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Verschleudern Sie Ihre Schlachtkühe nicht!

Lesezeit: 5 Minuten

An der Notierung für Ihre Altkühe können Sie nichts ändern, an der Marktfähigkeit Ihrer Tiere schon, meint Dr. Frank Greshake von der LWK NRW.


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Quotenende, stagnierende Milchpreis, steigende Kosten – in der Milchproduktion zählt jeder Euro. Das gilt auch für den Schlachtkuhverkauf.


Bei den schwankenden Notierungen ist das allerdings leichter gesagt als getan. Im ersten Halbjahr 2014 waren bei hohen Milchpreisen die Kühe knapp; die Preise erreichten ein Niveau von deutlich über 3 €/kg SG (Schlacht-gewicht). Im Herbst wendete sich das Blatt dann aber: Wegen der fallenden Milchpreise und der drohenden Superabgabe kamen bis Jahresende viele Schlachtkühe an den Haken. Zum Teil wurden Transport-, Schlacht- und Zerlegekapazitäten knapp. Die Preise fielen unter 2,50 €/kg SG für die O-Kuh.


Seit Januar 2015 geht es wieder anders herum: Kühe werden nur geschlachtet, wenn es unbedingt nötig ist. Die Preise sind auf 3,10 €/kg SG und mehr für die 330 kg schwere Standard-O-Kuh geklettert (siehe Übersicht). Trotz fallender Bullenpreise könnten die Notierungen sogar noch weiter steigen. Denn bis in den Herbst hinein dürfte das Schlachtkuhangebot knapp bleiben, während der Absatz konstant läuft.


Welche Bedeutung das Altkuhgeschäft inzwischen erreicht hat, zeigt Folgendes: In Deutschland werden immer mehr Kühe geschlachtet, während die Jungbullenmast an Bedeutung verliert. Vorübergehende Bestandsauf­stockungen in den letzten zwei Jahren ändern nichts am langfristigen Trend. Seit Anfang des Jahres bis Mitte März 2015 wurden in Deutschland nur noch 231 000 Jungbullen und schon 217 000 Kühe geschlachtet. Immer weiter nähern sich Bullen- und Altkuhschlachtungen an. In Zukunft wird sich die deutsche Rindfleischerzeugung wohl noch mehr auf das „Nebenprodukt Altkuh“ konzentrieren.


Zu viele magere Kühe!

Doch von den inzwischen wieder gestiegenen Preisen profitieren längst nicht alle Anbieter von Schlachtkühen. Wer die Entwicklung der Handelsklassen und Schlachtgewichte in den letzten Jahren verfolgt hat, konnte eine gewisse Tendenz zur mageren Kuh feststellen. Die Zucht auf Milchleistung hat deutliche Spuren hinterlassen. Die Kühe sind weniger fleischig, dafür aber insgesamt größer geworden. Lag vor Jahren das Durchschnittsgewicht in der Handelsklasse O3 bei ca. 320 kg, liegt es heute zwischen 330 und 334 kg.


Der Anteil der besser beurteilten O-Kühe war vor 10 Jahren noch deutlich größer. Nimmt man die Fleischrinderkühe aus der Notierung heraus, so liegt in Nord- und Nordwestdeutschland der Anteil P-Tiere inzwischen bei über 40 % (im Osten sogar noch darüber). In Zeiten eines kleinen Angebotes schafft es nur jede zweite Altkuh in die besser bezahlte Handelsklasse O.


Auch der Anteil der O2 klassifizierten Kühe ist gestiegen, während weniger Tiere es in die besser vergütete Stufe O3 schaffen. Zwei Gründe für den Qualitätsabfall der Schlachtkörper:


  • Vielen Haltern fehlen Stallplätze, Futter, Vieheinheiten oder schlichtweg die Zeit, Kühe aufzufleischen.
  • Selbst wenn man sie ließe: So manche HF-Kuh wird bei nachlassender Milch­leistung nur noch fett, und die Futterverwertung ist oft desaströs.


