Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aus dem Heft

Nicht jedem Wurm nachgehen

Lesezeit: 6 Minuten

Alle Rinder gegen Parasiten zu behandeln, fördert Resistenzen. Sinnvoller sind eine gezielte Behandlung und eine ausgefeilte Weide-Strategie. Wie das aussehen sollte, erklärt Tierarzt Dr. Andreas Striezel.


Das Wichtigste zu den Themen Rind + Milch mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Abmagerung, Durchfall, stumpfes Fell sind typische Symptome eines Magen-Darm-Wurm-Befalls. Infektionen mit Magen-Darm-Würmern sind in Grünlandregionen weit verbreitet. Sie sind die häufigste Weidekrankheit von Rindern. Die Folgen sind weitreichend: Sie wachsen langsamer, die Fruchtbarkeit leidet, die Milchleistung sinkt und sie sterben sogar. Das merkt der Landwirt unweigerlich im Portemonnaie.


Um dem vorzubeugen, haben Tierärzte in den vergangenen Jahrzehnten routinemäßig Wurmmittel eingesetzt. Das führte zum Teil zu resistenten Wurmstämmen. Die medikamentöse Behandlung allein ist daher nicht nachhaltig.


Resistenzen verringern:

Studien der Universität Gießen zeigen, dass eine selektive Entwurmung in Kombination mit bestimmten Weidewechsel-Systemen Resistenzen wirksam verringern kann. Damit das gelingt, sind aber einige Grundregeln zu beachten.Würmer und andere Arten durchlaufen verschiedene Entwicklungsstadien sowohl auf der Weide als auch im Tier (siehe Übersicht 1).


Der Großteil der verschiedenen Wurmstadien lebt außerhalb des Tieres, 80% davon in den unteren 5 cm des Grasaufwuchses. Auf überweideten Flächen ist die Gefahr also besonders groß, dass Rinder Larven mit aufnehmen. Genauso risikoreich ist es, Tiere in feuchtem Gras oder bei Regen auf hoch infizierten Flächen weiden zu lassen, da dann ein höherer Anteil infektiöser Larven vorhanden ist. Versuchen Sie außerdem permanente Feuchtstellen, wie z.B. Tränkestellen und Gewässer auszuzäunen.


Außerdem sollte man besonders im Herbst vermeiden, dass die Tiere die Weide bis zur Grasnarbe abweiden.


Aber auch Tiere, die ganzjährig im Stall leben, können sich infizieren: In Silagen können die Larven bis zu einem Monat infektionsfähig bleiben, in Heu sogar deutlich länger. Genauso ist eine Infektion über Grünfütterung möglich.


Grundsätzlich reduziert regelmäßiges Mähen der Weiden die Menge der Larven. Gleichzeitig verschlechtert direkte Sonneneinstrahlung und Trockenheit die Entwicklung der Larven. Mit folgender „Weide-Strategie“ können Sie Weideparasiten gezielt bekämpfen.


Die richtige Weide-Strategie:

Dazu treiben Sie im Frühjahr die Jungtiere auf eine Weide, die Sie im Herbst zuletzt gemäht haben und damit weniger belastet ist.


Im Juli treiben Sie die Tiere auf eine zuvor gemähte Weide um, sodass durch die geringere Larvenzahl der Infektionsdruck gesenkt wird. Gegebenenfalls können Sie im August bzw. September die Rinder ein zweites Mal umtreiben.


Parallel dazu entwurmen Sie diejenigen Tiere oder Tiergruppen, die einen hohen Befall zeigen. Diese sollten sie nach folgendem Schema vornehmen:


  • Zum Auftrieb: Bei Auftrieb im Frühjahr ist eine Behandlung nur erforderlich, wenn die Rinder bereits in der Stallsaison bzw. vor der Vegetationsperiode deutliche Zeichen einer Verwurmung gezeigt haben.
  • Beim Umtrieb: Fällt im Sommer beim Umtrieb auf die andere Weide auf, dass die Jungtiere sich schlechter entwickeln, lassen Sie sie auf Verwurmung untersuchen. Entwurmen Sie dann nur betroffene Tiere bzw. Tiergruppen.
  • Zur Aufstallung: Eine Entwurmung zum Zeitpunkt der Aufstallung der Tiere ist fast immer sinnvoll, um die Belastung der Tiere durch überlebende Larven zu senken (Übersicht 2).


Ohne Entwurmung besteht die Gefahr, dass Larven in der Darmwand der Rinder überleben, sich dann im zeitigen Frühjahr zu Würmern entwickeln, die bereits beim Auftrieb Eier ausscheiden. Hier sind bevorzugt Präparate aus der Gruppe der Avermectine einzusetzen, die auch Dassellarven und Ektoparasiten mit erfassen. Es gibt mehr als 40 zugelassene Präparate aus nur drei Arzneimittelgruppen zur Bekämpfung von Magen-Darm- und Lungenwürmern.


