Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aus dem Heft

Guter Weizen und Gerste haben noch Potenzial

Lesezeit: 6 Minuten

Kurz vor der Haupterntezeit lässt jeder neue Wetterbericht die Getreidepreise heftig ausschlagen. Wohin die Reise gehen könnte, erläutert Bernd Irps von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Kurz vorm Erntestart kam Bewegung in die Getreidepreise: In der ersten Julihälfte gingen die internationalen Terminkurse für Weizen für einige Tage regelrecht durch die Decke und legten zeitweise um bis zu 5% an einem Tag zu. An der Börse in Minneapolis (USA) erreichten die Tagesgewinne fast das sogenannte Limit-Up, also das maximal erlaubte Tagesplus. Mit diesen Vorgaben bewegten sich auch die Börsen in Chicago und Paris (Matif) kräftig nach oben. Zeitweise notierte der maßgebliche Dezember- Termin knapp unter 190 €/t.


Als Auslöser für die jüngste Hausse gilt die Hitzewelle in den Weizengebieten der USA. Trockenheit und hohe Temperaturen haben besonders dem Sommerweizen zugesetzt. Beobachter erwarten hier größere Ernteeinbußen.


Auf die Kurssprünge reagieren auch die Märkte bei uns. Am Großhandelsplatz Hamburg notierte B-Weizen zuletzt 3 bis 4 €/t unter dem Kurs des Dezember-Termins an der Matif und damit bei 183 bis 184 €/t. Das bedeutete z.B. für die Mitte Schleswig-Holstein einen ex Ernte-Preis von knapp 170 €/t für den Erzeuger.


Nur ein Strohfeuer?

Hält das Hoch oder ist die Hausse nur eine Eintagsfliege? Antworten könnten Blicke auf die Ernten in der EU und in die wichtigen Exportregionen geben:


  • In Russland verzögert sich derzeit die Weizenernte, die zudem kleiner ausfallen soll als im Vorjahr. Allerdings sollen in Russland noch Bestände aus der letzten Saison liegen, somit ist wieder mit einem großen Exportpotenzial zu rechnen. Die russischen Exportpreise liegen derzeit bei umgerechnet 170 €/t. Dagegen kämen deutsche Gebote derzeit nicht an. Die Preisrallye in den USA ist aber auch in Russland angekommen, russische und deutsche Exportpreise nähern sich wieder an.


Auch aus der EU kommen immer wieder Meldungen über ungünstige Witterungsbedingungen. Zuletzt hat die EU-Kommission ihre Schätzungen angepasst. So wird aktuell für die EU von einer Weichweizenernte in Höhe von 138,9 Mio. t ausgegangen, das sind rund 2,4 Mio. t weniger als in der vorherigen Schätzung aus dem Mai:


  • In Frankreich soll die Ernte mit gut 36 Mio. t zwar gut 30% größer ausfallen als im katastrophalen Vorjahr. Verbreitete Niederschläge ließen aber bereits Sorgen um die Qualitäten aufkommen.
  • In Spanien drohen massive Ernteausfälle durch Trockenheit.
  • In Deutschland wurden zuletzt rund 25,4 Mio. t Weizen erwartet, plus 4%.


Mit diesen Prognosen würde EU-weit das Vorjahresniveau um 4 Mio. t übertroffen. Bei einem leicht reduzierten Verbrauch von 116 Mio. t schätzt man den Export im angelaufenen Wirtschaftsjahr auf 26,5 Mio. t, das sind rund 2 Mio. t mehr als im Vorjahr, das Niveau der Vorjahre wird damit aber nicht erreicht. Am Ende des nächsten Wirtschaftsjahres sollen dann noch 10,8 Mio. t im Lager sein. Das ist trotzdem ein vergleichsweise geringes Polster, was den Weg ebnet für größere Preisschwankungen, wie wir sie derzeit ausgelöst durch die Wetterkapriolen sehen. Kurz vor Erscheinen dieser Ausgabe legten die Börsenkurse denn auch schon wieder den Rückwärtsgang ein.


Guten Weizen wegpacken?

