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Was will der Verbraucher?

Lesezeit: 6 Minuten

Mehr „Bio“ und weniger Fleisch? Und wie wichtig ist der Preis für das Einkaufsverhalten? Helmut Hübsch von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) weiß, wie der deutsche Konsument tickt.


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Die Deutschen sind in Konsumlaune. Die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosenquote sinkt, und die Reallöhne steigen. Kurzum: Es gibt wenig Grund zu sparen. Auch deshalb stiegen die privaten Ausgaben der Bundesbürger in 2015 um 2,6% im Vergleich zum Vorjahr. Im laufenden Jahr sollen die Ausgaben sogar um weitere 3% steigen.


Davon müsste doch auch der Verbrauch von Nahrungsmitteln profitieren, sollte man meinen. Eher nicht! Die sogenannten Food-Ausgaben stiegen zuletzt lediglich um 1,3% und die abgesetzte Menge konnte sogar nur um 0,7% zulegen. Dabei muss man allerdings zwischen den Warengruppen differenzieren, denn es gibt Gewinner und Verlierer.


Obst und Gemüse gewinnen.

Obst, Gemüse und Kartoffeln waren die größten Umsatz-Gewinner, für die die Deutschen 2015 etwa 1 Mrd. € mehr ausgaben als im Vorjahr. Gleichzeitig fielen die Verbraucherausgaben für Molkereiprodukte (weiße Linie) aber um 240 Mio. € niedriger aus. Zu den Verlierern zählen zudem Käse und Fleischwaren. Ein Grund für diese uneinheitliche Entwicklung ist der Preis. Während sich Gemüse und Obst um rund 8% verteuerten, gingen die Verbraucherpreise für Molkereiprodukte um 3 bis 6% nach unten.


Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der Preis immer weniger Einfluss auf die Konsummenge hat: So ging der Preis für Konsum-Milch zwischen 2014 und 2015 um mehr als 10% zurück (Übersicht 1). Die abgesetzte Milchmenge stieg allerdings nicht, sondern ging sogar leicht um 1% zurück. Bei Gemüse stiegen die Preise hingegen im gleichen Zeitraum um über 10%, während sich der Absatz leicht erhöhte (Übersicht 2).


Die heutige Wohlstandsgesellschaft verkraftet offenbar steigende Preise problemlos. Möglicherweise liegt es daran, dass der Anteil des Haushaltseinkommens, der für Lebensmittel aufgewendet wird, mittlerweile weniger als 15% beträgt.


Fleisch bleibt auf dem Teller.

Im Prinzip gilt dies auch für den Verzehr von Fleisch und Wurst. Hier gibt es allerdings weitere Einflussfaktoren, die seit einigen Jahren zu einem generellen Rückgang der Verbräuche führen. So betrug die Einkaufsmenge pro Haushalt 2012 noch rund 40 kg und fiel bis 2015 auf nur noch 38 kg. Innerhalb von vier Jahren ging die durchschnittliche Einkaufsmenge damit um 5% zurück. Erklärt wird dies zumeist mit dem schlechten Image der Fleischbranche und der gesellschaftlichen Kritik am Fleischkonsum.


Letztlich sind auch das aber nur Spekulationen, die zum Teil sogar im Widerspruch zu den GFK-Zahlen stehen. Eine generelle Abkehr vom Fleisch ist derzeit nämlich nicht zu erkennen. Denn die sogenannte Käuferreichweite, also die Frage „Wie viele Haushalte haben in einem bestimmten Zeitraum Fleisch gekauft?“, sinkt nur marginal und lag auch 2015 bei über 96%. Das heißt, 96 von 100 Haushalten kaufen regelmäßig Fleisch. Allerdings geht die Einkaufshäufigkeit spürbar zurück. Hat der Durchschnittshaushalt 2012 noch 37 Mal im Jahr zum Fleisch gegriffen, waren es vier Jahre später zwei Mal weniger. Der Mengenrückgang trifft zudem nicht alle Fleischarten gleich. Während Schweine- und Putenfleisch seit Jahren zu den Verlierern zählen, können Hähnchenfleisch und zuletzt auch Rindfleisch in der Gunst der Verbraucher sogar zulegen.


