Für das Problem des Schwanzbeißens bei Schweinen gibt es nach wie keine praktikable Lösung. Das belegen auch die drei Beratungsprojekte, die im Rahmen der von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) geförderten Modell- und Demonstrationsvorhaben Tierschutz gefördert wurden.
In keinem der im Projekt eingebundenen Betriebe ist es gelungen, das Schwanzbeißen vollständig zu unterbinden. Nach Ansicht der beteiligten Wissenschaftler und Berater ist es daher derzeit ein noch zu großes Risiko, flächendeckend auf das Kürzen der Schwänze zu verzichten. Das machten sie beim von der BLE organisierten Fachsymposium Tierschutz in der vergangenen Woche in Bonn deutlich. Allenfalls sei ein schrittweiser Ausstieg denkbar.
In zwei Beratungsinitiativen identifizierte die Landwirtschaftskammer Niedersachsenunter Beteiligung des Friedrich-Löffler-Instituts und der Interessengemeinschaft deutscher Schweinehalter (ISN) über Betriebschecks bei den teilnehmenden Betrieben mit Ferkelaufzucht und Mast Risikofaktoren wie Stallklima, Hygiene oder Beschäftigungsmaterial. Über Verbesserungen in diesen Bereichen sei das Risiko für Schwanzbeißen sowohl bei den Ferkel- als auch bei den Mastbetrieben gesenkt worden, erläuterte Dr. Ludwig Diekmann, Leiter des Fachbereichs Tierproduktion bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen das Ergebnis.
Allerdings war es trotz optimierter Haltungsbedingungen auf keinem Betrieb möglich bei unkupierten Tieren das Schwanzbeißen dauerhaft und vollständig zu unterbinden. Zwar seien die Einflussgrößen für das Fehlverhalten bekannt, doch welcher akuter Faktor letztlich „das Stresslevel überlaufen“ lasse und dann zum Beißen führe, sei nur schwer zu ermitteln, erklärte Dieckmann. Die Problematik gebe es im Übrigen auch bei der Ökohaltung von Schweinen.
Schrittweiser Ausstieg empfohlen
Auch bei einem in Nordrhein-Westfalen mit verschiedenen Partnern aus Praxis und Wissenschaft (u.a. die Fachhochschule Südwestfalen, der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband und die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen) durchgeführten Beratungsprojekt zum Schwanzbeißen gab es nur teilweise Erfolge.
Wie Prof. Dr. Mechthild Freitag vom Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Südwestfalen berichtete, wurde auf den schweinehaltenden Betreiben eine Schwachstellen-Analyse in den Bereichen, Fütterung, Wasserversorgung und Aufstallung einschließlich Stallklima und Tiergesundheit durchgeführt. Den Tierhaltern seien anschließend Maßnahmen empfohlen worden, die auch um Teil umgesetzt worden seien. Laut Freitag wurde danach auf 53 % der Betriebe kein Schwanzbeißen mehr festgestellt; bei 30 % war immerhin eine Reduzierung festzustellen, während bei 17 % weiterhin Probleme auftraten.
In sieben Betrieben wurde im Projekt auch mit dem Einstieg in den Kupierverzicht begonnen. Trotz umfangreicher Vorbereitung, intensiver Tierbeobachtung und durchgeführter Notfallmaßnahmen hatten am Ende der Mast nur noch 36 % der Schweine intakte Schwänze, wobei die Ergebnisse zwischen den Betrieben sehr unterschiedlich ausfielen. „Es ist aus Tierschutzsicht noch zu früh, einen konkreten Ausstiegstermin zu nennen“, folgerte Freitag. Ein flächendeckendes Ende des Schwänzekürzens könne sie derzeit nicht empfehlen, ein schrittweises Vorgehen jedoch schon.
Diese Auffassung vertritt auch der Kompetenzkreis Tierwohl beim Bundeslandwirtschaftsministerium. Das Gremium unter Leitung des ehemaligen Landwirtschaftsministers Gert Lindemann empfiehlt einer wachsenden Zahl von Betrieben praktikable Wege zum Verzicht auf das Kupieren von Schwänzen aufzuzeigen. Ziel sollte es sein, im laufenden Jahr 5 % der Schweinehalter in jedem Bundesland als Modellbetriebe zu gewinnen und dass in diesen 5 % der Schweine unkupiert gehalten werden, so das ambitionierte Ziel.