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Was tun bei Entzündungen der Gebärmutter?

Lesezeit: 8 Minuten

K rankhafter Scheidenausfluss, fehlende Brunst und schlechte Erstbesa-mungsraten. Wer bei seinen Kühen sol-che Symptome feststellt, hat oft schon die Verdachtsdiagnose auf den Lippen: Ge-bärmutterentzündung. Tatsächlich wird der Anteil dieser Erkrankung an den Fortpflanzungsstörungen des Rindes mit 40 bis 70 % angegeben. In der Praxis wird die wirksame Be-handlung der Gebärmutterentzündung meist heftig diskutiert. Wann ist der ge-eignete Behandlungszeitpunkt und wel-che Behandlungsmethode ist die richti-ge? Denn fest steht: Nicht immer sind Antibiotika oder desinfizierende Infusio-nen sinnvoll; zum falschen Zeitpunkt ein-gesetzt können sie sogar schädlich sein. Die meisten Fälle von Gebärmutter-entzündung betreffen die Schleimhaut. Man spricht dann von einer Endometri-tis. Diese entsteht oft bereits kurz nach der Abkalbung. Denn während der Kal-bung und in der frühen Rückbildungs-phase der Gebärmutter, dem Puerpe-rium, dringen immer Keime in den Ge-burtsweg ein. Überwiegend handelt es sich dabei um Mischinfektionen mit un-spezifischen Erregern. Als kritisch ist der Nachweis von Arcanobacterium pyogenes zu werten. Dieser Keim kann schwe-re Entzündungen verursachen mit un-günstigen Heilungsaussichten. Ein wichtiger Hinweis auf Endometri-tis ist krankhafter Ausfluss. Kurz nach der Kalbung erscheint dieser dünnflüssig und übel riechend. Später treten je nach Krankheitsverlauf eher trüber bis eitri-ger Schleim oder sogar reiner Eiter auf. Wichtig: Nicht in jedem Fall nimmt der Ausfluss seinen Ursprung in der Ge-bärmutter. Auch Entzündungen im Ge-bärmuttermund, der Scheide oder des Scheidenvorhofs können mit Ausfluss einher gehen. Unmittelbar nach der Geburt ist die Zuordnung von krankhaftem Ausfluss zu Entzündungen der Gebär-mutter in der Regel unproblematisch, da die Symptome meist eindeutig sind. Nach Abschluss der Gebärmutter-Rückbil-dung, d.h. nach drei bis vier Wochen, ist jedoch eine genaue Untersuchung von Scheide und äußerem Gebärmutter-mund notwendig. Hierzu wird bevorzugt ein Röhrenspekulum mit Taschenlampe verwendet. Größere Eiteransammlun-gen in der Gebärmutter lassen sich auch vom Mastdarm her ertasten. Die Gebär-mutter ist dann stark vergrößert. Nach dem zeitlichen Ablauf unter-scheidet man bei einer Gebärmutterent-zündung nach der Kalbung eine akute und eine chronische Phase: Leichte Fälle einer akuten Gebärmut-terentzündung sind durch bräunlich-gräulichen und im Geruch unauffälligen Ausfluss gekennzeichnet. Bis zum 14. Tag nach der Abkalbung wird das Sekret meistens eitrig. Die akute Phase ist dann in die chronische übergegangen. In schweren Fällen ist der Ausfluss meist dünnflüssig, rot-gräulich und mit abgestorbenen Gewebeteilen durchsetzt. Typisch ist außerdem ein übler, jauchiger Geruch, der unter Umständen schon von weitem wahrnehmbar ist. Vielfach zeigen die Kühe zusätzlich Symptome wie Fie-ber und Appetitlosigkeit. Die akute Pha-se ist in diesen schweren Fällen meist auf 15 bis 20 Tage nach der Geburt verlän-gert. Der eitrige Ausfluss kann sogar über Monate anhalten. Bei frühem Zyklusstart kann sich aber auch eine Pyometra entwickeln. Darun-ter versteht man die Ansammlung grö-ßerer Eitermengen in der Gebämutter. Die betroffenen