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Frittenware gesucht!

Lesezeit: 6 Minuten

Das lange Zeit zu nasse Wetter hat den Kartoffeln in Westeuropa zugesetzt. Das begrenzt die Erntemenge trotz größerer Anbauflächen, weiß Christoph Hambloch, Kartoffelexperte der AMI.


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Die Speisefrühkartoffeln haben es in diesem Jahr vorgemacht: Immer wieder keimten Spekulationen über ein knappes Angebot wegen Wachstums- und Reifeverzögerungen auf. Die Folge waren attraktive Preise. Tatsächlich knapp wurden die Frühen am Ende aber nicht. Das zeigt einmal mehr, wie wichtig die Stimmung für den Marktverlauf ist.


Das dürfte auch im Wirtschaftsjahr 2016/17 so sein. Die Chancen stehen gut, dass das bislang noch vergleichsweise hohe Preisniveau der Speisekartoffeln für die nächsten Wochen und Monate hält. Bei den Verarbeitungskartoffeln hat sich längst eine anbieterfreundliche Stimmung entwickelt.


Fläche schrumpft:

Als erstes „Barometer“ für die Marktsituation dient die Anbaufläche: Die vorläufige Schätzung weist 2016 für Deutschland 235500 ha aus – etwa 0,6% weniger als im Vor-jahr. Selbst wenn in Nordrhein-West-falen und Niedersachsen Norden und Westen tatsächlich etwas mehr Kartoffeln gepflanzt wurden, bleibt die Gesamtfläche in Deutschland immer noch die zweitkleinste der vergangenen Jahrzehnte. Vor allem in Niedersachsen hat sich außerdem das Anbauverhältnis zugunsten der Speisekartoffeln verschoben: Im Vergleich mit dem Vorjahr kommen die Verarbeitungskartoffeln auf ein Flächenplus von 1,1%, während die Speisekartoffelfläche um fast 11% gewachsen ist. Das auf der zusätzlichen Fläche theoretisch mögliche Plus an Speiseware wäre wohl ein Problem für den Markt. Wenn denn wirklich mehr geerntet wird.


Größere Ernte bei uns?

Das ist aber keineswegs sicher. Denn in vielen Anbauregionen waren die Anbaubedingungen 2016 nicht optimal. Teils kamen die Knollen schon zu spät in die Erde. Dann spielte das Wetter fast über die gesamte Wachstumsphase nicht mit:


  • Die zweite Aprilhälfte brachte einige Frostnächte.
  • Ende Mai machte sintflutartiger Regen besonders in der Westhälfte vielen Kartoffelbeständen zu schaffen. Verschlämmte Dämme, teils hochsitzende Knollennester und geringe Wurzeltiefen waren die Folgen.
  • Im Juni wurde es dann auch in Bayern zu nass, und im Norden fehlte es ebenfalls nicht an Regen.
  • Die Hitzewelle Ende August zwang vor allem spätere Sorten, die für die Pommes frites oder Flockenproduktion im Einsatz sind, zu früh in die Knie. Diese Sorten konnten bis dahin oftmals noch keine Übergrößen ausbilden.


Im Gegensatz dazu dürften die Speisekartoffelerträge in diesem Jahr aber im Schnitt höher als im Vorjahr liegen und die Gesamterntemenge vergrößern. Nachdem 2015 eine Erntemenge von 10,37 Mio. t zusammenkam, werden es diese Saison wohl eher zwischen 10,5 und 11,0 Mio. t sein.


Und bei den Nachbarn?

Die Erzeugung dürfte dagegen EU-weit insgesamt kleiner ausfallen als im Vorjahr. Die Fläche wurde zwar in einigen EU-Ländern ausgedehnt. Aber vor allem die französischen Landwirte, aber auch die Niederländer und Belgier haben deutlich mehr Fläche vor allem mit Verarbeitungssorten bestellt als 2015.


Das Plus in Westeuropa wurde allerdings schon Ende Mai/Anfang Juni durch Verluste relativiert. Beobachter gehen davon aus, dass in Frankreich, Belgien, Deutschland und den Niederlanden der gesamte Zuwachs bei der Anbaufläche durch Starkregen und Überschwemmungen vernichtet wurde. Insgesamt ist auf bis zu 6000 ha nichts mehr zu ernten.


