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„Die Presse  ist stets willkommen“

Lesezeit: 9 Minuten

Für viele Schweinehalter ist die Öffentlichkeitsarbeit noch Neuland. Nadine und Heinrich Henke sind darin schon „alte Hasen“. Eva Maria Schulze Bisping hat ihnen über die Schulter geschaut.


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Anfeindungen, Beleidigungen, Vorwürfe: Als Bauerntocher bin ich schon häufig mit vielen (Vor-)Urteilen über unsere Schweinehaltung konfrontiert worden. Anfangs hat mich das zutiefst erschüttert. Inzwischen habe ich mich – wie andere Landwirte auch – fast daran „gewöhnt“. Dennoch darf und kann das kein Zustand sein!


Deshalb versuche ich Freunde und Bekannte besser über die moderne Tierhaltung zu informieren. Auch Schulklassen und Kindergärten haben meine Eltern bereits die Stalltüren geöffnet.


Mit großem Interesse verfolge ich die Öffentlichkeitsarbeit von Nadine und Heinrich Henke. Ihr Engagement für das Image der Schweinehaltung ist beeindruckend.


Schöne und pikante Bilder:

Angefangen haben sie 2013 mit der Facebook-Seite „Brokser Sauen“. Sie hat heute 3370 „Gefällt mir“-Angaben. Das heißt, dass knapp 3400 Menschen die Seite abonniert haben und sich dafür interessieren, was im Betrieb so passiert. Ein guter Wert für die Seite eines landwirtschaftlichen Betriebes, finde ich.


Die Idee für die Seite entstand übrigens spontan. Eine Freundin forderte Nadine Henke auf, einer veganen Facebook-Seite zu folgen. Quasi aus Protest beschloss sie eine eigene Seite für den Schweinebetrieb zu erstellen. Sie sprang damit ins kalte Wasser, denn eigentlich ist sie studierte Tierärztin und keine „Pressetante“ oder Moderatorin.


Auf Facebook lassen Nadine und Heinrich Henke ihre Leser am täglichen Geschehen im Stall bzw. auf dem Betrieb teilhaben. Sehr wirkungsvoll sind knappe Texte und dazu passende Fotos, verraten sie mir.


Dennoch traut sich Nadine Henke, hin und wieder auch Fotos einzustreuen, die eben nicht nur die heile Welt zeigen. So veröffentlichte sie beispielsweise ein Bild der Kadavertonne oder eines Ferkels mit offenem Nabelbruch. Ihrer Meinung und Erfahrung nach sei es besser, wenn die Landwirte diese Bilder selbst zeigen und dann vernünftig erklären, als wenn die Tierschützer sie den Betrieben um die Ohren hauen.


Ganz bewusst betonen sie und ihr Mann auch, dass sie kein Vorzeigebetrieb sind. „Wir sind ein ganz konventioneller Sauenbetrieb, ja für Außenstehende sogar ein Massentierhalter“, sagt Heinrich Henke ohne Umschweife. Entsprechend könne man auch bei ihnen im Stall Fotos machen, die hässlich aussehen – wenn man es gezielt darauf anlegt.


Eine Strategie für Kritik:

Neben eigenen Beiträgen teilen Henkes auch gute und passende Beiträge befreundeter Seiten – also z.B. anderer Betriebe. Doch egal ob eigene oder fremde Inhalte, die beiden wissen, dass sie jederzeit mit Kritik rechnen müssen. So ist das (leider) nun mal: Wer mit dem Thema Tierhaltung in den Sozialen Medien unterwegs ist, muss sich ein dickes Fell zulegen. Besonders Tierschützer kritisieren häufig auf persönlicher Ebene und beleidigen sogar.


Aber Nadine Henke hat für solche Situationen eine Strategie entwickelt: „Wir haben beschlossen, dass wir Leute sperren, wenn sie unverschämt werden. Das bringt uns dann auch nicht in Verlegenheit, auf solche Angriffe antworten zu müssen.“ Wie sie mir berichtet, haben sie derzeit wohl rund 500 Facebook-Nutzer gesperrt, die auf Brokser Sauen nicht kommentieren dürfen.


