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Masterplan gegen Salmonellen

Lesezeit: 10 Minuten

Die Salmonellen-Sanierung tritt auf der Stelle. Um die Beratung besser zu koordinieren, haben niedersächsische Berater und Tierärzte die „Qualifizierte Salmonellenberatung“ entwickelt.


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Salmonellen gehören zu den lästigsten Erregern, mit denen sich Schweinehalter herumschlagen müssen. Denn die Infektion liegt oft schon Wochen zurück, ohne dass man den Tieren irgendetwas ansieht oder die Leistung leidet. Mitunter zirkulieren die Salmonellen sogar schon jahrelang unerkannt im Bestand. Erst, wenn sich das Problem aufschaukelt und der Betrieb in die Salmonellen-KategorieIII abrutscht, wird sie zum Problem.


Mehr KategorieII-Betriebe:

So war es auch bei Rita Gerzen (Name geändert), einer Schweine- und Bullenmästerin mit 1400 Mastplätzen am Rande des Teutoburger Waldes in Niedersachsen. Gerzens Mastplätze sind auf vier Ställe verteilt. Drei davon wurden als Schweineställe gebaut, einer entstand aus einem ehemaligen Hühnerstall. Drei Ställe sind mit Vollspalten ausgelegt, in einem befinden sich Teilspalten. Gefüttert wird mit Trockenfutter.


Salmonellen waren eigentlich nie ein Problem im Betrieb, zumal die Hygienebedingungen überdurchschnittlich gut sind. Es werden nur eigenes Getreide, zugekauftes Sojaschrot und ein Ergänzer verfüttert. Die Ställe können ausschließlich über eine gut durchdachte Hygieneschleuse betreten werden. Und auch die Schadnager- bzw. Fliegenbekämpfung sind vorbildlich.


Zu Beginn des QS-Salomonellen-Monitorings wurde der Betrieb deshalb stets in KategorieI eingestuft. Irgendwann rutschte er dann jedoch in KategorieII ab. Gerzen registrierte das zwar, machte sich aber keine Sorgen. Im nächsten Quartal würde der Betrieb sicherlich wieder besser eingestuft, gab sich die Landwirtin optimistisch.


Um sicher zu gehen, mischte Rita Gerzen zusätzlich 1% Propionsäure ins Futter ihrer Mastschweine, um den pH-Wert im Verdauungstrakt zu senken und die Magenbarriere für die Salmonellen zu erhöhen. Das funktionierte auch prima. Aus der schnellen Rückkehr in KategorieI wurde allerdings nichts. Im Gegenteil: Ein Jahr lang verharrte der Betrieb in KategorieII, um dann noch weiter in KategorieIII abzurutschen. Als ihr Vermarkter mit Abzügen drohte, läuteten bei Rita Gerzen sämtliche Alarmglocken!


Ein Einzelfall? Leider nein. Zurzeit werden zwar rund 70% der im QS-Salmonellenmonitoring erfassten Mastbetriebe in KategorieI eingestuft, und der Anteil der KategorieIII-Betriebe liegt nur bei etwa 5% – Tendenz weiter fallend. Große Sorge bereitet den Experten aber die steigende Zahl von KategorieII-Betrieben. Oft trifft es ausgerechnet die hygienisch vorbildlich geführten Betriebe.


Beratung besser vernetzen:

„Wir mussten erkennen, dass wir bei der Salmonellen-Sanierung in diesen Betrieben mit den normalen Hygiene- und Fütterungsempfehlungen nicht mehr weiterkommen“, berichtet Berater Helmut Brinckmann von der Erzeugergemeinschaft für Schlachtvieh im Raum Osnabrück (EGO). Der Landesverband Niedersächsischer Schweineerzeuger (LNS), der Schweinegesundheitsdienst Niedersachsen und die IQ-Agrar Service GmbH entwickelten deshalb vor drei Jahren das Konzept der „Qualifizierten Salmonellenberatung“.


