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Die Milchkrise ist noch nicht vorbei

Lesezeit: 6 Minuten

Die Wende zum Besseren lässt am Milchmarkt weiter auf sich warten. Wenigstens wächst das Angebot nur noch langsam, berichtet Dr. Vinzenz Bauer von der LWK Niedersachsen.


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Milcherzeuger hadern mit ihrem Schicksal. Die Erlöse sind seit Monaten so schlecht, dass die Betriebe draufzahlen. Und mehr als va­ge Hoffnungsschimmer gibt es derzeit nicht. Das gilt auch für den jüngsten Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) zum internationalen Milchmarkt. Demnach bleibt die Nachfrage vergleichsweise ruhig und trifft auf ein durchaus stetiges Angebot.


Angebot steigt moderat:

Die weltweite Kuhmilch-Erzeugung soll im Jahr 2016 um 1,6 % auf 499 Mio. t steigen. Das liegt knapp über den Zuwächsen des letzten Jahres. Das Plus könnte aber auch niedriger ausfallen. Dies gilt besonders, falls die Reaktion der Milcherzeuger Neuseelands auf die katastrophale Marktlage Schule macht.


Dort stehen die Farmer schon seit einiger Zeit mit beiden Beinen auf der Produktionsbremse. Sie haben ihre Herden reduziert. Die Kuhschlachtungen lagen schon im letzten Jahr mehr als 20 % oberhalb des Vorjahresniveaus, berichtet das USDA. Die Neuseeländer setzen außerdem nur verhalten Kraftfutter ein. Und sie haben wegen widrigen Wetters zudem mit mittelmäßigen Grundfutterqualitäten und -mengen zu kämpfen. Angesichts dieser Rahmen­bedingungen zeichnet sich laut USDA für 2016 ein Rückgang der neuseeländischen Milchmenge um 3 % auf knapp über 20,7 Mio. t ab (vgl. Übersicht 1).


In Australien, das am Weltmarkt ebenfalls eine wichtige Rolle spielt, waren die Wetterbedingungen 2015 annähernd ideal. Die Experten des USDA gehen überdies davon aus, dass die Herden unverändert bleiben. Man rechnet denn auch 2016 mit 10 Mio. t Milch, das entspräche der Vorjahresmenge.


Schwierig einzuschätzen ist die Lage der argentinischen Milchbranche. Die US-Beobachter gehen davon aus, dass die Milchmenge um 2 % auf 11,7 Mio. t steigt. Es gibt aber auch Experten, die diese Prognose für zu optimistisch halten. Die starke Inflation enge den Handlungsspielraum der Betriebe stark ein, heißt es. Fremdkapital ist in der Tat teuer, und anstehende Investitionen bzw. Aufstockungen der Herden werden deshalb zumindest verschoben.


In den USA ist das Wachstum dagegen immer noch dynamisch. Dort werden die Milcherzeuger durch staatliche Maßnahmen gestützt, die die finanziellen Folgen der Marktkrise abpuffern. Das USDA glaubt, dass die Milcherzeugung um 2 % auf 96,3 Mio. t steigt.


Nur 1 % mehr in der EU:

Bei uns sieht die Lage anders aus. Die EU war mit einer Erzeugung von 148,1 Mio. t auch 2015 das Schwergewicht auf dem globalen Milchmarkt. 2016 wird die Menge wahrscheinlich um ein weiteres Prozent zulegen. Verglichen mit den Wachstumsraten der Vorjahre gleicht das aber schon einem starken Bremsmanöver.


Je nach Betriebsstruktur und Risikobereitschaft ergreifen die europäischen Milchviehhalter unterschiedliche Maßnahmen, um die Durststrecke zu überstehen bzw. für die Zeit nach der Krise fit zu werden. Einige selektieren verstärkt und geben mehr Kühe zur Schlachtung als üblich. Etliche versuchen auch, durch eine eher grundfutterbetonten Fütterung Geld zu sparen. Andere Halter tun hingegen genau das Gegenteil: Sie steigern die Milch­menge und wollen durch eine Umsatz­erhöhung den widrigen Marktentwicklungen trotzen. Ob diese Rechnung aufgeht, erscheint hingegen fraglich. Kurzfristig ist laut dem USDA keine durchgreifende Besserung bei den Preisen in Sicht.