So ist es durchaus verständlich, wenn viele Landwirte ihre Altkühe möglichst ohne weitere Kosten einfach nur verkaufen wollen, selbst wenn dadurch bei Auszahlungspreis und Erlösen empfindliche Abzüge drohen.


Passt die Klassifizierung noch?

Nicht alle enttäuschenden Klassifizierungen haben ihre Ursache aber in der Genetik oder in der Fütterung der Tiere. Für Fragen oder Ärger sorgen oft auch:


  • Optische Täuschung: Hängt die Kuh am Haken, zieht sich die Keule nach innen. Was lebend noch wie eine knappe O-Kuh aussieht, kommt am Haken oft nicht über ein „P“ hinaus.
  • Altes Muster: Immer noch gilt für den neutralen Klassifizierer das uralte DLG-Schnittführungsschema. Dieses wurde zu Zeiten rot- und schwarzbunter Kühe, die ohne HF-Faktor gezüchtet wurden, entwickelt. Aber: Bei genauer Auslegung, und wenn es ausschließlich nach diesem veralteten Schema ginge, kämen in der nördlichen Hälfte Deutschlands noch wesentlich mehr Kühe in die Handelsklasse „P“. Beschweren beim Klassifizierer hilft also meist nicht.
  • Fehlende Objektivität: Nach wie vor gibt es Unterschiede zwischen Schlachtbetrieben in den Anteilen „O“ und „P“. Solange Kühe subjektiv, also „per Auge“ klassifiziert werden, wird das auch so bleiben.
  • Mangelnde Transparenz: In Niedersachsen werden bei der amtlichen Großvieh-Notierung nur Handelsklassen, aber keine Gewichte veröffentlicht. Für P2- und P1-Kühe findet man überhaupt keine offiziellen Preise und Gewichte. In Bayern fehlen die Gewichte ebenfalls.


Das zeigt: Aus einem „Kleiderständer“ wird keine O3-Kuh werden. Auf eine korrekte Klassifizierung haben Landwirte aber Anspruch. Eine Garantie dafür gibt es derzeit leider noch nicht. Hier muss die Schlachtbranche dringend nachbessern.


Schlachtfärsen zu leicht.

Nicht nur alte Kühe werden oft unter Wert verkauft, sondern zunehmend auch Färsen. Allein in NRW werden wöchentlich 700 bis 800 Färsen geschlachtet, mit durchwachsenen Schlachtergebnissen: Nur rund 200 dieser Tiere werden in R3 und besser klassifiziert.


Der Rest werden dann wohl gemerzte Milchrinderfärsen der Handelsklasse O sein – könnte man vermuten. Tatsächlich werden aber jede Woche mehrere hundert Färsen in die niedrigeren Handelsklassen P1 bis P3 eingestuft. Wie ist das möglich?


Früher wurden nicht tragend gewordene Färsen erst geschlachtet, wenn sie nach errechneter Tragezeit nicht abkalbten. Heute werden sie früher besamt und beizeiten auf Trächtigkeit untersucht. Und bei knappen Aufzuchtplätzen gehen die „Leeren“ jünger und entsprechend leichter an den Haken. Die Folgen: Wo früher für Färsen oft mehr als 300 kg SG notiert wurden, kommt man heute nur noch auf 260 – 300 kg Schlachtgewicht, und das Tier bekommt eine P-Klassifizierung. Das kostet, denn die Differenz zwischen P3- und O3-Notierung beträgt 50 Cent/kg; bei P2 liegt das Minus sogar bei 70 Cent pro kg. So fehlen schnell fast 200 €/Tier!


Dabei muss speziell bei gesunden Färsen doch die Frage erlaubt sein, ob diese mit Untergewicht und P-Erlösen vermarktet werden müssen. Eine knappe O-Klasse können diese Tiere meist noch erreichen, wenn sie etwas schwerer gemacht würden.

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