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Der Ferkelmangel wächst - wer schließt die Lücke?

Lesezeit: 11 Minuten

Im Nordwesten fehlen bereits über 6 Mio. Ferkel im Jahr. Auch im Süden bricht die Ferkelproduktion immer stärker weg. Kann dieser Trend gestoppt werden? Ferkel mit hohem Gesundheitsstatus sind knapp und teuer. Denn die Schere zwischen Ferkelerzeugung und Mast klafft in Deutschland immer weiter auseinander. So haben die Mäster ihre Bestände in den vergangenen acht Jahren mit einem Plus von mehr als 10 % kräftig aufgestockt. Hingegen hinkt die Sauenhaltung mit einem Zuwachs von weniger als 4% deutlich hinterher. Das wachsende Ungleichgewicht zwischen Sauen und Mast wird auch durch die Leistungssteigerungen in der Ferkelerzeugung nicht ausgeglichen. Zwar haben die Sauenhalter seit 1995 rund anderthalb abgesetzte Ferkel/Sau und Jahr zugelegt. Doch auch die Mäster konnten mit einem Plus von rund 50 g bei den Zunahmen beachtliche Leistungszuwächse realisieren. Hierdurch ist die Zahl der Umtriebe gestiegen, was den Ferkelbedarf weiter erhöht. Niedersachsen: Das Ferkeldefizit nimmt weiter zu Besonders dramatisch ist das Ferkeldefizit in Niedersachsen. Hier werden inzwischen über 4 Mio. Ferkel im Jahr weniger erzeugt als für die Mast benötigt werden (siehe Übersicht 1). Der Einfuhrbedarf des veredlungsstärksten Bundeslandes ist damit in den vergangenen zehn Jahren um satte 1 Mio. Ferkel gestiegen. Auslöser für diese Entwicklung ist das starke Wachstum der Mastbestände in Niedersachsen.Vor allem in den traditionellen Masthochburgen Vechta und Cloppenburg sind viele Betriebe kräftig gewachsen, um sich für den Wettbewerb zu rüsten. Etliche Mäster dürfte dabei auch die Furcht vor weiteren Verschärfungen der Genehmigungs- und Haltungsauflagen zum Vorziehen geplanter Baumaßnahmen bewogen haben. Insgesamt sind die Mastbestände hierdurch in den vergangenen acht Jahren um mehr als 15 % gestiegen. Hingegen hat die Ferkelerzeugung im gleichen Zeitraum nur um rund 10 % zugelegt. Um das Ferkeldefizit bzw. die Abhängigkeit von Ferkeleinfuhren zu verringern, haben etliche niedersächsische Mäster inzwischen in die Sauenhaltung investiert. Für Aufsehen sorgen dabei vor allem die Großanlagen mit mehr als 500 Sauen, von denen in den vergangenen Jahren über 40 Stück gebaut wurden. Die Anlagen werden meist von einem oder mehreren großen Mästern betrieben und z.T. mit finanzieller Unterstützung der Futtermittelindustrie gebaut. Trotz dieser Entwicklung gehen Marktexperten davon aus, dass sich das Ferkeldefizit in Niedersachsen weiter verstärkt. Dr. Albert Hortmann-Scholten von der Landwirtschaftskammer Weser- Ems dazu: Die aktuellen Bauanträge zeigen, dass die Betriebe auch in Zukunft verstärkt in die Mast investieren wollen. Gleichzeitig hält der Strukturwandel in der Sauenhaltung an. Ferkel werden damit in Niedersachsen künftig wohl noch knapper als sie es jetzt bereits sind. NRW: Weniger Sauen und mehr Mastschweine Ein ähnliches Bild wie in Niedersachsen zeigt sich in Nordrhein-Westfalen. Auch hier ist der Ferkelbedarf in den vergangenen Jahren weiter gewachsen. Wurde das Ferkeldefizit noch vor drei Jahren auf etwa 1,7 Mio Ferkel im Jahr beziffert, so weist die Ferkelbilanz inzwischen eine Unterversorgung von gut 2 Mio. Tieren im Jahr aus. Der Großteil dieses Ferkelbedarfes konzentriert sich auf die Schweinehochburg Westfalen. Ausschlaggebend für das wachsende Ferkeldefizit in NRW ist in erster Linie der Ausbau der Mastbestände. Diese sind zwar nicht so stark ausgedehnt worden wie im