Die Nachfrage enttäuscht.

Zusätzlich zu den Problemen, die durch den russischen Importstopp entstanden sind, kündigen sich für den Absatz euro­päischer Milchprodukte sogar weitere Schwierigkeiten an. Viele Firmen hatten darauf gesetzt, in China wieder besser zum Zuge zu kommen, aber danach sieht es momentan nicht aus. Die chinesische Wirtschaft wächst deutlich langsamer als bisher. Der Yuan (Chinas Währung) ist entsprechend schwach, wodurch die Kaufkraft am Weltmarkt geschwächt wird. Außerdem bewegen sich die normalerweise importierten Milchprodukte im eher höherpreisigen Bereich. Wenn die Kaufkraft stagniert oder gar sinkt, macht man damit bei den Konsumenten nicht mehr unbedingt das sprichwörtliche Rennen.


China verfügt laut USDA überdies anscheinend immer noch über relativ hohe Vorräte an Vollmilchpulver. Das sowie die oben genannten wirtschaftlichen Schwierigkeiten sprechen nach Ansicht der US-Analysten dafür, dass der erhoffte Befreiungsschlag der europäischen Pulverexporteure zumindest in Asien vorerst weitgehend ins Leere geht. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass China etwas mehr einführen wird als im letzten Jahr.


Flüssig läuft dort derzeit offenbar nur das Geschäft mit importiertem Vollmilchpulver für die Zubereitung von Babynahrung. Standardqualitäten werden hingegen vernachlässigt. Die EU wird daher die Erzeugung von Vollmilchpulver voraussichtlich weiter verringern. Und Neuseeland bremst ebenfalls, heißt es bei den US-Beobachtern.


Diese machen sich übrigens massive Sorgen um die eigene Wettbewerbsfähigkeit, z. B. am Weltmarkt für Magermilchpulver (vgl. Übers. 2). Denn der Dollar tendiert im Vergleich zu anderen Währungen fest, auch gegenüber dem Euro. Das verteuert US-Produkte und lockt sogar vermehrt Importware in die USA sowie in Staaten, die sonst Handelspartner der Nordamerikaner sind. Dazu zählt Mexiko. Hier konnten US-Händler 2015 zwar spürbar mehr Magermilchpulver absetzen als im Vorjahr. Gleichzeitig hat aber auch die EU den mexikanischen Markt verstärkt ins Visier genommen, und das durchaus erfolgreich. Gleiches gilt für Asien und mittlerweile auch für Nordafrika. Die EU verzeichnet Zuwächse, wenn auch moderate. Konkurrenten aus Übersee haben das Nachsehen.


Bei Käse ist die Lage ähnlich: Auf dem US-Binnenmarkt sowie in Japan, das amerikanische Händler normalerweise umfangreich beliefern, konnte die EU Marktanteile hinzugewinnen, und damit das verlorene Russland-geschäft mehr als ausgleichen. Neuseeland hat den amerikanischen Markt zwar ebenfalls stärker im Visier. Fakt ist aber: „Starke“ 70 % der Käseimporte in die USA stammten 2015 aus der EU. Das entspricht ca. 110 000 t. Und unsere Branche setzt alles daran, diese Marktanteile zumindest zu halten.


Durchhalten?

Damit kein falscher Eindruck entsteht: Die meisten Beobachter rechnen nicht damit, dass sich die Lage am Milchmarkt vor Mitte bzw. Ende des zweiten Quartals nachhaltig entspannt. Das Angebot an Rohmilch und Milchprodukten bleibt schließlich reichlich. Und das wissen auch die potenziellen Abnehmer. Derzeit finden bereits die Verhandlungen für Lieferungen im 2. und teils sogar schon 3. Quartal 2016 statt. Die Marktmacht liegt dabei auf der Nachfrageseite.


Die weitere Entwicklung steht und fällt also mit der Milchmenge. Bei uns pendeln die Anlieferungen vermutlich ab Mai/Juni saisonal zurück. Außerdem rechnen Beobachter mit wirtschaftlich bedingten Bremsmanövern. Je mehr das auch für andere „Milchländer“ gilt, desto eher lassen sich auch wieder bessere Erlöse durchsetzen. Vorerst ist das allerdings nach Meinung des USDA und anderer Analysten nichts als Spekulation. -me-

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