Eine Todesanzeige für geschlachtete Nutztiere im bundesweiten Begleitheft für die Firmung hat die Gefühle vieler Landwirte und Christen zutiefst verletzt. Wir sprachen mit dem Autor des Beitrags, Dr. Rainer Hagencord. Er ist katholischer Priester und Chef des Instituts für theologische Zoologie in Münster.
Herr Dr. Hagencord, ist eine Todesanzeige für geschlachtete Nutztiere eine legitime Form der Meinungsäußerung?
Hagencord: Die Todesanzeige muss das Bonifatiuswerk verantworten. Ich habe sie vor Drucklegung weder gesehen noch freigegeben. Dass dieses Bild schockiert und provoziert, kann ich verstehen.
Auch wenn Tiere Geschöpfe Gottes sind, ist die Frage, was nach ihrem Tod passiert, nicht so einfach zu beantworten. Es gibt gute theologische Argumente daran zu glauben, dass auch sie nicht „ins Nichts“ fallen. Daher ist eine solche Todesanzeige sehr erklärungsbedürftig.
Heißt das, dass auch Tiere in den Himmel kommen können?
Hagencord: Ich weiß, dass schon die Frage Viele irritiert. Mir geht es aus theologischer und biblischer Sicht vor allem um eine Würdigung der Tiere als Mitgeschöpfe.
Dahinter steht ein neues Tierbild, das auch die gegenwärtige Nutztierhaltung in Frage stellt.
Die Bauern fühlen sich durch Ihre Darstellung verunglimpft und beleidigt. Müssen Sie sich bei ihnen entschuldigen?
Hagencord: Wer fühlt sich beschuldigt und wodurch? Ich habe lediglich die Zahlen des statistischen Bundesamtes zitiert. Der Trend zu immer größer werdenden Tierfabriken ist doch eindeutig. Und dass die Werbeindustrie mit unangemessenen Bildern wirbt, wissen wir alle. Wenn ich in diesem Zusammenhang zu einem Bewusstseinswandel aufrufe, mache ich mich dann schuldig?
Schuldig macht sich doch eher derjenige, der die Lebensräume der Tiere so stark einschränkt, dass es zu Verhaltensauffälligkeiten kommt und deshalb den Puten die Oberschnäbel und den Schweinen die Schwänze amputiert werden müssen. Oder Hähnchen so gemästet werden, dass das Knochenwachstum nicht mit dem Fleischwachstum mithält.
Daran sind alle beteiligt, die an einer solchen Tierhaltung festhalten bzw. sie mit ihrem Konsumverhalten erzwingen: Verbraucher, Politiker und Landwirte.
Auch wenn das gesetzeskonform ist, stellt sich doch die Frage: Dürfen wir das? Dahinter stehen letztlich Interessenskonflikte und Abhängigkeiten, unter denen auch die Landwirte leiden. Inzwischen melden sich bei mir aber immer mehr Bäuerinnen und Landwirte, die eine solche Tierhaltung nicht mehr wollen.
Die Landwirte und Landfrauen werfen Ihnen vor, nicht mit den Bauern zu sprechen, sondern nur über und gegen sie zu hetzen. Suchen Sie den offenen und fairen Dialog?
Hagencord: Ich kann in meinem Aufsätzen und Vorträgen keine Hetze erkennen. Auch das Bistum Münster sieht die Rolle der Kirche darin, die Landwirtschaft kritisch zu begleiten. Ich versuche, die Tiere aus biblisch-theologischer Sicht zu würdigen und dies den Landwirten zu vermitteln.
Das habe ich in den letzten Wochen und Monaten in verschiedenen Gesprächs- und Vortragsabenden getan und werde es auch weiterhin tun.-sp-
Hinweis der Redaktion: In der Neuauflage des Firmbegleiters fehlt der umstrittene Beitrag mit der Todesanzeige. Zudem übernimmt das Bonifatiuswerk die alleinige Verantwortung für die grafische Darstellung des Artikels und bedauert die dadurch hervorgerufenen Irritationen. Gleichwohl „sollte unseres Erachtens eine bestimmte Form einer maßlosen, rein industriell-maschinell betriebenen hochtechnisierten Landwirtschaft kritisch betrachtet werden“, betont das Hilfswerk der Katholiken in seiner Stellungnahme. Deshalb steht der Artikel von Hagencord wohl auch weiterhin auf der Homepage der Hilfsorganisation (www.bonifatiuswerk.de).