Moderne Schleppergetriebe sind mehr als einfache Untersetzungen. Landmaschinenmechaniker-Meister Reinhard Timpe hat uns Einblicke in die Welt der modernen Zahn(rad)technik gegeben.
Natürlich kann der Motor nicht direkt am Schlepperrad drehen. Ein Getriebe reduziert (untersetzt)
die Motorumdrehungen auf die passende Fahrgeschwindigkeit. Und je mehr Untersetzungen es bietet, desto besser kann man den Motor in seinen optimalen Drehzahlbereich halten.
Damit der Vorteil durch die feine Untersetzung nicht direkt in der Zahnradbox verloren geht, sollen die bewegten Massen im Getriebe so gering wie möglich sein. Deshalb bauen die Konstrukteure die Getriebe möglichst filigran.
Weil sich (Zug-)Leistung immer aus Drehzahl und Drehmoment zusammensetzt, arbeiten heutige Schaltgetriebe mit hoher Drehzahl und niedrigem Drehmoment. Erst kurz vor der Achse reduziert z.B. ein Vorgelege die Drehzahl, und das Drehmoment steigt.
Um das Schaltgetriebe zusätzlich vor Überlastungen zu schützen, regeln viele Hersteller die Motorleistung bei niedriger Fahrgeschwindigkeit herunter, sie limitieren also das Drehmoment. Fährt der Schlepper schneller, steigt die Getriebedrehzahl und man kann eine Schüppe drauflegen. Was die Marketing-Strategen griffig Boost getauft haben ist also in Wirklichkeit eine Leistungsfreigabe und kein Leistungsaufschlag.
Variabler Getriebeaufbau
Die meisten Getriebe setzen sich aus ähnlichen Komponenten zusammen: Gruppen, Gänge, Lastschaltstufen, Wendegetriebe und Endantrieb an der Achse. Die Reihenfolge dieser Teile ist teils variabel, hier gibt es unterschiedliche Lösungen der Hersteller.
Ebenso variabel ist die Unterscheidung in Gruppen, Gänge und Lastschaltstufen – teils hat hier das Marketing ganz eigene Bezeichnungen erfunden. Bei dem einen hat das Getriebe „Gruppen“ und lastschaltbare Gänge. Bei absolut gleichem Getriebeaufbau nennt der Hersteller die synchronisierten „Gruppen“ lieber Gänge und die weiteren Untersetzungen Lastschaltstufen.
Die Zahl der Untersetzungen (oft „Gangzahl“ genannt) ergibt sich aus der Zahl der Gruppen mal Zahl der Gänge mal Lastschaltstufen (LS-Stufen). Hat das Getriebe zwei Gruppen, vier Gänge und drei LS-Stufen ergeben sich 24 Untersetzungen (bzw. „Gänge“). Eine Wendeschaltung macht daraus dann ein 24/24 Getriebe. Die Untersetzungen von Gängen und Lastschaltstufen bauen nicht direkt aufeinander auf, sie überlappen. So könnte z.B. die Untersetzung in Gang 1, Lastschaltstufe 4 und in Gang 2, LS-Stufe 2 gleich sein. So kann man die Arbeitsgeschwindigkeit besser anpassen, ohne gleich die Gruppe bzw. den Gang wechseln zu müssen.
Schnell mit weniger Drehzahl!
Viele Getriebe sind auf die Charakteristiken der Motoren abgestimmt. Diese Schlepper erreichen ihre Höchstgeschwindigkeit dann im verbrauchsgünstigen mittleren Drehzahlbereich (1600 bis 1800 U/ min) und die Software der Einspritzanlage deckelt die Motordrehzahl. Manche Praktiker entscheiden sich bewusst für ein Getriebe in 50 km/h-Ausführung und lassen es elektronisch auf 40 km/h begrenzen und als bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit bbH eintragen.
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