Tiere kommen meist über längere Zeit nicht in Brunst. Der Grund: Die Pyometra wird häufig von einem bleibenden Gelbkörper am Eier-stock begleitet. Dieser wiederum blo-ckiert den Zykluseintritt und damit die Entleerung der Gebärmutter. Diese Behandlungen stehen zur Verfügung Ziel der Therapie ist die Ausheilung der Entzündungsvorgänge, so dass die weitere Fruchtbarkeit gewährleistet ist. Hierzu stehen im Wesentlichen folgende drei Möglichkeiten zur Verfügung: Lokale Behandlung mit Antiseptika oder Antibiotika: Bei der lokalen Be-handlung wird das Medikament direkt in die Gebärmutter eingebracht. Antisepti-ka werden als Infusion über einen Metall- bzw. Besamungskatheter verab-reicht. Antibiotika können in Form von Gebärmutterstäben oder ebenfalls als In-fusionen eingesetzt werden. Antiseptika sind in der Lage, Bakte-rien abzutöten. Darüber hinaus können chronische Entzündungsprozesse durch die Reizwirkung der Präparate in akute Entzündungen überführt werden. Diese Reaktivierung der Entzündungsvorgän-ge kann die Heilung fördern. Antibiotika töten Bakterien ab oder hemmen gezielt deren Wachstum. Nach-teilig ist, dass eine Reihe von Antibioti-ka nicht in dem bei einer Endometritis vorherrschenden Uterusmilieu wirksam sind. Schließlich muss die Wartezeit für Milch beachtet werden. In den letzten Jahren wird die lokale Behandlung der Gebärmutterentzündung mit Antibiotika oder Antiseptika zuneh-mend kritisch gesehen. Denn in Untersu-chungen sind nicht nur positive Einflüsse der Behandlung festgestellt worden. In ei-nigen Fällen wird auch über fehlende oder gar schädliche Wirkungen auf die Frucht-barkeit berichtet. Es ist außerdem be-kannt, dass Antibiotika und Antiseptika die Funktion der Abwehrzellen in der Ge-bärmutter negativ beeinflussen. Ein weiterer Anlass zur Kritik: Alle Antiseptika und auch einige Antibiotika sind stark reizend. Dieser Effekt äußert sich in einer vermehrten Durchblutung der Gebärmutterschleimhaut. Dadurch wird die Aufnahme bakterieller Gifte ge-fördert. Die Folge können schwere All-gemeinstörungen sein. Einige Antiseptika sind so stark rei-zend, dass die Gebärmutterschleimhaut abstirbt und erst wieder ersetzt werden muss. Aus diesem Grund sollten Anti-septika auf keinen Fall in den ersten vier Wochen nach der Abkalbung zum Ein-satz kommen. Ein zusätzliches Risiko während der ersten vier Wochen stellt die Verabrei-chung von Antiseptika und Antbiotika über den Katheter dar. Denn bei fortge-schrittenen Entzündungen ist die Gebär-mutterwand schnell brüchig und kann leicht durchstoßen werden. Es drohen dann schwere Entzündungen, Verwach-sungen oder gar eine Bauchfellentzün-dung. Antibiotische Behandlung über die Blutbahn: Diese Therapieform hat sich in der Praxis nicht durchgesetzt. Der Grund hierfür ist, dass keine ausreichend hohen Wirkstoffspiegel in der Gebärmutter-wand erreicht werden. Zwingend not-wendig ist die Behandlung mit Antibioti-ka per Spritze aber, wenn Allgemein-symptome wie z.B. Fieber auftreten. Hormonelle Behandlung mit Prosta-glandin (PGF ): Das Prinzip besteht da-rin, eine Brunst auszulösen, indem das Prostaglandin einen eventuell vorhande-nen Gelbkörper am Eierstock zur Rück-bildung bringt. Während der Brunst wer-den die Abwehrmechanismen der Gebär-mutterschleimhaut besonders aktiviert. Daher wird in vielen Fällen bereits