach der ersten Ausschreibungsrunde gab es noch keine große Bewegung bei den Pachtpreisen. Der mittlere Gebotspreis, der einen Zuschlag erhielt, lag bei 5,71 ct/kWh. Das hat sich in den vergangenen Monaten grundlegend geändert. Der durchschnittliche Preis sackte auf 4,21 ct/kWh ab. Bei diesem Preis wird die Luft zum Atmen für alle Beteiligten dünn. Viele Planer sehen sogar langfristig noch niedrigere Kurse, weil nach wie vor viele Investoren ihre bereits vor Jahren geplanten Parks endlich umsetzen wollen. Das wirkt sich bereits negativ auf die Pachten und die Pachtverhandlungen aus.


Zudem erhöhen sich die Risiken für die Planer. Denn sie benötigen, um an den Ausschreibungen teilnehmen zu können, eine Genehmigung. Die Investoren müssen somit im Vorfeld schon sehr viel Geld für den Erhalt einer Genehmigung ausgeben, ohne zu wissen, ob sie überhaupt einen Zuschlag erhalten und den genehmigten Windpark bauen können. Das war früher anders: Wer eine Genehmigung hatte, durfte in der Regel auch bauen. Hier gibt es jetzt für den Planer einen gravierenden zusätzlichen Risikofaktor.


Gilt das auch für Bürgerwindparks?


Henties: Nur eingeschränkt. Diese sind nach dem neuen EEG privilegiert. Denn sie erhalten bei zwei gleich hohen Geboten im Zweifel den Zuschlag, sofern das Konkurrenzangebot kein „Bürgerprojekt“ ist. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich irgendwann die Anlagen gebaut werden und die Pacht fließt.


Wäre es nicht lukrativer, wenn die Landeigentümer sich an Bürgerwindgesellschaften beteiligen?


Henties: So einfach ist es leider nicht. Möglicherweise verlieren die Bürgerprojekte ihren privilegierten Status wieder. Bislang haben in den Ausschreibungsrunden fast ausschließlich Bürgerwindgesellschaften Zuschläge erhalten. Andere potenzielle Investoren gingen fast leer aus. Daran gab es massive Kritik und die Regierung denkt derzeit darüber nach, die Vorteile für die Bürgerprojekte wieder einzudampfen.


Hinzu kommt: Nicht jedes Bürgerwindprojekt ist seriös. Es gibt zahlreiche Gesellschafte die sich als Bürgerwindprojekt tarnen, bei denen die Landeigentümer und Bürger aber kaum Einfluss auf die Planung haben. Bisher weiß auch noch niemand, ob die Bundesnetzagentur solche Konstruktionen wirklich akzeptiert. Es ist damit zu rechnen, dass sie diese Modelle zumindest kritisch prüft. Andere Investoren werden sich von den Bürgerwindparks nicht einfach aus dem Markt drängen lassen wollen. Landeigentümer sollten daher Beteiligungsangebote der Bürgerprojekte gründlich prüfen. Aus unserer Sicht ist hier erst einmal Vorsicht geboten.


Was raten Sie den Landeigentümern?


Henties: Wir sind der Auffassung, dass sich der Landeigentümer für absehbare Zeit aus den Risiken des operativen Windgeschäfts heraushalten sollte. Enge Margen sind etwas für Profis, nicht für Amateure und schon gar nicht für Anfänger. Wir sehen, dass die meisten Grundstückseigentümer überhaupt nicht in der Lage sind, einen vernünftigen Nutzungsvertrag abzuschließen, geschweige denn einen Flächenpool zu gründen.


Also verpachten?


Henties: Ja. Die Verhandlungen mit den Planern werden aber schwieriger. Viele Pachtverträge sehen immer mehr Absicherungen für den Investor und die finanzierende Bank vor und berücksichtigen kaum die Interessen der Verpächter.


Wie kann man darauf reagieren?


Henties: Die Landeigentümer müssen sich zusammenschließen und ihre Flächen als Bündel im Markt anbieten. Das stärkt die eigene Verhandlungsposition und erspart den Planern viel Arbeit. Deshalb sind diese dann auch bereit, für diese Grundstücke höhere Pachten zu zahlen.


Einige Planer werben damit, den Grundstückseigentümern die Arbeit abzunehmen und selber Flächenpools zu entwickeln. Was ist davon zu halten?


