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Wie will Arla mehr zahlen?

Lesezeit: 7 Minuten

Die Molkereigenossenschaft Arla ist in sieben europäischen Ländern verwurzelt. Deutschland ist wichtig, aber scheinbar schwer. Was sind die Gründe? Wie ist die langfristige Strategie?


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Der Arla-Milchpreis lag 2017 unter dem deutschen Schnitt und auch 2018 hinkt er bisher hinterher (Übers. 1). Warum?


Hübers: Im ersten Halbjahr 2017 lagen wir über Schnitt. Seitdem hat sich aber einiges geändert: Es gab starke Währungsschwankungen bei der Schwedischen Krone, dem britischen Pfund und dem US-Dollar, die Proteinwerte haben sich abgeschwächt und der Preis für Standardbutter ist deutlich gestiegen. Einige Wettbewerber profitierten davon und zahlten mehr aus als wir. In Deutschland sind wir deshalb zurückgefallen. In anderen Ländern stehen wir besser da. Das kann auch schon einmal andersherum sein. Klar ist aber, dass wir an unserer Strategie festhalten. Der Milchpreis der vergangenen fünf Jahre zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Im Juni und Juli konnten wir den Milchpreis erhöhen.


Ist der deutsche Arla-Milchpreis auch in Deutschland erwirtschaftet oder aus anderen Ländern subventioniert?


Mühleisen: Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Wir vermarkten die deutsche Milch ja nicht ausschließlich in Deutschland. Am Standort in Pronsfeld produzieren wir auch Pulver und Butter für den Export. Und in Upahl stellen wir unser Erfolgsprodukt Skyr her, den wir in mehrere Ländern liefern. Insgesamt gibt es in Deutschland Geschäftsbereiche, die hochrentabel sind und welche, die es schwerer haben.


Was sind die Besonderheiten des deutschen Marktes?


Mühleisen: Zum einen natürlich die starke Marktmacht des Lebensmittelhandels und Vielzahl an Molkereien. Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Präsentation der Waren im Handel ausbaufähig. Viele Milchprodukte sind optisch wenig attraktiv und schwer zu finden. Hier gibt es noch Potenziale.


Will Arla in Deutschland wachsen?


Mühleisen: Durch die Fusionen mit der Milchunion Hocheifel und Hansano haben wir viel Milch bekommen. Jetzt geht es darum, eine bessere Wertschöpfung zu erzielen. Als große Genossenschaft haben wir die Möglichkeiten dazu: Wir setzen auf Marken, Innovationen sowie Nachhaltigkeit und Tierwohl. Bestes Beispiel ist unser Skyr: Diese Innovation hat den schrumpfenden Quarkabsatz beflügelt.


Ihr Vorgänger Winfried Meier musste im Frühjahr plötzlich gehen. Was wollen Sie anders machen?


Mühleisen: Bei der Übergabe habe ich eng mit Herrn Meier gearbeitet. Am Prozess hin zu mehr Wertschöpfung werde ich nichts ändern, sondern ihn bestärken. Beispielsweise werden wir die Führungskräfte im Haupt- und Ehrenamt fördern, Innovationen vorantreiben und intern umstrukturieren. So gibt es jetzt nur noch einen Ansprechpartner für das gesamte Sortiment, egal ob Molkerei- oder Handelsmarke. So versprechen wir uns einen direkteren Draht zu Handel und Gastronomie.


Warum trennt sich Arla vom AllgäuStandort in Sonthofen, an dem Sie Käsespezialitäten produzieren?


Hübers: Wir hatten geglaubt, dass diese hochveredelten Produkte in unsere Strategie passen. Jetzt müssen wir eingestehen, dass es nicht so gut läuft wie geplant. Wir haben den Standort deshalb an das kleine und regionale Unternehmen Hofmilch verkauft. Das Werk in Bad Wörishofen ist noch nicht verkauft, hier sind wir mit Interessenten im Gespräch.


Im Norden arbeiten Sie mit dem Deutschen Milchkontor zusammen. Warum? Und wie geht das weiter?


Hübers: Damit wollen wir einen Teufelskreis der deutschen Molkereien durchbrechen: Im Sinne der Landwirte schaffen wir eine Win-win-Situation, von der beide Molkereien und somit alle Milcherzeuger profitieren. Seit 2011 arbeiten wir zusammen, 2015 haben wir das Unternehmen ArNoCo in Nordhackstedt gegründet. Dort verarbeiten wir Molke zu Molkenproteinkonzentrat und Laktose. Wir arbeiten auch bei der Mozzarella-Produktion zusammen und wollen das ausbauen. Die Zusammenarbeit klappt sehr gut und ist vertrauensvoll.


Beim Umstellen auf GVO-freie Produktion ist Arla am Standort Upahl ruppig vorgegangen und hat Nichtumsteller rausgeschmissen. Warum?