„Mastbetriebe mit erhöhten Salmonellenbefunden bekommen von vielen Seiten gute Ratschläge: Vom Ringberater über den Tierarzt bis hin zum Futtermittelvertreter. Die Beratung war früher aber nicht aufeinander abgestimmt“, erläutert Tierarzt Ralf Bischoff aus Melle, der den Betrieb Gerzen tiergesundheitlich betreut. Am Ende bestehe die Gefahr, dass sich die Mäster aus allen Empfehlungen nur die für sie bequemste Variante herauspicken und sich dann beklagen, wenn alle Bemühungen erfolglos bleiben.


Wichtigstes Ziel der Qualifizierten Salmonellenberatung ist deshalb, dass sich alle beteiligten Berater untereinander austauschen, das Salmonellenproblem koordiniert angehen und am Ende maßgeschneiderte Empfehlungen gegeben werden. Dazu gehören auch klare Fristen, bis wann die vereinbarten Maßnahmen umgesetzt werden sollen und die Kontrolle, ob die ergriffenen Maßnahmen erfolgreich waren.


Gründlicher Betriebscheck:

Gemeinsam mit EGO-Berater Brinckmann und ihrem Tierarzt einigte sich Rita Gerzen darauf, an der Qualifizierten Salmonellenberatung teilzunehmen. Das Ganze startete mit einem ausführlichen Betriebscheck, der in der Regel zwei bis drei Stunden in Anspruch nimmt. Dafür gibt es eine vorgefertigte 13-seitige Checkliste, in der aber nur Häkchen gesetzt oder kurze Antworten gegeben werden müssen.


„Zuvor erkundige ich mich noch, ob die gelieferten Ferkel auf Salmonellen untersucht wurden. Denn wenn die Ferkel den Erreger bereits mitbringen, muss man auf jeden Fall bereits beim Ferkelerzeuger mit der Spurensuche beginnen“ erläutert Tierarzt Ralf Bischoff.


„Die Erzeugergemeinschaft für Qualitätsferkel im Raum Osnabrück (EGF) untersucht z.B. jeden Mitgliedsbetrieb alle sechs Monate per Blutprobe auf PRRS- und Salmonellenantikörper sowie per Sammelkotproben auf Brachyspiren“, berichtet Berater Brinckmann.


Bei Ferkeln unbekannter Herkunft können aber auch direkt bei der Ankunft im Mastbetrieb noch Proben gezogen werden. „Wir nutzen dafür Blut- und Kotproben. Wichtig ist allerdings, dass die Kotproben noch auf dem Lkw aus dem Darm der Tiere gewonnen werden. Denn vom Boden des Lkws oder im Stall gezogene Proben können verunreinigt sein“, erläutert der Tierarzt.


Kann aufgrund der Befunde ausgeschlossen werden, dass die Ferkel die Salmonellen mitbringen, werden systematisch alle Stallbereiche des Mästers bzw. Ferkelerzeugers Punkt für Punkt in Augenschein genommen. Wie eine derartige „ganzheitliche“ Salmonellenberatung aussieht, ist in der Übersicht auf Seite S16 dargestellt.


Zunächst wird die Stallhygiene überprüft. „Bevor die neuen Ferkel den Stall betreten, checken wir anhand von Tupferproben, die z.B. im Lüfterschacht, an der Buchtenabtrennung und unter der Trogkante gezogen wurden, wie gründlich das Abteil gereinigt und desinfiziert wurde. Denn an diesen Stellen befinden sich typische Rückzugsgebiete für Salmonellen“, erklärt Tierarzt Bischoff. Das gilt auch für veränderbares Beschäftigungsmaterial wie Dachlatten und Holzbalken, die daher nach jedem Durchgang erneuert werden sollten.


Futter selten Eintragsquelle:

Kritisch wird die gesamte Stallumgebung unter die Lupe genommen: Der bauliche Zustand der Abteile, die Belegdichte, der Stallboden und wie konsequent das Abteil im Rein-Raus gefahren wird. Neben der Hygiene werden auch das Futter und die Fütterung überprüft. „Futter und Wasser sind zwar nur selten Eintragsquellen für Salmonellen“, weiß Berater Brinckmann aus Erfahrung. Bei der Lagerung und Bevorratung kann aber noch einiges schiefgehen.


