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Hohe Fruchtbarkeitmuss erfüttert werden

Lesezeit: 9 Minuten

Hoch fruchtbare Sauen müssen bedarfsgerecht gefüttert werden. Warum ein „Protein-Kick“ in der Laktation sinnvoll sein kann, erläutert Dr. Manfred Weber von der Landesanstalt für Landwirtschaft in Iden, Sachsen-Anhalt.


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Bei der Fütterung hoch fruchtbarer Sauen liegt die wohl größte Herausforderung heute darin, viel Futter in die Sau hineinzubekommen. Denn nur wenn die Sau ausreichend Futter zu sich nimmt, ist sie in der Lage, genügend Milch für 12 bis 14 Ferkel zu produzieren und ihre eigene Körperkondition aufrechtzuerhalten.


Früh auf Kondition füttern:

Um den Futterverzehr der Tiere anzuregen, sind drei Grundvoraussetzungen wichtig:


  • Die Sau muss gesund sein.
  • Das Futter sollte schmackhaft sein.
  • Keine der eingesetzten Futterkom-ponenten darf Schimmelpilze, Myko-toxine usw. enthalten.


Darüber hinaus kommt es bei dem heutigen Leistungsniveau mehr denn je darauf an, die Sauen in allen Produk-tionsstadien optimal zu versorgen. Empfehlungen zur Energie- und Lysinversorgung für tragende Sauen sind in Übersicht1 dargestellt. Niedertragende Jungsauen bzw. Sauen sollten laut Empfehlung der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GFE) vom 1. bis zum 84. Tragetag 31 bzw. 35 MJME erhalten. Bei einem Energiegehalt von 12 MJ je kg Futter entspricht das einer täglichen Futteraufnahme von 2,6 bzw. 2,9 kg Futter. Der Lysingehalt sollte bei 14,1 bzw. 14,6 g je Tag liegen.


Achtung: Bei den Angaben handelt es sich um Durchschnittswerte. Tiere, die in der Laktation mehr als 10% Körpermasse verloren haben, müssen eine Energie- und Lysinzulage erhalten. Entgegen früherer Meinungen ist es bei dem heutigen hohen Leistungs-niveau notwendig und auch sinnvoll, abgesäugten Sauen bereits unmittelbar nach der Besamung eine Einzeltier-zulage zu geben. Innerhalb von acht bis zehn Tagen nach dem Absetzen kann die Zulage auf bis zu 12 MJME bzw. 1 kg Futterzulage pro Tier und Tag steigen, wie die Futterkurve in Übersicht2 verdeutlicht. Eine noch schnellere Steigerung macht allerdings keinen Sinn, weil die Sauen noch größere Futtermengen in der ersten Woche nach dem Besamen nicht fressen.


Bei sehr stark abgesäugten Tieren (Konditionsstufe 1) muss die Energie-zulage zwingend erfolgen, ansonsten gehen die Sauen zu schlecht konditioniert in die nächste Laktation. Den Tieren fehlen dann wichtige Fettreserven. Diese werden erst aufgefüllt, wenn der Bedarf für Erhaltung, Uterusentwicklung und Fleischansatz gedeckt ist.


Stark abgesäugte Sauen fangen in der Regel von alleine an zu fressen, weil ihr Körper so programmiert ist. Wenn nicht, kann man den Tieren etwas Ferkelfutter geben, das fressen Sauen besonders gerne. Auch die Gabe von etwas Zucker oder aufgeschlossenem Getreide funktioniert, weil beides schmackhaft ist. Wichtig ist, den Tieren nur kleine Mengen zu geben, weil Ferkelfutter teuer ist. Zudem sollten die Gaben langsam reduziert werden.


Ab dem 85. Trächtigkeitstag empfehlen Fütterungsexperten, die Energie-versorgung auf 39 (Jungsauen) bis 43 (Altsauen) MJME pro Tag zu steigern, um die Versorgung der heranwachsenden Föten sicherzustellen. Das Ziel ist, Geburtsgewichte von im Mittel 1500 g zu erreichen. Ab dem 100. Trächtigkeitstag können Einzeltiere eine weitere Futterzulage erhalten. Hier sind bis zu 45 MJME pro Tag möglich.


Sinnvoll ist in der Regel auch, die Versorgungsempfehlungen der Zuchtunternehmen zu berücksichtigen. Denn diese weichen zum Teil sehr stark voneinander ab.


Viel Rohfaser anbieten:

Neben der Energieversorgung spielt die Versorgung mit Rohfaser eine wichtige Rolle. Denn Rohfaser hält den Darm gesund und regt die Verdauung an. Zudem wirken die Ballaststoffe diätetisch, sie puffern Gifte ab und binden Wasser. Gesetzlich vorgeschrieben ist im Trage-futter ein Rohfasergehalt von 7% je kg Trockenmasse. Neueste Forschungen belegen sogar, dass bei einer noch höheren Rohfaserversorgung während der Trächtigkeit und rund um die Geburt die Kolostrummenge steigt. Das verschafft den Ferkeln einen besseren Start ins Leben.


