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Noch Sand im Getriebe

Lesezeit: 6 Minuten

Die stationseigenen Bullen der Rinderunion Baden-Württemberg bringen mich züchterisch nicht mehr weiter, kritisiert Johannes Ebert. Der überzeugte Fleckviehzüchter aus Ostwürttemberg bemängelt vor allem das mangelnde Angebot an Spitzenbullen seiner Zuchtorganisation und setzt deshalb fast nur noch stationsfremde Bullen ein. Mit seiner Unzufriedenheit steht der Milchviehhalter nicht allein. Vor allem im Gebiet der ehemaligen Zuchtverbände Schwäbisch Hall und Herrenberg sind viele Fleckviehzüchter nicht gut auf die vor zweieinhalb Jahren gegründete Zuchtorganisation zu sprechen. In der Tat hat die Rinderunion BadenWürttemberg (RBW) nur wenig eigene Top-Vererber der Rasse Fleckvieh zu bieten, zumindest was die Rangierung nach Gesamtzuchtwert anbelangt. In der so genannten Bunten Liste, in der die Top-Fleckviehbullen aus Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Österreich nach Gesamtzuchtwert geordnet sind, war laut letzter Zuchtwertschätzung (Stand Januar 2003) unter den ersten 30 Bullen mit dem Horb-Sohn Hofrat nur ein einziger Vererber, an dem die RBW beteiligt ist. Die bestplazierten stationseigenen Bullen waren Zaxen (Platz 34), der Renger-Sohn Regens (Platz 42) und Lotarry (Platz 48). Neben der Flaute bei den Altbullen kritisieren die Züchter auch die Qualität der Testbullen. Unsere Prüfbullen werden zu stark nach Milchwert ausgewählt und haben zu viele formale Mängel, beklagt zum Beispiel Fleckviehzüchter Manfred Berreth aus Ellwangen-Altmannsweiler. Er setzt deshalb seit einem Jahr keine Testbullen der RBW mehr ein. Ein weiterer Streitpunkt zwischen Züchtern und RBW ist die Preispolitik bei Zukaufsperma. Der Vorwurf: Spitzenbullen auswärtiger Stationen würden an RBWMitglieder nur mit saftigen Aufschlägen weitergegeben. Fakt ist, dass die RBW-Besamungsstation Herbertingen zum Beispiel die Top-Vererber Regio und Randy bis Ende Januar für 10 E (ohne MwSt.) von der Besamungsstation München Grub gekauft und für 18,80 E (ohne MwSt.) an seine Mitglieder abgegeben hat. Mehr dazu im Beitrag ab Seite R 22. Viele Bauern fordern deshalb von der RBW eine Preissenkung für Zukaufbullen. Wenn sich die Preispolitik nicht ändert, so die Warnung kritischer Züchter, wird die Landeszucht stagnieren, weil die Mehrzahl der Fleckviehbetriebe im Ländle zu wenig Top-Vererber einsetzen. Entfremdung von der Basis? Schließlich beklagen die Züchter eine Entfremdung ihrer Zuchtorganisation von der Basis, seitdem sich die Rassenverbände und Besamungsstationen im Südwesten zur Rinderunion zusammengeschlossen haben. Die Betreuung der Mitgliedsbetriebe hat gelitten, kritisiert etwa Gerd Schröppel aus Neresheim, der 90 Fleckviehkühe hält. Die Außendienstmitarbeiter der RBW müssen vor allem verkaufen und haben deshalb zu wenig Zeit für die Beratung. Gute und kritische Mitarbeiter würden ausgebremst. Züchter aus dem Raum Schwäbisch Hall halten ihren Verbandsoberen zudem vor, dass Vorschläge der Basis, wie etwa die Forderung von einigen Zuchtvereinen nach einer anderen Reihung der Jungkühe, viel zu lange auf taube Ohren stieß. Funktionäre weisen Kritik zurück Die Kritik an der mangelhaften Betreuung hält Anorthe Kewitz von der Zuchtabteilung der RBW für überzogen. Für die Betreuung der Fleckviehbetriebe sind nach der Fusion zur RBW vier zusätzliche Außendienstmitarbeiter eingestellt worden, betont die Zuchtexpertin. Sie räumt ein, dass sich der Außendienst jetzt stärker um die Vermarktung kümmert als vor der Fusion. Der Eindruck, dass die Beratung weniger werde, könne aber auch mit der