Beispiel: Werden Getreide oder CCM im Flachlager gelagert, kann es zum Eintrag von Salmonellen durch Vogel- oder Schadnagerkot kommen. Auch offene Vorlaufbehälter der Flüssigfütterung sind oft problematisch.


Zudem spielt die Struktur des Futters eine wichtige Rolle. Je grober es vermahlen ist, desto besser. Dann gelangt mehr unverdaute Stärke in den Dickdarm und dient hier säurebildenden Bakterien als Nahrung. Durch das Absenken des pH-Wertes und die beschleunigte Darmpassage wird die Salmonellenausbreitung gehemmt.


Oftmals scheitert die grobere Vermahlung jedoch an technischen Hindernissen. Es gelingt nicht, das grobe Futter bis in den Trog zu bekommen, weil es sich schon vorher im Silo bzw. im Förderrohr entmischt.


Ein ebenso wichtiger Aspekt, der den Salmonellendruck im Betrieb beeinflusst, ist das Management. Haben die Tiere genug Platz im Stall? Oder ist die Bucht überbelegt? Das kann die Tiere stressen und sie für Infektionserkrankungen anfällig machen. Stress kann auch durch Futter- oder Wassermangel entstehen. Deshalb wird im Rahmen des Betriebs-Checks auch geprüft, ob die Durchflussrate der Tränken passt und ob alle Futterautomaten funktionieren.Auch die Bestandsgesundheit spielt eine zentrale Rolle. Denn kranke Tiere sind anfälliger. Zudem können Medikamente, die gegen andere Erkrankungen eingesetzt werden, auch den Salmonellendruck beeinflussen. Beispiel: Zur Bekämpfung der Ileitis (PIA) wird häufig Tylosin eingesetzt. Tylosin-behandelte Schweine sind jedoch empfänglicher für Salmonellen, wie Untersuchungen der Tierärztlichen Hochschule Hannover zeigen. In Betrieben, in denen sowohl Lawsonien als auch Salmonellen Probleme bereiten, ist es daher besser, gegen Lawsonien zu impfen, anstatt antibiotisch zu behandeln.


„Wichtig ist, dass man alle Punkte der Checkliste systematisch abarbeitet, auch die, bei denen man die Antwort schon zu kennen glaubt“, so die Erfahrung von Helmut Brinckmann. Denn oftmals sind es gerade die kleinen Managementfehler, die dazu beitragen können, dass sich die Salmonellen hartnäckig im Betrieb halten. Der Betriebsleiter selbst sieht die Mängel aufgrund seiner Betriebsblindheit oftmals gar nicht mehr. Bei der Stallbegehung treten sie jedoch schnell zutage.


Beispiel: Hunde und Katzen haben im Stall nichts zu suchen, denn sie können die Salmonellen von außen in den Stall oder von Abteil zu Abteil tragen. „Entscheidend ist auch, wie der Mastbetrieb mit Nachzüglern umgeht“, berichtet Tierarzt Ralf Bischoff. Kommen die Nachzügler in ein Resteabteil? Und wird dieses Abteil regelmäßig gereinigt und desinfiziert? Oder wird es kontinuierlich belegt und ist daher ein Rückzugsort für Salmonellen?


„Nach der Stallbegehung werden die Ergebnisse Punkt für Punkt in der Datenbank der Qualifizierten Salmonellenberatung erfasst“, erläutert Tobias Horn vom beteiligten EDV-Dienstleister und Datenbankbetreiber IQ-Agrar in Osnabrück. Ergänzt um weitere Informationen wie Laborergebnisse, Schlacht- und Befunddaten oder Auswertungen des Antibiotika- und Salmonellenmonitorings, können alle beteiligten Partner später auf die gesammelten Daten zugreifen.