Auch Bestände, die in den vergangenen Monaten nicht „abgesoffen“ sind, haben erheblich unter der lange anhaltenden Nässe gelitten. Besonders in Frankreich fehlt es verbreitet an Menge und Qualität. Gegen die Wetterunbilden hatten selbst neue Sorten, die eigentlich viel ertragsstärker sind, keine Chance. So zeigten Proberodungen in Belgien und Frankreich z.B. auch bei Fontane kleinere Erträge als 2015.


Marktkenner vergleichen die Ausgangslage für die Vermarktungssaison 2016/17 mit dem Vorjahr, als die ausgeprägte Sommertrockenheit vor allem die Speisekartoffelerträge regelrecht zusammenschmelzen ließ.


Zweigeteilter Markt:

Auch in die Vermarktungssaison 2016/17 startet der Markt zweigeteilt. Die absehbar knapperen Verarbeitungskartoffeln haben durchaus das Potenzial für hohe Preise. Dazu kommt die boomende Pommes-Nachfrage: Vor allem in Südamerika und im arabischen Raum wächst der Hunger auf die frittierten Kartoffelstäbchen. Die Exporte Belgiens, der Niederlande und Deutschlands haben sich zusammen innerhalb von 5 Jahren verdoppelt. In den ersten 11 Monaten des vergangenen Wirtschaftsjahres gingen gut 1 Mio. t Pommes frites von dort auf den Weltmarkt. Alleine dieses Jahr kamen im Beneluxraum über 1 Mio. t Verarbeitungskapazität hinzu.


Allerdings werden die wenigsten Kartoffelanbauer wohl vom Pommes-Boom profitieren, weil die Preise im überwiegenden Vertragsanbau früh festgezurrt werden. Nur wer in diesem Jahr noch nicht alles abgesichert hatte, konnte im August hohe Preise per Terminmarkt mitnehmen. Dort wurden für April 2017 Preise von über 19,00 €/dt notiert.


Profitiert Speiseware?

Eine mögliche Hausse bei der Verarbeitungsware kann auch dem Speisekartoffelmarkt zugute kommen. Dort waren zuletzt sowohl die Stimmung als auch die Preise deutlich besser als im Vorjahr, obwohl die Angebots- und Nachfrageentwicklungen zunächst anderes erwarten ließen.


Der Verkauf nach Ost- und Südosteuropa dürfte in diesem Jahr zwar wieder auf Normalmaß fallen (2015/16 wurden aus dem Nordwesten der EU deutlich über 600000 t Kartoffeln nach Südosteuropa vermarktet, gut 100000 t mehr als sonst). Der Speisekartoffelmarkt ist aber längst kein Massenmarkt mehr. Verbraucher und LEH fordern hohe und abgesicherte Qualitäten aus der jeweiligen Region.


Ob diese Speisequalitäten bei uns am Ende so reichlich sind, muss sich zeigen. Im August haben Vermarkter jedenfalls schon Partien aufbereitet, die sie in anderen Jahren verworfen hätten. So wurde schon früh Rohstoffschonung betrieben, um auch nach dem Winter bei den Regionalprogrammen noch gut aufgestellt zu sein.


Diese Bemühungen in den traditionellen Zufuhrgebieten Deutschlands bremsen in diesem Jahr offenbar den sonst saisontypischen Preisverfall spürbar ab. Anders ist es wohl kaum zu verstehen, dass Ende August für sehr gute Ware noch Erzeugerpreise nahe der Marke von 20 €/dt im Tagesgeschäft zu erzielen waren und für Standardqualitäten der Haupternte die Marke von 15 €/dt lange gehalten wurde.


Die Nerven behalten!

Der Absatz von Speisekartoffeln aus Niedersachsen wird im Herbst denn auch wohl nicht das Tempo des Vorjahres haben. Die Strategie muss lauten: Jetzt an den Speisemarkt weniger zu guten Preisen verkaufen und am Saisonende Restmengen anderweitig verwerten. Packer werden versuchen, zu günstigen Preisen viele gute Kartoffeln einzulagern, um neben der Versorgungsabsicherung auch gute Gewinne einzufahren. Landwirte haben das Recht, daran zu partizipieren. Sie müssen aber auch ihren Beitrag dazu zu leisten. -br-

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