Die höchsten Resistenzen wurden bisher bei den Benzimidazolen gefunden. Aber auch bei den derzeit am häufigsten eingesetzten Avermectinen werden verstärkt resistente Würmer festgestellt. Wenn Würmer gegen ein Mittel unempfindlich werden, sind sie es in der Regel auch gegen alle anderen der gleichen Arzneimittelgruppe.


Bei der Kombination solcher Weide-Strategien mit selektiver Entwurmung benötigt man je nach System 50 bis 90% weniger Mittel.


Das Immunsystem der Tiere kann in der Regel die Entwicklung der Würmer und der Larven selbst hemmen. Nur ca. 20 bis 30% der Tiere scheiden in großem Maße Wurmeier aus. D.h. die Mehrheit der Tiere hat nur eine geringe Wurmbelastung und benötigt eigentlich keine Behandlung. Eine regelmäßige Entwurmung ganzer Herden ist also nicht notwendig. Die Untersuchungen haben nachgewiesen, dass der selektive Medikamenten-Einsatz in keiner Weise die Entwicklung und Tageszunahmen der Rinder beeinträchtigt.


Wie diagnostizieren?

Voraussetzung für eine gezielte Behandlung ist in jedem Fall eine gute Diagnose der befallenen Tiere oder Tiergruppen.


Das Standardverfahren ist eine Kotprobe, bei der auch die Wurmeier gezählt werden. Der Grenzwert zur Behandlung ist der Nachweis von mehr als 200 Wurmeiern pro g Kot. Werden keine Eier nachgewiesen, heißt das jedoch nicht, dass keine Würmer vorhanden sind. Denn die Tiere scheiden Parasiteneier unregelmäßig aus.


Weiter helfen regelmäßige Beurteilungen der Körperkondition (BCS) oder Gewichtskontrollen, betroffene Tiere zu ermitteln. Das BCS-Verfahren ist bei Milchvieh und Mutterkühen etabliert. Sind Wiegeeinrichtungen auf den Weiden vorhanden, können regelmäßige Gewichtskontrollen vorgenommen werden und sehr genau die Entwicklung überprüft werden. Zusätzlich gibt es auch die Möglichkeit, Antikörper in Blut und Milch zu ermitteln, deren Höhe eine Aussage über den Verwurmungsgrad zulässt.


Falls trotz Therapie Tiere sichtbare Symptome einer Verwurmung zeigen, muss auf Resistenzen untersucht und die ausgeschiedenen Eier im Kot vor und nach einer Behandlung ermittelt werden.


Auf Basis einer ganzheitlichen Beurteilung des Parasitenbefalls werden Einzeltiere oder Gruppen gezielt behandelt. Das senkt die Gefahr von Wirkungsverlusten bei den Mitteln, reduziert deren Einsatz, erhält die Tiergesundheit und schont gleichzeitig die Umwelt.


Sie können sich auf der Internetseite des Johann Heinrich von Thünen-Instituts www.weide-parasiten.de mithilfe eines Entscheidungsbaums die Einordnung der Symptome erleichtern. Hier erhalten Sie auch ausführliche Informationen über die Besonderheiten von Lungenwürmern.


Hilft Homöopathie?

Im Gegensatz zu pflanzlichen Substanzen bewirken Homöopathika keine direkte Bekämpfung der Parasiten oder ihrer Stadien. Indirekt lässt sich durch geeignete Homöopathika die Abwehr und der Stoffwechsel der Rinder verbessern und so eine Wirkung erzielen. Daher ist es sinnvoll die Entwurmung mit Homöopathika zu begleiten. Eine alleinige Therapie mit Homöopathika wird bei Parasitenbefall nicht empfohlen.


Darüber hinaus kann der Einsatz von der Futterpflanze „Esparsette“ helfen. Neuere Studien des Forschungsinstituts für den Biologischen Landbau (FiBL) in der Schweiz zeigen gute Ergebnisse mit dem Verfüttern von Saat-Esparsette. Die enthaltenen Tannine reduzieren Wurmbefall und Eiausscheidung ohne Resistenzen Vorschub zu leisten. Auf der Seite des Instituts www.esparsette.ch erhalten Sie zusätzliche Informationen.


Man sollte beachten, dass Parasiten sich sehr gut an die Umgebung anpassen und bis zu zwei Jahre auf den Weideflächen überdauern können. Sie lassen sich nicht ausrotten, jedoch sind sie mit der „richtigen“ Weidestrategie und selektiver Entwurmung gut in Schach zu halten.

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.