Nachbarland Niedersachsen. Mit einem Plus von rund 10 % in den vergangenen acht Jahren haben aber auch die nordrhein- westfälischen Mäster beachtlich aufgestockt. Anders als in der Mast sind bei der Ferkelerzeugung in NRW schon seit Jahren keine Zuwächse mehr festzustellen. Denn der Ausstieg vieler kleinerer Betriebe wird durch die Bestandsaufstockungen in den größeren Betrieben weitgehend ausgeglichen. Unter dem Strich bleibt die Sauenzahl damit derzeit noch konstant. Doch immer mehr Ferkelerzeuger stoßen in puncto Arbeitsbelastung an ihre Grenzen und wollen ihre Bestände nicht weiter ausbauen. Um dem wachsenden Ferkeldefizit entgegenzuwirken, hat die Landwirtschaftskammer NRW jetzt eine Beratungsoffensive gestartet. Hierbei sollen gezielt Betriebe mit bis zu 100 Sauen motiviert werden, als Familienbetrieb in der Ferkelerzeugung zu wachsen. Inwieweit die Betriebe angesichts der schwierigen Marktsituation bereit sind zu investieren, bleibt abzuwarten. Im Gegensatz zu Westfalen entwickelt sich das Rheinland immer mehr zu einer Ferkel-Überschussregion. Denn hier schrumpft die Mast schneller als die Sauenhaltung. Viele Ackerbauern, die die Mast als zweites Standbein nutzen, sind bei den anhaltend schlechten Preisen ausgestiegen, erklärt Dr. Frank Greshake von der Landwirtschaftskammer NRW. Trotz der Trendwende im Rheinland dürfte der Ferkelbedarf in NRW auch in Zukunft weiter wachsen. Zwar sind aufgrund der schlechten Preise kaum noch Investitionen in die Mast geplant. Doch die Sauenzahl wird vermutlich sinken. Bei den Betrieben mit unter 100 Sauen hält der Strukturwandel an. Gleichzeitig planen die größeren Sauenhalter kaum noch Wachstumsschritte. Daher werden wir hier künftig noch stärker auf Ferkelimporte angewiesen sein, erwartet Peter Spandau, Marktexperte der Landwirtschaftskammer NRW. Baden-Württemberg: Mäster legen kräftig zu Dem hohen Ferkelbedarf im Nordwesten stehen schon seit Jahren beachtliche Ferkelüberschüsse in Süddeutschland gegenüber. Doch das Ferkelangebot in den klassischen Ferkelhochburgen in Baden-Württemberg und Bayern ist in den vergangenen Jahren spürbar geschrumpft. Standen in den beiden Bundesländern noch vor drei Jahren etwa 2,7 Mio. Ferkel für die Ausfuhr bereit, so ist ihr Ferkelüberschuss inzwischen auf rund 2,2 Mio. Tiere im Jahr geschmolzen. In Baden-Württemberg ist der Rückgang der Ferkelüberschüsse vor allem auf den Ausbau der Mastbestände zurückzuführen. Denn Investitionen in die Mast werden im Ländle seit einigen Jahren mit AFP-Mitteln gefördert. Ziel ist es, die Wertschöpfung am Schwein stärker an die Produzenten in der Region zu binden. Mit Erfolg: Allein in den vergangenen drei Jahren wurden im Rahmen der Förderprogramme 1800 Mastplätze neu gebaut. Durch die Aufstockungen in der Mast ist der Ferkelüberschuss in Baden-Württemberg von einst über 2 Mio. auf derzeit ca. 1,5 Mio. Ferkel im Jahr gesunken. Der Löwenanteil dieser Tiere wird nach wie vor nach NRW und Niedersachsen verkauft. Zu einem immer wichtigeren Abnehmer entwickelt sich zudem Bayern. So werden vor allem in die Masthochburgen in Niederbayern und Franken inzwischen mehr als 3000 Ferkel pro Jahr verkauft. Zu den weiteren Abnehmern gehören Hessen und Rheinland-Pfalz, die beide eine leicht negative Ferkelbilanz aufweisen. Insgesamt wird das Exportgeschäft für die baden-württembergischen Ferkelhändler und Erzeugergemeinschaften allerdings zunehmend schwieriger. Denn vor allem in den nordwestdeutschen Masthochburgen verlieren sie immer mehr Abnehmer an die exportstarken Dänen und Holländer, die