Hübers: Das stimmt so nicht ganz. 98% der Mitglieder am Standort wollten die Umstellung auf GVO-freie Milch und haben uns aufgefordert, das umzusetzen. Deshalb haben wir allen Landwirten, die noch nicht GVO-frei produzierten, eine Übergangsfrist zur Umstellung gegeben. Letztlich wollten 16 Milcherzeuger nicht umstellen und sind zu anderen Molkereien gewechselt. Eine getrennte Erfassung der Milch kam nicht infrage. Die Kosten wären viel zu hoch gewesen.


Da sind wir beim Thema Lieferbeziehung: Wie positioniert sich Arla?


Mühleisen: Arla ist eine der ältesten Molkereigenossenschaften. Wir leben den Genossenschaftsgedanken! Deshalb werden bis Ende diesen Jahres alle Milcherzeuger Vollmitglied bei Arla. Bisher waren einige Landwirte über die fusionierte Genossenschaft wie zum Beipiel Milchunion Hocheifel oder Hansano Mitglied bei Arla. Die Vollmitgliedschaft soll das Wir-Gefühl stärken und die Milcherzeuger bestärken, ihr Unternehmen mitzugestalten.


Mit der Lieferbeziehung beschäftigen wir uns permamant, um das Bestmögliche für unsere Lieferanten zu erreichen. Derzeit sehen wir uns im Vergleich zu anderen Genossenschaften gut aufgestellt. Beispielsweise beträgt die Kündigungsfrist rollierend zwölf Monate.


Stimmen damit in der Interessengemeinschaft Genossenschaftliche Milchwirtschaft (IGM) alle überein?


Hübers: Dort gibt es keine einheitliche Meinung. Aber genau das ist es ja: Jede Genossenschaft muss selbst entscheiden, ob und wie sie ihre Lieferbeziehung ändert. Darin sind wir uns alle einig. Zum Beispiel kann ein A/B-Preismodell für die eine Molkerei genau richtig sein, für uns aber nicht. Wir Genossenschaften wollen unsere unternehmerische Freiheit behalten. Das sollte auch die Politik einsehen!


Die IGM spricht sich für die Milchpreisabsicherung aus. Wie sehen Sie das?


Hübers: Mit dem Thema Festpreise haben wir uns beschäftigt und sind zum Entschluss gekommen: Alle 11200 Mitglieder liefern in eine Milchkanne – und alle bekommen den gleichen Milchpreis. Bei Festpreisen besteht die Gefahr, dass einige mehr und andere weniger Milchgeld bekommen. Das möchten wir nicht. Um Preisvolatilität zu glätten, wollen wir die Wertschöpfung erhöhen und setzen auf Internationalisierung. Wir verkaufen in über 100 Länder. So streuen wir das Risiko und sorgen für Balance. Weil die Preisschwankungen trotzdem bleiben, ist es aber unser Ziel, die Volatilität auf höherem Niveau zu stabilisieren.


Lässt sich das auch mit einer Mengensteuerung in Krisenzeiten erreichen?


Mühleisen: Wir haben das schon einmal durchgerechnet: Selbst wenn die Arla-Mitglieder ihre Produktion um 25% drosseln, steigt der Milchpreis nicht so stark, um den Milchverlust auszugleichen. Eine neue europaweite Mengensteuerung können wir uns nicht vorstellen. Was wäre dann der nächste Schritt: Dass die EU ihre Außengrenzen dichtmacht und sich komplett abschottet?


Beim Brexit könnte es in diese Richtung gehen. Was bedeutet der Ausstieg Großbrittanniens für Arla?


Mühleisen: Das ist ein dickes Brett für uns. Wir haben dort 2395 Mitglieder und erzielen mit 2,21 Mrd. € etwa ein Viertel des Konzernumsatzes (Übersicht 2). Davon stammen etwa 80% aus Großbritannien selbst und 20% von Importen aus Deutschland und Dänemark. Wir werden vor Ort bleiben, haben aber auch großes Interessse an guten und offenen Handelsbeziehungen. Auch aus Sicht der Verbraucher. Denn bei strengen Handelsristriktionen würden die Preise auf der Insel stark steigen. Ein harter Brexit würde aber die gesamte europäische Milchwirtschaft treffen. Derzeit fließen 2,7 Mrd. kg Milch vom europäischen Festland nach Großbritannien. Für diese Milch neue Absatzwege zu finden, wäre schwieriger als beim Russlandembargo.


Der Protektionismus nimmt aber gerade weltweit zu. Was tun Sie?


Mühleisen: Das beobachten wir in der Tat mit Sorge. Wie bei der Preisabsicherung auch setzen wir deshalb auf eine starke Internationalisierung in über 100 Länder. Die breite Aufstellung soll uns schützen, wenn Krisenherde entstehen. Und wenn immer möglich, plädieren wir für freien Handel zwischen den Ländern.


Kontakt: patrick.liste@topagrar.com

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