Darüber hinaus erfahre ich, dass auch die „Seitenmoderation“ sehr wichtig ist. Mit dieser Option bietet Facebook die Möglichkeit, sich vor Beleidigungen zu schützen. Man findet sie unter Einstellungen, Allgemein, Seitenmoderation. Hier kann man Begriffe wie z.B. Tierquäler eingeben und damit verhindern, dass Besucher diese Worte in Kommentaren auf der eigenen Seite veröffentlichen können. Ein guter Tipp!


Nadine Henke empfiehlt zudem allen, die eine Facebook-Seite für ihren Betrieb erstellen möchten, die Bewertungsmöglichkeit über das Sterne-System auszuschalten. Denn das zerschießen die Tierschützer sofort, nachdem die Seite online gegangen ist.


Außerdem können sich neue „Facebook-Landwirte“ gerne bei ihr melden. Sie hilft dann mit, die Seite im Netz bekannter zu machen.


Bei allen Aktivitäten im Netz sei es ihrer Meinung nach wichtig, schnell zu sein. Kommentare oder „Gefällt mir“ sollten bei neuen Meldungen möglichst zügig gesetzt sein. Auch Fragen sollte man binnen eines Tages beantworten. Entsprechend ist Nadine Henke täglich online, häufig am Abend oder wenn sie unterwegs ist. Insgesamt investiere sie eine halbe Stunde pro Tag in Brokser Sauen, verrät sie mir.


Doch Facebook kostet Familie Henke nicht nur Zeit, sie können damit auch Zeit einsparen. „Wir mussten noch nie eine Stelle ausschreiben, weil wir viele Initiativbewerbungen bekommen“, sagt Nadine Henke erfreut.


Türöffner-Tag lockt Städter.

Doch nicht nur virtuell, auch real engagieren sich Henkes in der Öffentlichkeitsarbeit. So führen sie jährlich etwa 200 Besucher durch ihren Stall. Darunter sind beispielsweise Schüler und Tiermedizin-Studenten.


Ein Highlight für die Familie ist der Türöffner-Tag der Sendung mit der Maus. Er findet jedes Jahr am 3. Oktober statt, also in gut einem Monat wieder. An diesem Tag werden Türen geöffnet, hinter denen sich etwas Interessantes verbirgt und die sonst verschlossen sind.


Viele Unternehmen, Vereine, Handwerksbetriebe und inzwischen auch einige landwirtschaftliche Betriebe nehmen am Türöffner-Tag teil. Jede Tür bzw. Veranstaltung wird auf der Maus-Internetseite www.maus-tueren-auf.de veröffentlicht und die Besucher können sich dann per E-Mail direkt bei den Betrieben anmelden.


Nadine und Heinrich Henke haben bislang zweimal am Türöffner-Tag teilgenommen. Sie finden es gut, dass sie darüber auch viele Städter erreichen. So empfingen sie zum Beispiel eine Familie aus Hamburg. Als beim Stallrundgang die Volumendosierer geöffnet wurden, bemerkte der Vater wie selbstverständlich „achso, jetzt kriegen die Sauen ihre Antibiotika“.


Als ich das höre, bin ich baff. Auch Heinrich Henke war damals ziemlich verdutzt: „Auf solche Ansichten muss man erstmal kommen. Doch woher sollen es die Leute auch besser wissen?“ Umso wichtiger sei es seiner Meinung nach, an Veranstaltungen wie dem Türöffner-Tag teilzunehmen.


Übrigens klammern Henkes bei Führungen nie einen Stallbereich oder ein Thema aus. Auch über das Nottöten reden sie ganz offen. Mutig, finde ich.


Anfragen schnell bedienen:

Wer so aktiv in der Öffentlichkeitsarbeit ist, landet früher oder später auch in Zeitung, Funk und Fernsehen. Entsprechend gab es schon mehrere Radiobeiträge mit den Brokser Sauen bei NRD Info. Im NDR-Fernsehen sah man Familie Henke im 45-minütigen Beitrag mit dem Titel „Armes Schwein?“. Und in der Sendung „ich mach’s“ hat ihre Auszubildende den Beruf Tierwirt/in Schwein vorgestellt. Auch auf stallbesuch.de findet man verschiedene Kurzfilme über den Betrieb.


