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„Die deutsche Preisfindung ist unverzichtbar!“

Lesezeit: 7 Minuten

Die rote Seite torpediert den Vereinigungspreis für Schlachtschweine immer wieder. Vor allem Danish Crown mäkelt häufig. Achim Schmitz, Vorsitzender der VEZG, fordert von den Bauern mehr Unterstützung bei der Preisfindung.


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Die Schlachter meckern immer wieder über den VEZG-Preis. Was genau ist das Problem der roten Seite?


Schmitz: Die Schlachter halten den von der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften (VEZG) wöchentlich herausgegebenen Erzeugerpreis für zu hoch. Sie jammern darüber, dass sie beim Fleischverkauf angeblich immer wieder Geld drauflegen müssen. Die Fleischverarbeiter behaupten, dass sie sich immer stärker dem europäischen und internationalen Wettbewerb stellen müssen und die Preise auf diesen Märkten massiv unter Druck stehen.


Darüber hinaus stört sie die durch uns geschaffene Markt- und Preistransparenz. Die Käuferseite will unbedingt verhindern, dass die Schweinehalter allzu gut über künftige Marktentwicklungen informiert werden. Unsere Aufgabe ist es jedoch, jede Woche aufs Neue auszuloten, was möglich ist und eine Preisempfehlung zu veröffent-lichen, die in der Regel auch von der roten Seite mitgetragen wird.


In der deutschen Niederlassung von Danish Crown lehnt man die deutsche Preisfindung gänzlich ab, weil die Bauern den Schlachtern angeblich die Preise diktieren. Zu Recht?


Schmitz: Bei Danish Crown will man, dass die rote und grüne Seite gemeinsam die Preise aushandeln. Das ist aber Wunschdenken, denn das Bundeskartellamt erlaubt derartige Preisabsprachen nicht. Die Position der Bonner Kartellwächter ist in diesem Punkt eindeutig: Stufenübergreifende Preisabsprachen sind verboten!


Laut Danish Crown treibt die VEZG die Preise im Sommer bewusst hoch. Die Schlachter holen sich das Geld im Frühherbst wieder und drücken die Preise dann übermäßig stark. Ist das so?


Schmitz: Nein, der Preis für lebende Schlachtschweine wird einzig und allein durch das Angebot und die Nachfrage bestimmt. Im Sommer laufen Grillartikel nun mal besser als im Winter. Das ist auch in Dänemark so und lässt sich exemplarisch am Preisverlauf dieses Jahres wieder sehr gut ablesen. Auch Danish Crown kann den saisonalen Schweinepreiszyklus nicht aushebeln.


Wie können die Schlachter ihre Margen in Hochpreisphasen sichern?


Schmitz: Die Schlachter könnten sich bei der Weitervermarktung ihrer Fleisch- und Wurstwaren stärker an den VEZG-Preis koppeln. Bei einem überraschenden Preisanstieg – wenn z.B. Schweine plötzlich knapp sind – könnten sie die höheren Einkaufskosten an den Endverbraucher weitergeben. Das wäre im Sinne aller, weil die Schweinehalter dann einen deutlich höheren Anteil an der Wertschöpfung erhalten würden.


Auch die ISN übt Kritik. Sie verweist darauf, dass der Preis an der Internetbörse einige Cent je kg SG höher liegt. Wie berechtigt ist das „Störfeuer“ aus den eigenen Reihen?


Schmitz: Die ISN stützt das System der durch die Vereinigung organisierten Preisfindung auf ganzer Linie. Das es hin und wieder mal Meinungsverschiedenheiten gibt, ist doch normal. Schließlich geht es hier ums Geld der Bauern. Dennoch weiß man im niedersächsischen Damme, dass nur eine nach dem Agrarmarktstrukturgesetz anerkannte Dachorganisation eine in die Zukunft gerichtete Preisempfehlung aussprechen darf.


Richtig ist, dass die Internet-Schweinebörse ein höheres Preisniveau hat. Wir sehen die Börsenpreise aber nicht als Störfeuer, sondern als belebende Konkurrenz. Davon abgesehen bildet die Börse mit relativ kleinen Mengen nur den Spotmarkt für sofort verfügbare Schweine ab. Dazu passt dann auch der Preiszuschlag.


Der VEZG-Preis soll die wöchentliche Marktlage richtig widerspiegeln. Das geht aber nur, wenn genug Viehvermarktungs-Genossenschaften melden. Wie viele Preismelder sind aktuell an Bord?


Schmitz: Bundesweit melden von 46 Mitgliedern derzeit rund 30 EZG ihre Preise an die Vereinigung. Die meisten EZG sitzen in Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg. Die ostdeutschen Bundesländer und das Kerngebiet Nordrhein-Westfalen sind derzeit noch unterrepräsentiert.


Das dürfte sich aber bald ändern, denn wir bekommen von landwirtschaftlichen Organisationen große Unterstützung. Beim Westfälisch- Lippischen Bauernverband z.B. setzt man sich vehement dafür ein, dass weitere westfälische Viehvermarktungsgenossenschaften der Preismeldung beitreten.


Wer darf überhaupt melden?


Schmitz: Die Voraussetzungen stehen im Agrarmarktstrukturgesetz. Demnach müssen Preismelder zwingend aktiv auf eigene Rechnung handeln und somit das wirtschaftliche Risiko des Viehhandelsgeschäftes voll tragen. Des Weiteren müssen sie möglichst breit aufgestellt sein und sollten mindestens zeitweise über mehr als einen Abnehmer verfügen. Schließlich müssen sie mindestens 2000 Schweine pro Woche handeln. Wenn ein privater Viehhändler Vertragspartner einer EZG ist, kann er sich auch indirekt als Preis-melder beteiligen.