zum Teil mit Billigangeboten in den Markt drängen. Dieser Trend dürfte sich in den nächsten Jahren sogar noch verstärken. Denn Marktkenner erwarten, dass sich der Ferkelüberschuss in Baden-Württemberg durch den Strukturwandel weiter verringert. Viele kleinere Sauenhalter geben auf, weil sie bei den schlechten Preisen nicht kostendeckend arbeiten. Die Wachstumsbetriebe können dies nicht ausgleichen, erklärt Herbert Klein, Geschäftsführer der Unabhängigen Ferkelerzeugergemeinschaft Hohenlohe (UEG). Ähnlich wie in Baden-Württemberg ist auch in Bayern der Ferkelüberschuss gesunken. Noch vor drei Jahren standen etwa 1 Mio. Ferkel jährlich für den Export zur Verfügung. Heute weist die Bilanz nur noch ein Plus von gut 7000 Ferkeln im Jahr aus. Hauptabnehmer für die bayerischen Ferkel sind Mäster in Niedersachsen und NRW. Der Export ins Ausland, wie z. B. ins Nachbarland Österreich, spielt nur eine untergeordnete Rolle. Strukturwandel drückt die Sauenzahl in Bayern Dass das Ferkelangebot sinkt, liegt vor allem an der Struktur der bayerischen Ferkelerzeugung. Denn nach wie vor stehen drei Viertel der Sauen in Beständen mit weniger als 50 Sauen. Der anhaltende Preisdruck hat viele dieser Betriebe zur Aufgabe gezwungen, so dass sich der Sauenbestand in den letzten 5 Jahren um rund 5% verringert hat. Im Gegensatz dazu haben die bayerischen Mäster in den vergangenen Jahren spürbar aufgestockt. Vor allem in den Masthochburgen Niederbayern und Franken haben die Mäster ihre Bestände hochgefahren. Das Wachstum in der Mast ist inzwischen weitgehend zum Erliegen gekommen. In einigen Regionen hat sich der Trend sogar umgekehrt, und es wird wieder vermehrt in die Sauenhaltung investiert. Josef Weiß von der Bayerischen Landesanstalt für Betriebswirtschaft dazu: Ich denke, dass sich die Sauen- und Mastbestände bei uns in Zukunft in etwa gleichwertig entwickeln. Der bayerische Ferkelüberschuss dürfte sich damit auf dem jetzigen Niveau einpendeln. Konstantes Ferkelangebot in neuen Bundesländern Ähnlich stabil ist die Situation auch in den neuen Bundesländern. Alle fünf Länder haben eine leicht positive Ferkelbilanz. Insgesamt weisen sie einen Überschuss von gut 1 Mio. Ferkel im Jahr aus, der sich in den vergangenen Jahren kaum verändert hat. Lediglich zwischen den östlichen Bundesländern haben sich leichte Verschiebungen ergeben. Die wichtigsten Abnehmer für die ostdeutschen Ferkel sind Niedersachsen und NRW. Mit dem Nachbarland Polen findet bislang kaum Handel statt. Auch in den nächsten Jahren dürfte sich die Situation in den ostdeutschen Bundesländern kaum verändern. Denn die biologischen Leistungen haben sich stabilisiert und liegen inzwischen auf dem Niveau guter westdeutscher Betriebe. Auch durch Bestandsaufstockungen sind derzeit kaum noch Impulse zu erwarten. Der Widerstand in der Bevölkerung gegen neue Ställe ist enorm. Viele Betriebe hält auch die schlechte Infrastruktur von Baumaßnahmen ab. Ich gehe daher davon aus, dass das Ferkelangebot bei uns konstant bleibt, erklärt Dr. Jörg Brüggemann von der Landwirtschaftsberatung Mecklenburg-Vorpommern- Schleswig-Holstein (LMS). Trotz der Überschüsse in den neuen Bundesländern und im Süden weist die gesamtdeutsche Ferkelbilanz ein kräftiges Defizit auf. Zieht man die Salden der einzelnen Bundesländer zusammen, so errechnet sich für das vergangene Jahr eine Unterversorgung von rund 3,3 Mio. Ferkeln. Vergleicht man diesen Wert mit den Vorjahren, wird deutlich, dass das Ferkeldefizit förmlich in die Höhe schnellt. So zeigt Übersicht 2, dass sich der