Trotzdem keimten mit den steigenden Preisen in Übersee auch hierzulande die Hoffnungen, dass sich die höheren Weizenqualitäten deutlich nach oben absetzen könnten. Bei Redaktionsschluss wurde A-Weizen in Hamburg zwar nur 8 €/t höher als der Brotweizen gehandelt. Deutlicher hob sich aber der E-Weizen mit rund mit 27 €/t gegenüber Brotweizen ab. Diese hohe Differenz ist auch durch eine steigende Nachfrage nach E-Qualitäten aus Deutschland, Polen und dem Baltikum entstanden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob man besser Futterweizen oder E-Weizen einlagern soll. In der Ernte oder auch kurz davor sind die Unsicherheiten über die zu erwartenden Mengen und Qualitäten besonders groß. Bei den Preisen ergibt sich daraus ein Sicherheitsabstand, der dann im Laufe des Wirtschaftsjahres wieder zusammenschrumpft. In den letzten Jahren haben sich die Preise für die verschiedenen Qualitäten am Ende sogar fast angeglichen. Es hätte sich gelohnt, zunächst den besseren Qualitätsweizen zu vermarkten und mit dem Futterweizen bis zum Schluss zu warten.


Auch wenn die Hemmschwelle hoch ist, das Lager für die niedrigeren Qualitäten zu „opfern“: Es könnte durchaus Sinn machen, die aktuelle hohe Differenz zwischen Futter- und E-Weizen zu nutzen und E-Ware bald zu verkaufen – ex Ernte oder auch zu einem späteren Lieferzeitpunkt.


Gerste höchst unterschiedlich:

In den meisten Regionen dürften Sie noch etwas Zeit für Ihre Entscheidung haben: Mitte Juli liefen die Mähdrescher in Deutschland noch in der Gerste. Je nach Region wurde von sehr unterschiedlichen Ergebnissen berichtet. Das reicht von niedrigen bis gut ausreichenden Naturalgewichten bis hin zu hohen und enttäuschenden Erträgen. Aus Schleswig-Holstein kommen aktuell Meldungen über recht hohe Erträge und guten Qualitäten. Insgesamt dürfte die Ernte wohl das Niveau des Vorjahres mit kleineren Abweichungen erreichen.


In den vergangenen Wochen kletterte der Gerstenpreis in kleinen Schritten aber stetig nach oben. Zuletzt boten die Mischfutterhersteller in Südoldenburg bis zu 155 €/t für neue Gerste. Einige Erzeuger nutzten diesen Preis für den Verkauf, andere spekulieren aber auch bei einer kleineren Ernte in der EU sowie auf dem Weltmarkt auf eine enger werdende Versorgungsbilanz. So wird für die EU aktuell von einer Gersten- ernte in Höhe von 57 Mio. t ausgegangen, das sind 2,5 Mio. t weniger als in der vorherigen Schätzung. Infolge der geringeren Ernte wurde der Verbrauch in der Verfütterung schwächer eingeschätzt und zwar von 41 auf 38 Mio. t in diesem Jahr. Die Exporte sollen nach den Einschätzungen der EU 7 Mio. t erreichen, das wären nochmals 1,1 Mio. t weniger als im Vorjahr, das auch schon mit einem Exportminus schloss.


Angesichts der kleineren Welternte, insbesondere auch in den exportierenden Ländern, könnte es am Weltmarkt also tatsächlich noch eng werden. Das könnte den Preis weiter nach oben treiben und die Differenz zum Weizenpreis weiter einengen. Wer darauf setzen will und seine Gerste erstmal „wegpackt“, braucht aber einen langen Atem – und sollte die Lagerkosten im Blick behalten. Denn spürbare Preissteigerungen erwarten viele Beobachter erst in der zweiten Hälfte des Wirtschaftsjahres.


Stattdessen Roggen?

Die Roggen- ernte wird ebenfalls bald starten. Durch Trockenheit geschädigte Bestände auf sehr leichten Standorten düften bei Erscheinen dieser top agrar-Ausgabe schon gedroschen sein. Normalerweise dümpelt der Markt für dieses Getreide vor sich hin und orientiert sich an der Entwicklung der anderen Getreidearten. In Deutschland bewegt sich die Verwendung in der menschlichen Ernährung im Bereich von 0,9 Mio. t, der Rest der 2017 erwarteten Ernte in Höhe von 3 Mio. t wird über den Futtertrog, zum Teil auch über die Biogas- und Ethanolanlagen, verwertet. Zum Schluss des letzten Wirtschaftsjahres wurde Roggen überraschend knapp. Es sind wohl doch größere Mengen als erwartet in die Biogasanlagen gewandert.


In der neuen Saison 2017/18 könnte zusätzliche Nachfrage aus dem Futterbereich den Roggenmarkt stützen. Als Ausgleich für die fehlende Gerste dürften mehr Roggen als üblich in diese Richtung abfließen. Das könnte sich auch positiv auf die Erzeugerpreise auswirken.-br-

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.