Einsparung von Tierzuchtberaterstellen an den Landwirtschaftsämtern zusammenhängen. Geschäftsführer Heinz Nüssle, bei der RBW verantwortlich für den Bereich Besamung, will die Kritik der Züchter in puncto Bullenqualität nicht teilen. Aus seiner Sicht ist die Rangierung der Bullen nach Gesamtzuchtwert ohnehin sehr fragwürdig. Von den ersten 30 Bullen der Bunten Liste kann man guten Gewissens allenfalls sieben Vererber empfehlen, ist der Besamungsfachmann überzeugt. Die von uns empfohlenen Bullen hingegen können die Bauern blind besamen. Auch den Vorwurf, die Prüfbullen hätten schlechte Exterieur-Eigenschaften, weist Nüssle zurück: Testbullen können nur dann gekört werden, wenn sie Mindestkriterien erfüllen. Zumindest die Zahlen scheinen dem Funktionär Recht zu geben. Ein RBW-interner Vergleich der Exterieurbewertung von Testbullen-Töchtern der Jahre 1999 und 2002 zeigt, dass die aktuellen Prüfbullen bei der Exterieur-Vererbung nicht schlechter abschneiden als die Testbullen vor drei Jahren. Die hohen Zuschläge für Zukaufbullen begründet Nüssle mit den Pflichtabgaben, die an die Spermaportionen gekoppelt sind: Für jede Erstbesamung müssen wir 1 E an den Landeskontrollverband und 1,50 E an die Abteilung Zucht in der RBW abführen. Hinzu kommen noch Beiträge an ASR und ADR. In der Summe belaufen sich die Abgaben nach Nüssles Angaben auf 3,50 E pro Erstbesamung. So verbleibt der Besamungstation noch eine Spanne von bis zu 5,30 E pro Portion, um die eigenen Kosten zu decken. Bei Nachbesamungen sind keine Abgaben fällig, so dass der Station die komplette Spanne zur Verfügung steht. Züchter gehen eigene Wege Etliche Züchter im Südwesten lassen sich von den Argumenten ihrer Funktionäre jedoch nicht überzeugen und gehen eigene Wege. Wegen der hohen Preisaufschläge beziehen viele Betriebe bereits Samen direkt von bayerischen Besamungsstationen. So haben derzeit etwa 35 FleckviehBetriebe einen Besamungsvertrag mit der Station München-Grub geschlossen und kaufen teilweise Sperma von dort. Voraussetzung hierfür ist laut TierzuchtDurchführungsverordnung des Landes Baden-Württemberg die Mitgliedschaft bei der entsprechenden Besamungsstation. Die Verordnung lässt solche Doppelmitgliedschaften zu. Allerdings verbieten die Statuten der RBW ihren Zuchtbetrieben die Mitgliedschaft bei anderen Besamungsstationen. Offenbar duldet die RBW aber die Samenlieferungen, fordert aber von Grub die in Baden-Württemberg üblichen portionsabhängigen Abgaben an andere Verbände ein. Ein anderer Trend ist die zunehmende Einkreuzung mit Red-Holstein-Bullen. Etliche Fleckviehzüchter setzen reine Red-Holstein-Bullen ein, in der Hoffnung, züchterisch schneller voran zu kommen. Einige von ihnen kaufen aber auch Kreuzungsbullen zu und decken damit einen Großteil ihrer Kühe. Um an Sperma von Kreuzungsbullen zu kommen, fordern jetzt etwa 30 Fleckviehzüchter aus Nord-Württemberg in einer Unterschriftenaktion die Besamungserlaubnis für den Laredo-Sohn Lenin aus einer Renner-Tochter. Das Problem: Lenin hat einen Red-Holstein-Anteil von 56 % und darf deshalb nicht zur künstlichen Besamung eingesetzt werden. Der Antrag soll Ende Februar vom Rasseausschuss der RBW behandelt werden. Das alles zeigt: Die Rinderunion BadenWürttemberg läuft drei Jahre nach ihrer Gründung noch nicht völlig rund. An einigen Stellen ist noch Sand im Getriebe. Erfahrungen anderer Organisationen mit Fusionen (z.B. RUW) zeigen, dass die Probleme zu meistern sind. Entscheidend wird sein, dass die Verantwortlichen die Kritik der Bauern ernst nehmen und entsprechend reagieren. Klaus Dorsch

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