Ferkelbedarf allein in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt hat. Dänen und Holländer schließen Marktlücke Hauptnutznießer des wachsenden Ferkeldefizites in Deutschland sind die Holländer und Dänen. Sie haben ihre Ferkelausfuhren nach Deutschland kräftig hochgeschraubt und machen das Exportgeschäft inzwischen praktisch unter sich aus. So stammten mehr als 98 % der rund 3,7 Mio. Ferkel, die 2003 nach Deutschland eingeführt wurden, aus Holland und Dänemark. Mit ca. 2 Mio. Exportferkeln liegen die Holländer dabei knapp vor den Dänen, die im vergangenen Jahr rund 1,7 Mio. Ferkel zu uns exportiert haben. Der Ferkelexport nach Deutschland war für unsere Nachbarn im vergangenen Jahr sehr lukrativ. Denn Ferkel wurdenin Holland oder Dänemark. Selbst die im Rahmen der Aujeszky-Sanierung entstandenen Handelsbeschränkungen haben die Einfuhren aus dem nach wie vor nicht AK-freien Holland nicht gebremst. So haben viele Holländer die vorgeschriebenen Bluttests und die damit verbundenen Kosten von 2 bis 3 E je Tier auf sich genommen, um von den höheren Preisen in Deutschland profitieren zu können. Für das laufende Jahr rechnen Marktexperten der holländischen Produktschaft für Vieh, Fleisch und Eier (PVE) damit, dass der Export auf rund 1,85 Mio. Ferkel zurückgeht. Das liegt daran, dass viele Ferkelerzeuger das staatliche Ausstiegsprogramm wahrgenommen haben, wodurch die Zahl der Sauen in Holland deutlich gesunken ist. Ebenso wichtig ist aber der verminderte Preisabstand zwischen der holländischen und der deutschen Ferkelnotierung. Der Export ist damit nicht mehr so lukrativ wie im letzten Jahr. In Dänemark indess stehen die Zeichen am Ferkelmarkt weiter auf Export. So wird seit einiger Zeit verstärkt in die Sauenhaltung investiert, während die Zahl der Mastschweine annähernd konstant bleibt. Das Angebot an Exportferkeln wird also steigen, wobei die Dänen keinen Hehl daraus machen wer die Ferkel abnehmen soll. So soll der Ferkelexport nach Deutschland in den nächsten Jahren kräftig hochgefahren werden. Näheres dazu im Interview auf Seite 8. Ob die Dänen ihre Ferkelausfuhren nach Deutschland tatsächlich ausbauen können, wird aber auch davon abhängen, wie sich sich unseren neuen Nachbarländer im Osten in das lukrative Exportgeschäft nach Deutschland einschalten können. Derzeit lässt sich aber noch schwer abschätzen, wie sich die Situation nach dem EU-Beitritt im Mai entwickelt. Bekannt ist nur, dass die Beitritstaaten überwiegend eine ausgeglichene Bilanz zwischen Ferkelerzeugung und Mast aufweisen. Ein starker Im- bzw. Exportdruck ist damit nicht zu erwarten. Allerdings könnte es in der ersten Zeit nach der Öffnung der Grenzen zu einem verstärkten Ferkelangebot aus dem Osten kommen. Denn das Ferkelpreisniveau ist in Deutschland deutlich höher als in den Beitrittsländern. Insgesamt dürften sich die Importe aufgrund der meist unterdurchschnittlichen Qualität der Ferkel aus Osteuropa aber in Grenzen halten. Fazit Ferkel werden in Deutschland immer knapper. Besonders groß ist das Ferkeldefizit in Niedersachsen und NRW, wo inzwischen über 6 Mio. Ferkel im Jahr fehlen. Gleichzeitig werden die Überschüsse in den süddeutschen Ferkelhochburgen Baden-Württemberg und Bayern immer geringer. Marktexperten erwarten daher, dass das Ferkeldefizit künftig noch zunimmt. Denn durch den Strukturwandel bricht die Ferkelproduktion weiter ein, während die Mast in einigen Regionen sogar noch ausgebaut wird. Die Abhängigkeit von Ferkelimporten steigt damit.

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