Damit hat wohl kaum einer gerechnet: In der ersten Ausschreibungsrunde für die Stromproduktion mit Windparks auf hoher See lag das Höchstgebot bei 6 Cent je Kilowattstunde. Einige Gebote sogar bei nur 0 Cent. Diese Investoren trauen sich also zu, Windkraftanlagen in der Nordsee ohne Förderung zu bauen. Vor ein paar Monaten, als das EEG noch feste Vergütungssätze vorsah, hätten die gleichen Anlagen noch deutlich mehr Subventionen erhalten1).
Haben die Kritiker der Erneuerbaren Energien also recht gehabt? Hat die Offshore-Branche in den vergangenen Jahren eine viel zu hohe Vergütung abgesahnt?
Um diese Fragen beantworten zu können, ist es noch zu früh. Dafür ist das neue Ausschreibungsmodell mit zu vielen Unsicherheitsfaktoren behaftet. Denn die Investoren stehen durch das Gebotsverfahren unter einem extremen Kostendruck. Sie versuchen, ein möglichst niedriges Gebot abzugeben, nur um einen Zuschlag zu erhalten. Dabei setzen sie offensichtlich auf steigende Börsenstrompreise und sinkende Kosten für die Anlagen. Anders lassen sich die niedrigen Gebote kaum erklären.
Bis die Anlagen aber den ersten Strom erzeugen, vergehen möglicherweise bis zu acht Jahre. Ob die Strompreise tatsächlich in diesem Zeitraum steigen und die Anlagen günstiger werden, kann niemand verlässlich vorhersagen.
Was, wenn die Strompreise nicht steigen und die Windkraftanlagen teurer werden? Dann könnte das eintreten, was die Politik derzeit nicht auf ihrer Agenda hat: Die Projekte werden erst gar nicht realisiert. Deutschland muss allerdings seine selbst gesteckten Ziele erreichen, wenn die Energiewende gelingen soll. Der Ausstieg aus der Atomkraft oder der Kohle wird sonst nicht gelingen.
Die Regierung ist daher gut beraten, ihre Vorgaben für das Ausschreibungsverfahren daher anzupassen. Nicht das billigste Gebot darf einen Zuschlag erhalten, sondern nur das wirtschaftlichste. Und das ist ein großer Unterschied.
1) Bei einer Inbetriebnahme im Jahr 2016 sah das alte EEG eine Grundvergütung von 3,9 Cent je Kilowattstunde und eine erhöhte Anfangsvergütung von 15,4 Cent je Kilowattstunde vor. Nach dem Stauchungsmodell hätte die Anfangsvergütung sogar 19,4 Cent je Kilowattstunde betragen.