Mindestens 20% NDF:

Entscheidend ist die richtige Auswahl der Rohfaserkomponenten. Die Quellfähigkeit und die bakterielle Fermentierbarkeit stehen hier im Vordergrund. Stark quellende Rohfaserkomponenten wie z.B. Trockenschnitzel, sorgen für das Sättigungsgefühl. Komponenten mit hoher bakterieller Fermentierbarkeit, wie z.B. Sojaschalen oder Apfeltrester, sind wichtig für die Bakterien im Dickdarm, weil diese daraus ihre „Nahrung ziehen“.


Um den Ansprüchen der Sau gerecht zu werden und die Fütterung so einfach wie möglich zu gestalten, bietet sich der Einsatz von Fasermixen an. Diese enthalten verschiedene Faserkomponenten wie Weizenkleie, Trockenschnitzel, Sojabohnenschalen und Rapsextraktionsschrot. Der Einsatz von Obsttrester oder Lignocellulose ist ebenfalls möglich, verteuert aber die Mischung.


In diesem Zusammenhang ist der Anteil an NDF (neutrale Detergentienfaser) und ADF (saure Detergentienfaser) in der Mischung zu berücksichtigen. Der NDF-Anteil sollte mindestens 20% betragen, der Anteil an ADF wegen seiner schlechten Fermentierbarkeit höchstens 8%. Höhere ADF-Gehalte führen dazu, dass der Anteil an leicht abbaubarer Hemizellulose zu gering ist und den Bakterien „Futter“ fehlt.


Je mehr Ferkel pro Wurf geboren werden, desto länger dauert die Geburt. Dementsprechend lange muss die Gebärmutter kontrahieren. Für diesen Vorgang muss die Sau ausreichend Calcium (Ca) im Blut zur Verfügung stellen, das gleichzeitig zur Milchbildung dringend benötigt wird.


Wichtig ist, dass sich der Organis-mus der Sau zum Ende der Trächtigkeit von der Calcium-Einlagerung auf die Ca-Auslagerung umstellt. Im Tragefutter darf deshalb nicht zu viel Calcium enthalten sein, maximal 0,6% sind ideal. Wird durch Anpassungen im Mineralfutter gleichzeitig das Verhältnis der positiv geladenen Ionen (Na, K) zu den negativ geladenen Ionen (P, S, Cl) in Richtung negativer Ionen verschoben, kommt es zu einer Calcium-Auslagerung aus den Knochen. Weiterer nütz-licher Nebeneffekt: Der Harn-pH-Wert sinkt und die in den Harnwegen befindlichen Bakterien werden abgetötet. So kann man unter anderem MMA-Erkrankungen vorbeugen.


Tragende Sauen müssen darüber hinaus ausreichend mit Vitaminen und Spurenelementen versorgt werden. Nur so können die in der letzten Laktation verbrauchten Reserven wieder aufgefüllt werden.


Vollgas im Abferkelstall:

Wann vom Tragefutter auf das Säugefutter umgestellt wird, kann immer nur betriebs-individuell entschieden werden. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten:


  • Gleich nach dem Einstallen, also fünf bis sieben Tage vor der Geburt,
  • oder zwei bis drei Tage nach der Geburt. Diese Variante bietet sich an, wenn in der Herde gehäuft Verstopfungen und MMA auftreten.


Entscheidend ist in beiden Fällen, dass jede Sau auch am Tag der Geburt Futter frisst. Die frühere Empfehlung, zur Geburt kein Futter vorzulegen, gilt heute nicht mehr. Die Futtermenge sollte am Abferkeltag zwischen 2 und 2,5 kg liegen, da die Milchbildung bereits einige Tage vor der Geburt beginnt.


Nach der Geburt kann die Futtermenge zehn bis 14 Tage lang schrittweise um 0,5 bis 1 kg pro Tag gesteigert werden. Bei Jungsauen sollte die Steigerung ohne Unterbrechung erfolgen, bei älteren Sauen ist zwischen dem fünften und siebten Tag nach der Geburt eine Zu-lagenpause sinnvoll. Ab etwa dem 14. Laktationstag kann dann ad libitum gefüttert werden, weil die Milchproduktion dann auf bis zu 15 kg pro Tag steigt.


Die genauen Versorgungsempfehlungen für laktierende Sauen sind in Übersicht 3 aufgelistet.


