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„Wir brauchen die offenen Märkte“

Die weltweit neu entflammten Handelsstreitigkeiten zeigen: Der Freihandel wird wieder in Frage gestellt. Auch bei uns werden Importverbote von Soja aus Südamerika oder Palm aus Ostasien gefordert. Ein Gastkommentar von Jaana K. Kleinschmit von Lengefeld, Präsidentin vom Ölsaatenverband OVID.

Lesezeit: 4 Minuten

Die weltweit neu entflammten Handelsstreitigkeiten zeigen: Der Freihandel wird wieder in Frage gestellt. Auch bei uns werden Importverbote von Soja aus Südamerika oder Palm aus Ostasien gefordert. Ein Gastkommentar von Jaana K. Kleinschmit von Lengefeld, Präsidentin von OVID Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland.


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Die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und der EU und noch stärker zwischen den Amerikanern und China zeigen: Der Freihandel wird in Frage gestellt. Auch bei uns gibt es Politiker, die z. B. ökologisch motivierte Importverbote von Soja aus Südamerika oder Palm aus Ostasien fordern. Diese Entwicklung, sollten wir sehr ernst nehmen, denn wir brauchen offene Agrarmärkte: Sie sichern die Wirtschaftskraft der ländlichen Räume, helfen im Kampf gegen den Klimawandel und sorgen weltweit für mehr Nachhaltigkeit.


Ländlicher Raum verliert an Wirtschaftskraft


Soja wächst in Nord- und Südamerika, Palmöl in Südostasien und Weizen überwiegend in Europa, d. h. jede Feldfrucht in ihren Gunstregionen entsprechend ihrer genetischen Anlagen und klimatischen Anforderungen. Nachgefragt werden sie in allen Regionen, deshalb werden Agrargüter weltweit gehandelt.

Wir haben in Deutschland bei Eiweißfuttermitteln einen Selbstversorgungsgrad von gerade einmal 35 Prozent. Um dieses Defizit auszugleichen sind Importe unumgänglich. Hinzu kommt, dass Soja hinsichtlich Gehalt und Qualität von Eiweiß, Flächeneffizienz und Preis allen anderen Eiweißpflanzen deutlich überlegen ist.


Um die deutschen Sojaimporte vollständig zu ersetzen, müssten wir die heimische Anbaufläche mehr als verdoppeln - zu Lasten des Getreideanbaus. Deutschland würde damit wieder zum Nettoimporteur von Getreide. Der Gießener Agrarökonom, Professor Peter Michael Schmitz, hat die Kosten einer solchen Umstellung 2015 mit zehn Milliarden Euro beziffert. Wertschöpfung, die dem ländlichen Raum verlorenginge. Das kann politisch nicht gewollt sein.


Klimawandel verlangt nach offenen Agrarmärkten


Auch der Klimawandel zwingt zum internationalen Handel. Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen in den kommenden Jahren weltweit um etwa zehn Millionen Hektar pro Jahr schrumpfen. Gleichzeitig steigt die Zahl der Weltbevölkerung, und noch immer hungern rund 800 Millionen Menschen.


Äcker effizient und modern zu bewirtschaften sowie nachhaltige Produktivitätssteigerungen durch Innovationen zuzulassen, ist daher unumgänglich und moralisch geboten. Um die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern, empfiehlt das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) offene Agrarmärkte. Dadurch seien betroffene Länder in der Lage, den Mangel oder Überschuss an Grundnahrungsmitteln untereinander auszugleichen.


Vor allem ärmere Menschen in den Ballungsgebieten der Entwicklungsländer, die prozentual einen höheren Anteil ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben müssen, würden davon profitieren. Protektionismus behindert dies und kann weltweit zu Einbußen von bis zu 2,5 Billionen US-Dollar in der Landwirtschaft führen, lässt die Preise steigen und fördert Hunger und Leid.


Importverbote untergraben Nachhaltigkeitsinitiativen


Dass der Soja- und Palmanbau nachhaltiger werden muss, hat die Verarbeitungsindustrie bereits vor Jahren erkannt: Sie treibt den Aufbau nachhaltiger Lieferketten von Soja, Palm oder Kakao durch Zertifizierungen und Rückverfolgbarkeitssysteme erfolgreich voran.


Beispiel Palmöl: Heute sind rund zwei Drittel des in Europa verarbeiteten Palmöls nachhaltig zertifiziert. Eine gewisse Dynamik gibt es inzwischen auch bei Soja: Bereits seit 2006 besteht das Soja-Moratorium in Brasilien. Darin hat sich eine breite Allianz aus Regierung, Verarbeitungsindustrie, Handel und NGOs verpflichtet, auf Soja von Flächen der Amazonasregion zu verzichten, die nach Juli 2008 urbar gemacht worden sind.


Tatsache ist aber auch, dass die Nachfrage nach nachhaltig zertifizierten Produkten bis heute weitgehend auf Deutschland und die EU beschränkt bleibt. Andere Länder ziehen nicht mit. Landnutzungsänderungen lassen sich daher nicht von deutschen, nicht einmal europäischen Schreib- und Esstischen aus verhindern. Dennoch haben nationale Initiativen für mehr Nachhaltigkeit eine wichtige Vorbildfunktion.


Am Ende ist eine klima- und umweltverträgliche Landbewirtschaftung nur im Dialog mit den Erzeugerländern machbar. Importverbote, etwa für Soja oder Palm, würden alle bisherigen Anstrengungen ins Leere laufen lassen.


Wir sollten WTO und UNO stärken


2015 haben die Vereinten Nationen die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ verabschiedet. Der im Vertrag formulierte Wandel zu einer „besseren Welt“ kann nur über freien Handel von Agrargütern gelingen. Weniger Hunger, mehr Nahrungsmittelsicherheit und eine flexible Reaktion auf Klimaschäden sind Errungenschaften offener Märkte. Abschottung lässt dagegen Preise steigen, fördert Ungleichheiten und mündet letztendlich in Migration - auch nach Deutschland.


Um das zu verhindern sollten Politik und Wirtschaft die Welthandelsorganisation (WTO) und die Vereinten Nationen (UN) stärken. Diese Institutionen stehen für freien Handel. Abschottung – egal von welcher Seite, ob national oder ökologisch verpackt – löst kein Problem. Handelsstreitigkeiten, die in einseitigem Protektionismus enden, schaden am Ende allen.


Hinweis der Redaktion: Gastbeiträge geben nicht in allen Fällen die Meinung der Redaktion wieder. Wir veröffentlichen Sie, wenn wir den Inhalt für diskussionswürdig halten.


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