Verbraucher im Wandel:

Um zu verstehen, warum sich Verbrauchsmengen verändern, muss man sich auch stets den Menschen selbst bzw. dessen Lebenswandel anschauen. Der Verbraucher des Jahres 2015 hat nur noch wenig mit dem Verbraucher aus den 80er-Jahren gemein.


Drei Effekte schlagen dabei besonders auf die Konsum- bzw. Einkaufsgewohnheiten durch:


Das alles hat auch Folgen für unsere Ernährung:


  • Außer-Haus-Verzehr steigt.
  • Nachfrage nach Essen „to go“ steigt.
  • Wachsendes Bedürfnis nach bewusster Ernährung.
  • Immer mehr Verbraucher leiden unter der „Kochlegasthenie“, d.h. das klassische Kochen zu Hause wird seltener.


Diese Trends sind unaufhaltsam und führen zu ganz unterschiedlichen Kochtypen, die nach und nach den Alltagskoch, wie wir ihn von früher kennen, verdrängen:


  • Außer-Haus-Esser
  • Aufwärmer
  • Snacker
  • Gelegenheitskoch
  • Wochenendkoch
  • Rohkostbereiter
  • Edelkoch


Jeder Kochtyp hat auch bestimmte Vorlieben beim Fleischeinkauf. Während der Edelkoch zumeist auf Rind- und Kalbfleisch setzt, greifen die sogenannten Aufwärmer eher zum Schwein.


Ein weiterer Trend, der sich seit Jahren hält und im Zusammenhang mit der bewussten Ernährung zu sehen ist, ist die Nachfrage nach „bio“. Die Ökoanteile bei Obst, Gemüse und Kartoffeln liegen mittlerweile bei 8% und bei Molkereiprodukten zwischen 4 und 8%. Und es scheint sogar noch Luft nach oben zu geben. Allein im vergangenen Jahr stieg für diese beiden Gruppen der Anteil um 10% und mehr. Beim Fleisch ist der Öko-Anteil hingegen deutlich geringer mit gut 2%, aber auch hier stieg die Nachfrage zuletzt spürbar.


Fleischärmer, nicht fleischlos.

Wer jetzt allerdings glaubt, der Deutsche steigt zunächst auf „bio“ um, um anschließend ganz auf Fleisch zu verzichten, der irrt. Die GfK-Umfragen zeigen seit vielen Jahren, dass der Anteil der Vegetarier-Haushalte nur sehr langsam steigt und nach wie vor unter 5% liegt (Übersicht 3). Viel bedeutender ist die Gruppe der sogenannten Flexitarier. Das sind Personen, die aus verschiedenen Gründen (Skandale, Klimawandel, Gesundheit etc.) bewusst weniger Fleisch essen wollen. Schon vor vier Jahren fiel jeder fünfte Haushalt in die Kategorie Flexitarier. Und es werden immer mehr. 2016 war es schon fast jeder vierte Haushalt in Deutschland. Das geht eindeutig zulasten der immer noch größten Gruppe: Haushalte mit klassischen Fleischessern. Ihr Anteil ist seit 2012 von 76% auf „nur“ noch rund 72% gefallen.


Zu welcher Gruppe jemand gehört, hängt offenbar auch vom Alter ab. Bei den Ein- bis Zweipersonen-Haushalten unterscheidet man zwischen den Haushalten mit jüngeren und älteren Bewohnern. So repräsentieren die „jüngeren Haushalte mit ein bis zwei Personen“ etwa 23% aller Haushalte. Unter den Flexitariern stehen sie aber schon für jeden dritten Haushalt. Bei den „älteren Haushalten mit ein bis zwei Personen“ ist es genau umgekehrt. Sie stehen für 51% aller Haushalte. Betrachtet man jedoch nur die Flexitarier-Haushalte, so kommen die „Alten“ nur auf rund 40% Anteil.


Mittelfristig ist damit zu rechnen, dass der Fleischkonsum weiter zurückgeht. Damit einher geht auch der Trend zu den sogenannten Fleischanalogprodukten. Im deutschen LEH stieg der Absatz von diesem Fleischersatz im vergangenen Jahr um rund 30% auf ca. 21000 t im Vergleich zum Vorjahr. Gemessen am Gesamtmarkt für Fleisch von über 1,4 Mio. t sind Fleisch-ersatzprodukte allerdings nach wie vor nur eine Nische und dürften es trotz starkem Wachstum vorerst auch bleiben. -ab-

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