Kondition beachten:

In vielen Praxisbetrieben ist zu beobachten, dass die Sauen in der dritten oder vierten Säugewoche nicht mehr ad libitum fressen. Dieses Problem ist oft hausgemacht, weil schlichtweg nicht genug Futter im Trog liegt. Die tägliche Trogkontrolle inklusive eventueller Anpassungen der Futtermenge ist daher oberste Pflicht!


Ein besonderes Augenmerk muss auf die Sauen gerichtet werden, die relativ schnell stark absäugen oder schon Liegeschäden aufweisen. Hier muss mit allen Mitteln versucht werden, die Futteraufnahme zu steigern.


Folgende Maßnahmen bieten sich an:


  • Drei- bis viermal tägliche Futtergabe in 500 g-Portionen,
  • Fütterung im Sommer nur während der kühleren Tageszeiten,
  • Zudosieren von schmackhaften Komponenten wie zum Beispiel Aromen,
  • Einsatz gleicher Komponenten im Trage- und Säugefutter,
  • ausreichend grobe Futterstruktur,
  • Verlängerung des Lichttages im Winter,
  • tägliche Reinigung der Tröge,
  • stundenweiser Auslauf für schlechte „Fresser“,
  • Absenken der Stalltemperatur und
  • Optimierung des Abferkelmanagements (kurze Geburtsphasen).


Entscheidend ist, frühzeitig zu erkennen, welche Sauen eine Zulage benötigen. Kritisch wird es bei deutlich mehr als 10% Substanzverlust. Um das eigene Auge zu schulen, bieten sich regelmäßige Probewiegungen im Abferkelstall an.


„Protein-Kick“:

Sauen sind in der Lage, Körperfettreserven anzulegen. Protein hingegen können die Tiere nicht speichern. Bei einer Unterversorgung kommt es daher immer zu einem Proteinabbau aus verschiedenen Körpergeweben, da sich der Milchproteingehalt selbst bei einer Unterversorgung nicht verändert.


Dieser Proteinabbau ist z.B. eine Hauptursache für Fruchtbarkeitsprobleme, beispielsweise verspäteter Rauscheeintritt.


Bei einer Milchleistung von 14 bis 15 kg pro Tag, einer mittleren Futteraufnahme von 7 kg und einem Protein-gehalt von 17% werden über 1000 g Körperprotein innerhalb von drei Wochen abgebaut. Dieser Verlust kann nur ausgeglichen werden, indem man hoch proteinreiche Futterrationen für Sauen mit hohen Milchleistungen herstellt.


Diese Spezialfutter könnten den Sauen als „on-top-Futter“ verabreicht werden. Bei einem Wurfzuwachs von 2,9 bis 3,4 kg pro Tag müssten im Futter ca. 19,5 bis 23,5% Protein mit 5,5% Lysin enthalten sein. Allerdings dürften diese Mischungen nur gezielt bei Einzeltieren eingesetzt werden! Denn die generelle Verfütterung wäre viel zu teuer und ist auch aus ökologischen Gründen abzulehnen.


Flushingfütterung sinnvoll?

„Der Einsatz eines Flushing-Futters vor und nach der Ovulation hat einen positiven Effekt auf die Qualität der Eizellen und damit auf die Anzahl lebensfähiger Embryonen.“ Mit solchen Werbeaus-sagen versucht die Industrie, spezielle Flushing-Produkte zu verkaufen.


Ziel der Flushing-Fütterung ist, durch eine gesteigerte Energieversorgung die Ovulationsrate zu erhöhen. In der Praxis ist die Flushing-Fütterung allerdings umstritten. Eigene Erfahrungen in Iden zeigen, dass sich das Konzept nur für Sauen lohnt, die sich im ersten oder zweiten Wurf befinden. Denn nach dem zweiten Wurf ist das Hormonsystem normalerweise so gefestigt, dass es keinen weiteren Anschub benötigt.


Landwirte, die sich trotzdem für die Flushing-Fütterung entscheiden, sollten darauf achten, dass sie ihren Sauen nicht nur sehr leicht verfügbare Energie z.B. in Form von Traubenzucker anbieten. Dieser führt zwar zu einem sehr schnellen Anstieg des Insulinspiegels, er fällt aber auch schnell wieder ab. Sinnvoller ist der Einsatz leicht verfügbarer Stärke, wie sie beispielsweise in aufgeschlossenem Getreide vorkommt.


Stark abgesäugte Sauen brauchen außerdem Eiweiß bzw. freie Amino-säuren, um Körpersubstanz aufbauen zu können. Vitamine, Spurenelemente usw. sollten ebenfalls nicht fehlen. Omega-3-Fettsäuren (aus Lein- oder Fischölen) haben positive Auswirkungen auf die Bildung von Prostaglan-dinen, L-Carnitin verbessert den Energiestoffwechsel der Sau. -ar-

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