Wie viele Ferkel bzw. Mastschweine vermarkten die Melder? Wie viel Prozent der Schweine bzw. Ferkel in Deutschland deckt der VEZG-Preis ab?


Schmitz: Im letzten Jahr vermark-teten die Mitglieder der VEZG rund 12 Mio. Mastschweine, das entspricht einem Inlandsmarktanteil von etwa 25%. Hinzu kommen rund 6,2 Mio. Ferkel. Hier lässt sich der Inlandsmarktanteil jedoch nur schwer schätzen, weil viele Ferkelerzeuger auch selbst mästen. Der Inlandsmarktanteil dürfte aber bei mindestens 20% liegen.


Es müsste doch im Interesse der Mitglieder sein, dass ihre EZG oder VVG zur Preisfindung beiträgt. Woran liegt es, dass die Beiräte, Vorstände oder Aufsichtsräte sich nicht stärker engagieren?


Schmitz: Ja, alle Schweinehalter haben ein Interesse an einer möglichst umfassenden Markttransparenz. Denn nur so lässt sich die Leistungsfähigkeit der Vermarktungsorganisationen und der Schlachthöfe sicher beurteilen.


Das Engagement der Beiräte, Aufsichtsräte usw. wächst. Zurzeit erhalten wir Zustimmung aus dem Ehrenamt zahlreicher Vermarktungsorganisationen, sich künftig aktiv am Preisfindungssystem der VEZG zu beteiligen. Im Übrigen gilt absoluter Daten- und Vertrauensschutz, kein Schlachter erfährt den von der EZG gemeldeten Preis.


Üben die Schlachter Druck auf die Erzeugergemeinschaften aus, sind diese erpressbar?


Schmitz: Die aufnehmenden Schlachtunternehmen üben immer dann Druck aus, wenn nach Ansicht ihrer Einkäufer Angebot und Nachfrage nicht zur Preismeldung passen. Das trifft aber auf alle Handelspartner zu, nicht nur auf die Erzeugergemeinschaften. Schweine werden immer dann abbestellt, wenn die Preisforderung des Verkäufers nicht zur Marktlage passt.


Hauspreise sind für viele freie Händler und EZG existenzbedrohend. Wie kann man Hauspreise verhindern?


Schmitz: Die Praxis zeigt, dass in den „Hauspreis-Wochen“ nicht alle Schlachtbetriebe den VEZG-Preis mit Hauspreisen torpedieren. Häufig sind es nur ein oder zwei Schlachtunternehmen, die der VEZG-Preisempfehlung nicht folgen. Schaut man sich die Details näher an, sind auch die „Hauspreis-Tage“ nicht mit dem von der Vereinigung umschriebenen Vermarktungszeitraum, d.h. von Donnerstag 0 Uhr bis den darauf folgenden Mittwoch 24 Uhr, identisch.


Zuletzt wurden zum Teil hohe Zuschläge gezahlt. Das untergräbt auf Dauer den VEZG-Preis. Wie kann man das leidige Zuschlagswesen verhindern?


Schmitz: Preiszuschläge oder Preisabschläge auf eine gefundene Basis sind völlig normal. Den Einheitspreis, den jeder Marktteilnehmer garantiert erhält, gibt es in keinem freien Markt auf dieser Welt. Egal ob Sie den Milch-, Getreide- oder Ölsaatenmarkt anschauen, es gibt immer qualitätsbedingte Zuschläge oder im Zweifel auch Abschläge. In einem gewissen Rahmen sind Preiszuschläge kein Problem.


Kann der VEZG-Preis bestehen, wenn wir in Zukunft mehr Differenzierungen im Markt (männlich, weiblich, Jungeber, Strohschweine, Labelschweine, Bioschweine usw.) bekommen?


Schmitz: Der Vereinigungspreis steht für eine Standardqualität. Sollten sich in Zukunft weitere Marktdifferenzierungen ergeben, beispielsweise für besonders gelabelte Schweine, Biotiere oder Tierwohlschweine, wird der entsprechende Mehraufwand durch einen fixen Preiszuschlag auszugleichen sein. Nach unserer Einschätzung wird es aber weiterhin einen großen Standardmarkt geben, für den wir die durchschnittliche Preisempfehlung erstellen.


Der zersplitterten grünen Seite steht eine sehr konzentrierte rote Seite gegenüber. Ist die VEZG in der Lage, die Partien künftig stärker zu bündeln, um einen stärkeren Gegenpool aufzubauen?


Schmitz: Die VEZG kann die Ferkel- und Mastschweinepartien nur dann stärker bündeln, wenn sie mehr Unterstützung durch den Berufsstand und jeden einzelnen Schweinehalter erfährt. Das neue Agrarmarktstruktur-gesetz erlaubt die Bündelung ausdrücklich. Anerkannte Vermarktungsorga-nisationen dürfen untereinander Informationen austauschen und Preisempfehlungen veröffentlichen. Auch wenn der Weg schwierig ist, die enge Zusammenarbeit wird künftig alternativlos sein.


Der VEZG-Preis ist seit 18 Jahren die Leitnotierung in Europa. Bleibt das so?


Schmitz: Unsere Nachbarländer und Handelspartner beneiden uns um den Vereinigungspreis. Auf die deutsche Preisfindung können wir deshalb nicht verzichten! Aus kleinen Anfängen des sogenannten Nordwestpreises hat sich mittlerweile eine akzeptierte Preisempfehlungsbasis für ganz Deutschland und die angrenzenden Regionen entwickelt. Natürlich kann ich nicht in die Zukunft schauen, aber ich bin sicher, dass wir die transparente Preisfindung auch in Zukunft haben werden.


Das Interview führte top agrar-Redakteur Marcus Arden

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