nach ein oder zwei Injektionen eine Selbsthei-lung erzielt. Voraussetzung ist allerdings, dass bereits ein Zyklus stattgefunden hat und tatsächlich ein ansprechbarer Gelb-körper am Eierstock vorliegt. Doch auch bei nicht-zyklischen Tieren können Prostaglandine sinnvoll sein, in-dem deren direkte Wirkung auf die Mus-kulatur der Gebärmutter genutzt wird. Durch verstärkte Kontraktionen der Muskulatur wird der Uterusinhalt elimi-niert. Allerdings ist dieser Effekt des Prostaglandins nicht so wirkungsvoll wie die Brunstauslösung bei zyklischen Tie-ren mit Gelbkörper. Behandlungs-Fahrplan für die Praxis Die Behandlung von Entzündungen der Gebärmutterschleimhaut wird durch eine Unterscheidung in akute und chro-nische Fälle vereinfacht. In der Praxis hat sich folgendes Vorgehen bewährt: Akute Gebärmutterentzündung: Lei-chte Fälle einer akuten Gebärmutterent-zündung bedürfen in der Regel keiner Behandlung. Tiere mit schwerer Endometritis oder Nachgeburtsverhaltung werden in der akuten Phase mit Antibiotikastäben lokal versorgt. Vor dem Einbringen der Stäbe muss das äußere Genitale der Kuh gründ-lich gesäubert werden. Außerdem sollten immer Handschuhe getragen werden. Wichtig ist, dass trotz dieser Behand-lung der Übergang in eine chronische Endometritis nicht verhindert werden kann. Vielmehr wird eine Keimreduk-tion erzielt, so dass die Abwehrmecha-nismen der Kuh leichter mit den verblie-benen Erregern fertig werden. Vor allem wird das Risiko von Allgemeinstörungen deutlich verringert. Chronische Gebärmutterentzündung: Unter den chronischen Fällen müssen unbedingt solche herausgesucht werden, die eine Pyometra entwickelt haben. Hierzu ist eine Untersuchung vom Mast-darm her notwendig, da in vielen Fällen der Gebärmuttermund geschlossen ist und kein sichtbarer Eiter austritt. Bei einer Pyometra ist Prostaglandin das Mittel der Wahl. Denn auf diesem Wege kann eine Brunst eingeleitet wer-den, so dass sich der Gebärmuttermund öffnet und Eiter abfließt. Leichte Fälle einer chronischen Endo-metritis benötigen oft keine Behandlung. Eine klinische Heilung findet meistens innerhalb von sechs Wochen nach der Ab-kalbung statt. Dies gilt vor allem dann, wenn bereits frühzeitig Brunstzyklen ab-laufen. Nicht-zyklische Tieren können zu-nächst noch etwa zwei Wochen beobach-tet werden. Oft setzt dann der Zyklus ein und es kommt zur Heilung. In schweren Fällen mit viel eitrigem Ausfluss und deutlichen Geruchsabwei-chungen wird Prostaglandin verabreicht. Dies erfolgt unabhängig davon, ob der Zyklus angelaufen ist oder noch nicht. Einzeltiere, die keine Spontanheilung zeigen oder bei denen ein Behandlungs-erfolg ausbleibt, werden folgendermaßen behandelt: Erstens ist die wiederholte Verabreichung von PGF2 im Abstand von 14 Tagen möglich. Zweitens kann in diesen Fällen die lokale Verabreichung von Antiseptika angezeigt sein. Parallel zur Behandlung sollten die Eierstöcke auf das Vorliegen von Ovarialzysten kontrolliert werden. Der Erfolg eines Behandlungsfahr-plans setzt die regelmäßige Überwa-chung der Herde voraus. So können die Tiere z. B. im Rahmen einer tierärzt-lichen Bestandsbetreuung regelmäßig untersucht werden. Dadurch sind be-trächtliche Einsparungen bei den Be-handlungskosten möglich, da die Thera-pie gezielt erfolgt.

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