Ist die Produktion von Nahrungsmitteln nicht zu wichtig, um sie dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen?, fragt die Süddeutsche Zeitung EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel in einem aktuellen Interview. Die Dänin antwortete, sie sei eine Anhängerin freier Märkte, aber nicht schrankenlos und zu jedem Preis. In der Landwirtschaft werde es immer Regionen und Bewirtschaftungen geben, die besonderen Schutz und besondere Unterstützung brauchen, so Fischer Boel. Sie setzt dazu auf gezielte Hilfe, z.B. von Bergregionen. Außerdem benötige die EU auf jeden Fall ein Sicherheitsnetz für die Milchbauern. Das Geld soll aus dem vorhandenen Agrartopf kommen. Ein Milchfonds kommt für sie dagegen weiterhin nicht in Frage, da es kein frisches Geld dafür gebe. "Unsere Agrarausgaben sind bis 2013 gedeckelt. Ich werde nicht den Fehler machen, zusätzliches Geld zu beantragen, denn ich werde keins bekommen."
Auf die harte Linie bei der Umschichtung der Direktzahlungen angesprochen erklärte Fischer Boel, für die "großen Jungs" - die großen Betriebe - sei es einfacher, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Das umgeschichtete Geld gehe diesen Betrieben doch gar nicht verloren. "Sie kriegen zwar weniger Direktzahlungen, aber sie können Geld aus diesen ländlichen Töpfen abrufen, wenn sie entsprechende Leistungen anbieten." Dazu will sie Betriebe mit mehr als 5 000 Euro Prämie beschneiden. Eine höhere Grenze, etwa 10 000 Euro, hält sie für ungerecht. Dann würden ganze Länder aus dem System herausfallen, weil dort kaum ein Agrarbetrieb mehr als 10 000 Euro jährlich bekommt. Bezüglich der Sojaknappheit erklärte die 65-Jährige, die Fachleute der nationalen Regierungen, die mit im zuständigen Ausschuss über neue Zulassungen entscheiden, stimmten immer 50 zu 50 ab. Es gebe keine klare Mehrheit, es gehe nicht voran. "Ich verstehe nicht, warum manche Länder sich in so einer wichtigen Frage immer enthalten."