Henties: Den Flächenpool müssen die Landeigentümer selbst gründen. Hier wird den Landeigentümern etwas vorgegaukelt, das so nicht stimmt und schon gar nicht zu ihrem Vorteil ist. Zum Beispiel wird in den Verträgen oft festgelegt, wie die Pacht unter den Landeigentümern verteilt wird. Gleichzeitig sehen die Verträge aber nichts vor, wie man überhaupt erfährt, wer bei der Beteiligung mit welchen Flächen berücksichtigt wird. Wenn die Landeigentümer diese Verteilung ändern wollen, wissen sie zum einen gar nicht, mit wem sie das zu besprechen haben und sie brauchen die Zustimmung des Planers als Vertragsbeteiligten, damit sie eine Änderung bei der Verteilung ihres Geldes vornehmen können. Hieran kann man recht gut den ganzen Unsinn dieses Modells erklären. Den Planer geht es schlicht nichts an, wie Landeigentümer die Pacht untereinander verteilen.


Wie gut sind die Standardverträge, die die Planer den Eigentümern vorlegen?


Henties: Der Vertrag des Planers enthält meistens alle wichtigen Dinge – vor allem die, die für ihn selbst wichtig sind. Die Interessen der Landeigentümer spielen häufig eine untergeordnete Rolle. Wer einen vom Planer vorgelegten Vertrag ungeprüft unterschreibt, handelt aus unserer Sicht grob fahrlässig, weil er bei einem Projekt von Millionenumfang nicht weiß, was er tut. Wir haben eine Vielzahl von Fällen bearbeitet, bei denen Landeigentümer, die dieses nicht beachtet haben, nun existenzgefährdenden Ansprüchen gegenüber stehen.


Wir raten daher: Schließen Sie sich mit anderen Landeigentümern zu einem Flächenpool zusammen und schreiben Sie gemeinsam Ihre Flächen aus. Wer sich diese Mühe macht, kann eine zwischen 25 und 50% höhere Pacht erzielen und einen rechtlich wesentlich besseren Vertrag abschließen.


Diese Herangehensweise hat auch später Vorteile: Wenn es zu Problemen mit dem Planer bzw. Investor kommt, hat eine Grundstücksgemeinschaft immer eine besser Verhandlungsposition als eine Einzelperson.


Kann ich neben der Pacht auch andere Vereinbarungen nachverhandeln?


Henties: Ja, das ist meist aber nur im Flächenpool möglich und am besten benutzen Sie gleich einen Vertrag, dessen Inhalt Sie in Zusammenarbeit mit einem Anwalt oder anderem Experten vorgeben. Wie wichtig das ist, verdeutlichen wir immer an einem typischen Beispiel: Wir verlangen beispielsweise eine 20-jährige Mindestpacht von den Pächtern der Grundstücke. Die Planer wollen aber meistens eine Pacht immer nur solange zahlen, wie die Anlagen tatsächlich betrieben werden. Und das Ende der Anlagen ist möglicherweise bereits nach 17 oder 18 Jahren erreicht. Angebote ohne feste Mindestpachtzahlung für eine bestimmte Zeit sind weder kalkulierbar noch für Sie bei der Vergabe vergleichbar.


Das gilt genauso für das Thema Sicherheiten. Vor diesem Thema drücken sich die meisten Investoren. Stattdessen bieten sie den Flächeneigentümern minimale und am Baurecht orientierte Rückbaubürgschaften an. Das ist aus unserer Sicht vollkommen unzureichend. Schon gar nicht finden Sie in den Nutzungsverträgen der Planer so etwas wie eine Haftungsbegrenzung für den Landeigentümer. Das alles lässt sich aber nur durchsetzen, wenn man nachverhandelt.


Mit dem neuen EEG kommt noch hinzu, dass die Bundesnetzagentur auch nach Jahren ein Teil der Einspeisevergütung zurückfordern kann, wenn die Anlagen mehr produzieren als in den Geboten von den Planern prognostiziert wurde. Manche Investoren versuchen die Verpächter der Grundstücke für diesen Fall mit an den Rückforderungen zu beteiligen. Wer nicht aufpasst, muss dann Jahre später seine bereits versteuerten Einnahmen zurückzahlen.


Warum schließen sich denn so wenige in einem Flächenpool zusammen?


Henties: Weil die meisten den Aufwand scheuen und im Vorfeld nicht wissen, ob sie überhaupt jemals eine Pacht erhalten. Wenn wirtschaftlich weniger drin ist, wird häufiger gestritten. Dann ist es umso wichtiger, dass man einen guten Vertrag auf seiner Seite hat.Diethard Rolink

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