Generell ist Henkes der Kontakt zu Journalisten sehr wichtig. Sie haben gelernt, dass man ihre Anfragen schnell bedienen muss – beispielsweise wenn sie einen Betrieb zum Thema Schwänze kupieren suchen. „Bei den Bioverbänden oder beim AbL werden die Anfragen von Journalisten sofort bearbeitet und zügig passende Betriebe gesucht“, berichtet Heinrich Henke darüber, was ihm Journalisten erzählt haben.


Hier stehe sich seiner Ansicht nach unsere Berufsvertretung häufig noch selbst im Weg. Aus Furcht vor einer Negativschlagzeile unternehme man lieber gar nichts. Henkes selbst sehen das inzwischen völlig gelassen: „Wir haben keine Angst mehr vor der Presse.“ Selbst wenn ein Bericht am Ende für die Schweinehaltung negativ ausfällt, ist es für sie kein Weltuntergang. Er wäre bestimmt auch ohne ihre Mitwirkung schlimm geworden. Oder vielleicht sogar noch schlimmer, wenn sie sich nicht gemeldet hätten, so ihre Meinung.


Der Erfolg ist kaum messbar.

Das zeigt in meinen Augen deutlich, was das Schwierige an der Öffentlichkeitsarbeit ist: Ihr Erfolg oder Misserfolg ist nicht messbar. Man kann nicht quantifizieren, was eine Maßnahme gebracht hat – so wie man das z.B. bei der Ferkelimpfung oder beim Düngen kann.


Vielleicht erspart man sich in Zukunft Arbeit, weil man heute in die Öffentlichkeitsarbeit investiert. Vielleicht aber auch nicht. Das ist, so vermuten Henkes und ich gemeinsam, ein wichtiger Grund, warum viele Betriebe nicht aktiv werden.


Dabei kann Öffentlichkeitsarbeit auch viel Spaß machen. Henkes erzählen, dass sie schon viel Zuspruch und positives Feedback bekommen haben. So sprachen sie auf der EuroTier schon wildfremde Menschen an und meinten „machen Sie weiter so“.


Großes Engagement:

Daneben sind aber auch Durchhaltevermögen und der Austausch mit Gleichgesinnten wichtig, um täglich am Ball zu bleiben. Aus einer Gruppe von Öffentlichkeitsarbeitern hat sich so auch das „Bauernwiki – frag den Landwirt“ entwickelt (www.frag-den-landwirt.com und www.facebook.com/fragdenlandwirt). Dahinter steht eine Gemeinschaft von Landwirten aus ganz Deutschland, die Fragen von Außenstehenden zur Landwirtschaft beantworten.


Die Landwirte sind in einer geschlossenen Facebook-Gruppe organisiert, um sich dort zunächst über die Fragen auszutauschen. Das finde ich super, besonders für noch unerfahrene Öffentlichkeitsarbeiter. Übrigens werden jederzeit neue Mitstreiter gesucht.


Neben Bauernwiki engagiert sich Nadine Henke auch bei „Wir machen Euch satt“. Parallel zur Grünen Woche 2015 und 2016 demonstrierten Landwirte für mehr Dialog und Verständnis. Am 21. Januar 2017 finden die nächste Demonstration in Berlin und weitere Aktionen an vielen Orten Deutschlands statt.


Puh, so viel Engagement ist schon beeindruckend. Wie schaffen Nadine und Heinrich Henke das alles? Das gehe nur, wenn man als Betriebsleiter aus der täglichen Stallarbeit raus ist, sagt Heinrich Henke ehrlich. Dafür brauche es standardisierte Arbeitsabläufe und gute Mitarbeiter, auf die man sich verlassen kann. Dass das bei Henkes funktioniert, habe ich während meines Power-Praktikums erlebt – mehr dazu in meinen Tagebucheinträgen unter www.topagrar.com/Power-Praktikum.


Mein Fazit: Als Landwirt muss man keine „Angst“ vor der Öffentlichkeitsarbeit haben. Und: Auch kleine Aktionen sind wertvoll, um Außenstehenden die Landwirtschaft näher zu bringen.


So, dann bleibt mir am Schluss nur noch zu sagen: Herzlichen Dank an Nadine und Heinrich Henke und ihr Team für die interessanten Einblicke.-ri-

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