Von Euphorie kann keine Rede sein, aber die Stimmung am Getreidemarkt ist zumindest etwas besser geworden. Ist das der richtige Moment, um die Erzeugerläger zu leeren?
Viele Landwirte trennen sich jetzt von ihren restlichen Getreidebeständen der Ernte 2017. Die Preise wurden zuletzt aufgebessert. „Ich bin mir aber nicht sicher, dass dieser Trend lange Bestand haben wird“, begründet ein niedersächsischer Ackerbauer die Entscheidung, seine Restmengen zeitnah zu verkaufen. Und vermutlich ist das richtig. Selbst Optimisten glauben nicht an eine durchgehende Wende zum Besseren.
Wettermarkt und Co.:
Derzeit prägen in der Tat etliche Faktoren den Getreidemarkt, die voraussichtlich keine sehr lange Halbwertzeit haben werden:- Die heimischen Mühlen und Futtermischer haben zwar endlich begonnen, sich ihre Anschlussversorgung mit Brot- und Futtergetreide zu sichern. Teils sollen dabei schon Vorkontrakte bis zum Sommer 2018, also bis zur nächsten Ernte, abgeschlossen worden sein. Sobald der vordere Bedarf aber gedeckt ist, wird die Nachfrage zurückpendeln.
- Zeitweilig haben auch Berichte über widrige Witterungsbedingungen den Getreidenotierungen bei uns und in Übersee Auftrieb gegeben. In Südamerika soll es z.B. zu trocken und in Osteuropa zu kalt gewesen sein. Deshalb wurden die Ernte- bzw. Angebotsprognosen für die entsprechenden Gebiete reduziert. Dabei sind einige Beobachter allerdings wohl etwas übers Ziel hinausgeschossen, heißt es in Fachkreisen. Die Börsianer sehen das offenbar ähnlich. Einen Teil der vorherigen Gewinne haben beispielsweise die Terminkurse für Weizen an der Pariser Matif schon wieder abgegeben.
- An einigen Standorten, vor allem im Norden und Nordwesten Deutschlands, haben zuletzt neben den heimischen Verarbeitern auch Drittlandexporteure vermehrt Weizen und Futtergerste (vgl. Übersicht) geordert. Dafür werden durchaus attraktive Prämien bewilligt. Diese sollte man sich nicht entgehen lassen. EU-Exporteure klagen nach wie vor über knallharte Konkurrenz aus Osteuropa – von winterlichen Verladeproblemen war in dieser Saison am Schwarzen Meer keine Rede. Anbieter aus Übersee sind ebenfalls auf der Suche nach Absatzmärkten. „Und der relativ hohe Kurs des Euro macht uns nach wie vor ebenfalls zu schaffen“, sagt ein international tätiger Getreidehändler.
Viel Spekulation am Markt:
Ein weiteres Damoklesschwert, das über dem Getreidemarkt schwebt, ist die Afrikanische Schweinepest (ASP). „Wir wollen es nicht hoffen, aber mit dem ersten ASP-Fall wird die Nachfrage nach Mischfutter und auch nach Getreide einbrechen“, sagt ein ostdeutscher Beobachter. Noch sei das allerdings nur Spekulation und ein sehr fadenscheiniger Vorwand, schon jetzt die Erzeugerpreise für Getreide zu deckeln.Lassen Sie sich davon nicht verunsichern! Es lohnt sich, hart zu verhandeln. Das gilt z.B. in Norddeutschland erstmals seit geraumer Zeit auch für den E-Weizen (14% Protein und mindestens 250 sek. Fallzahl). In der Nähe der der Exporthäfen Hamburg und Rostock erzielen solche Qualitäten Prämien von 25 bis 35 €/t auf die Kurse für Standardweizen. Das ist immer noch enttäuschend. „Wir waren aber auch schon bei kläglichen 10 bis 15 €/t“, gibt ein Marktexperte zu bedenken. Auch an anderen Standorten ist E-Weizen etwas besser gefragt. Die Preisunterschiede zwischen A-, B- und Futterweizen sind hingegen verschwindend klein.
Jörg Mennerich