Dr. Heinrich Bottermann, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW
In NRW wird seit Jahresbeginn ein neues System der Schlachtdatenkontrolle erprobt. Worum geht es?
Dr. Bottermann: Wir wollen die neutrale Klassifizierung und Verwiegung von Schlachtschweinen auf eine vollständig unabhängige Datenbasis stellen. Dazu werden im Rahmen eines gemeinsam mit dem Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes initiierten Pilotprojektes im Schlachthof Tönnies in Rheda-Wiedenbrück abrechnungsrelevante Daten aus der Waage und den Klassifizierungsgeräten direkt an die Überwachungsbehörde, das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV), übermittelt.
Welche technischen Voraussetzungen waren erforderlich?
Dr. Bottermann: Die Daten werden direkt bei der Schlachtung aus dem Eichbereich in einer so genannten Blackbox ausgelesen. Verschlüsselt werden sie über eine separate Datenleitung dann an das LANUV weitergeleitet. Die Gerätehersteller mussten dazu separate Schnittstellen schaffen. Die Datenaufbereitung erfolgt durch die IQ-Agrar-Service-GmbH.
Welche Möglichkeiten ergeben sich dadurch für die zuständige Überwachungsbehörde?
Dr. Bottermann: Durch das Blackbox-System erhält das LANUV die Daten quasi in Echtzeit und kann zeitnah Plausibilitätsprüfungen durchführen. Der bisher erforderliche, aufwändige Abgleich zwischen Daten aus der EDV des Schlachthofes und Papierbelegen der Klassifizierungsunternehmen entfällt. Mit dem neuen Verfahren können wir den Verlauf von Klassifizierung und Verwiegung über beliebige Zeiträume betrachten und bei Auffälligkeiten risikoorientiert Kontrollen durchführen.
Welche Vorteile ergeben sich für die Landwirte?
Dr. Bottermann: Bisher waren die Landwirte bei der Auswertung der Wiege- und Klassifizierungsprotokolle auf die vom Schlachthof bearbeiteten Daten angewiesen. Dabei gab es immer wieder Unstimmigkeiten, die die Landwirte aber kaum belegen konnten. Mit dem direkten Blick in die unbearbeiteten Schlachtdaten können die Landwirte jetzt endlich zeitnah reagieren.
Wann ziehen auch andere Schlachthöfe nach?
Dr. Botterman: Der Testbetrieb im Schlachthof Tönnies ist auf sechs Monate angelegt. Etwa 50 Landwirte können daran teilnehmen. Wenn das Projekt erfolgreich läuft, werden bald auch andere Schlachthöfe in NRW nachziehen. Darüber hinaus hat das Unternehmen Tönnies angeboten, die Blackbox auch im Schlachthof Sögel einzubauen. Damit böte sich die bessere Überwachungsmöglichkeit auch für die niedersächsischen Kollegen.