Fristen und Erfolgskontrolle:

„Zum Schluss wird ein Besuchsprotokoll erstellt und der Landwirt bekommt einen detaillierten Maßnahmenplan an die Hand. Darin steht, bis wann er was umzusetzen hat“, erläutert Horn. Man dürfe den Landwirten aber nicht zu viele Aufgaben auf einmal zumuten, sonst verschrecke man sie und es passiere gar nichts.


Rita Gerzen wurde zum Beispiel empfohlen, die Besucheroveralls häufiger zu waschen. Außerdem sollte sie Treibebretter und -paddel nach dem Ausstallen ins leere Abteil zurückstellen, um sie bei der Stallreinigung gleich mit zu säubern bzw. zu desinfizieren.


Verbesserungspotenzial sahen Berater und Tierarzt auch beim Reinigen der Stalldecken und Abluftschächte. Zudem sollten Reinigungs- bzw. Desinfektionsmittel aufeinander abgestimmt werden. Denn die bisher verwendeten Mittel hoben sich aufgrund ihrer alkalischen bzw. sauren Eigenschaften in ihrer Wirkung teilweise gegenseitig auf.


Beim Rundgang war dem Tierarzt zudem aufgefallen, dass einzelne Endmasttiere stark husten. Da ständiges Husten stresst, riet der Tierarzt, die Wirksamkeit der Mycoplasmenimpfung durch einen Schlachthoflungencheck zu überprüfen. Eventuell sei es besser, von der One Shot-Impfung, auf die man aus arbeitswirtschaftlichen Gründen umgestellt hatte, wieder zur Doppelimpfung zurückzukehren, wenn sich am Schlachthof entsprechende Hinweise ergeben.


Auch der Säurezusatz zum Futter lässt sich noch verbessern. Denn während der Stallbegehung gab Rita Gerzen zu, vor einigen Wochen, als die Schweinepreise im Keller waren, aus Kostengründen für einige Zeit auf den Säurezusatz ganz verzichtet zu haben. „Das funktioniert nicht. Wenn, dann muss man die Futtersäure kontinuierlich zusetzen, sonst kommt es zu einem unerwünschten Jo-Jo-Effekt“ erklärt Tierarzt Ralf Bischoff.


Ferkelerzeuger ins Boot holen:

Bei Rita Gerzen haben die regelmäßig beim Ferkellieferanten gezogenen Blutproben gezeigt, dass die Läufer keine Salmonellen mitbringen. Deshalb konnten sich die Maßnahmen in diesem Fall auf die Mast beschränken. „Sind die Ferkel dagegen Salmonellen-positiv, muss auch der Ferkelerzeuger mit in die Sanierung einbezogen werden, und es müssen alle in der Übersicht aufgeführten Kriterien überprüft werden (siehe Übersicht Seite S16). Und wenn bereits die Jungsauen Salmonellenträger sind, muss die Sanierung noch höher in der Zuchtpyramide ansetzen“, erklärt Tierarzt Ralf Bischoff.


In Salmonellen-positiven Sauenbeständen, in denen sich die Ferkel nachweislich immer wieder bei den Sauen mit Salmonella typhimurium anstecken, kann es zudem sinnvoll sein, die Sauen parallel zu den Hygiene- und Managementmaßnahmen gegen Salmonellen zu impfen. Ziel der Impfung ist, den Erregerdruck zu vermindern. Bei entsprechendem Impfschutz besteht die Chance, dass die Ferkel unbelastet in die Aufzucht gehen.


„Normalerweise sollte es ausreichen, nur die Sauen zu impfen. Wenn der Druck im Bestand allerdings so hoch ist, dass auch die Flatdeckferkel hohe Titer aufweisen, kann es sinnvoll sein, eine Zeit lang auch die Ferkel zu impfen“, ergänzt Bischoff. Die Impfung erfolgt ab dem 3. Lebenstag per Drencher. Nach drei Wochen muss sie noch einmal wiederholt werden. Henning Lehnert

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