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„PIA-geimpfte Tiere sind stabiler“

Lesezeit: 6 Minuten

Wenn es nach Tierarzt Dr. Thomas Voss aus Sögel geht, müsste die Ileitisimpfung Standard werden. Denn sie stabilisiert die Gesundheit der Tiere, ist rentabel und schont Ressourcen.


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Hohe Salmonellentiter zur Schlachtung waren für Klaus Esser (Name geändert) eigentlich nie ein Thema. Esser bewirtschaftet im Oldenburger Münsterland einen Kombibetrieb mit 320 Sauen und eigener Ausmast. Seit Jahren lag der Betrieb beim Salmonellenmonitoring stabil in Kategorie I. Vereinzelt rutschte er kurzfristig zwar in Kategorie II ab. Meist gelang Esser jedoch schnell wieder die Rückkehr in Salmonellen-Kategorie I.


Absturz in Kategorie III


Im Spätsommer 2019 passierte es dann. Bei den zuletzt gelieferten Schlachtpartien waren so viele Tiere Salmonellen-positiv, dass der Betrieb in Kategorie III eingestuft wurde. Per Brief teilte der Schlachthof dem Landwirt mit, dass er seine Schlachtschweine künftig nur noch freitags nachmittags anliefern dürfe, also am Ende der jeweiligen Schlachtwoche. Das traf den 39-jährigen Betriebsleiter hart, denn Esser führt seine Sauenherde im Drei-Wochen-Rhythmus. Daher sind die Arbeitsabläufe eng getaktet.


Um den Betrieb so schnell wie möglich wieder in die Salmonellen-Kategorie II und I zurückzuführen, einigten sich Klaus Esser und sein Hoftierarzt Dr. Thomas Voss aus Sögel darauf, zunächst das Hygienemanagement weiter zu optimieren.


Esser stellte z.B. auf einen Schaumreiniger um, der die Fettschichten auf den Kunststoffrosten im Vormaststall noch besser lösen sollte. Und zur Desinfektion des Viehanhängers, mit dem er die Absetzferkel vom Sauenstall in den Aufzuchtstall auf der gegenüberliegenden Straßenseite transportiert, stieg der Landwirt auf ein Desinfektionsmittel mit geringerem Kältefehler um. Außerdem ließ er von seinem Futtermittellieferanten Benzoesäure in das Futter einmischen, um das Darmmilieu der Tiere zu stabilisieren.


Zur Überprüfung, ob die ergriffenen Maßnahmen wirken, setzten sich Landwirt und Tierarzt eine Frist von zwei Mastdurchgängen.


Unterschwellige Ileitis?


Leider war der Erfolg mäßig. Es gelang Esser zwar, von Kategorie III in Kat. II aufzusteigen. Weiter verbessern ließ sich der Salmonellenstatus mit den ergriffenen Maßnahmen jedoch nicht. ▶


Machte den Tieren vielleicht eine unterschwellige Ileitis zu schaffen? PIA-typische Durchfälle ließen sich jedenfalls nicht beobachten. Und es verendeten auch keine Tiere plötzlich am Ende der Mast, wie das bei der akuten Ileitis (PHE) oft der Fall ist. In der Mittelmast ab 50 kg Lebendgewicht (LG) wuchsen die Mastgruppen jedoch auseinander. „Außerdem wies der Kot der erkrankten Tiere eine kuhfladenartige Struktur auf und enthielt viel unverdaute Futterbestandteile“, erinnert sich Dr. Voss.


Um den Lawsonien-Antikörperspiegel zu überprüfen, zog der Tierarzt in der Vor-, Mittel- und Endmast bei jeweils zehn Tieren Blutproben. Es zeigte sich, dass in der Vormast noch alle Schweine negativ waren. In der Mittelmast ließen sich dann bereits bei fünf von zehn Schweinen Lawsonien-Antikörper nachweisen, und in der Endmast waren dann alle zehn Proben positiv.


Tiere wuchsen auseinander


Der Lawsonienbefund spiegelte sich auch in den Leistungen der Mastschweine wider. Die täglichen Zunahmen waren von den sonst üblichen 880 auf 800 g abgesackt. Und die Futterverwertung hatte sich von 1:2,6 auf 1:2,8 verschlechtert.


„Ich vermutete, dass es sich um eine „regionale Ileitis“ handelte, bei der nicht der ganze Dünndarm geschädigt wird, sondern nur bestimmte Abschnitte. Diese Form der Lawsonien-Erkrankung lässt sich meist nur schwer erkennen“, schildert Dr. Voss das Dilemma.


Ileitisimpfung zu Mastbeginn


Um die Mastleistungen wieder zu verbessern und die Salmonellenproblematik in den Griff zu bekommen, riet der Tierarzt Esser daher zur Ileitis-Schluckimpfung. Die Impfung erfolgte am vierten Tag nach dem Einstallen in die Mast, also bei etwa 35 kg Lebendgewicht. Da die Tiere am Breiautomaten gefüttert wurden, entschieden sich Tierarzt und Landwirt, die Vakzine mithilfe eines ganz neu eingebauten Medikamentendosierers in eine separate Wasserleitung einzuspeisen. Sowohl der Medikamentendosierer als auch die Wasserleitung wurden ausschließlich für die Ileitisimpfung genutzt.


Erste Impferfolge zeigten sich einige Wochen später. In der Mittelmast wuchsen die geimpften Gruppen kaum noch auseinander. Und als die ersten Impflinge an den Haken kamen, ergab die Mastauswertung einen Anstieg der täglichen Zunahmen um 60 g. Die Futterverwertung verbesserte sich um zwei Nachkommastellen. Damit war fast wieder das alte Leistungsniveau von 880 g Tageszunahmen und einer Futterverwertung von 1:2,6 erreicht.


Auch beim Salmonellenmonitoring zeigte sich der Erfolg: Sechs Monate nach Impfbeginn wurde der Bestand von Klaus Esser wieder in die Salmonellenkategorie I hochgestuft.


Für Dr. Thomas Voss war dieser Erfolg nicht überraschend. „Ich bin ein klarer Befürworter der Ileitisimpfung, schon seit Jahren. Inzwischen werden 75 bis 80% der von unserer Praxis betreuten Mastbestände regelmäßig gegen Lawsonien geimpft. Und wir stellen fest, dass die Impfbetriebe kaum noch Salmonellenprobleme haben“, berichtet der Tierarzt.


Tiere sind belastbarer


Natürlich könne man den Erfolg nicht allein der Impfung zuschreiben. Auch das Hygiene- und Fütterungsmanagement müssen stimmen. Aber die Impfung sei ein wichtiges Instrument im Kampf gegen Salmonellen und andere Darmerreger, weil sie das Darmmikrobiom der Schweine stabilisiere und so das Immunsystem der Tiere stärke. Denn 80% aller Immunzellen befinden sich im Darm. Schädigende Keime haben es daher erheblich schwerer, an die Darmzellen andocken.


Doch das sei nicht der einzige Effekt. „Wir beobachten zudem, dass Ileitisgeimpfte Schweine insgesamt stabiler durch die Mast marschieren. Der Medikamenteneinsatz geht zurück, die Tiere sind belastbarer und ausgeglichener“, berichtet Dr. Voss.


Nachdem zuerst die Kombibetriebe mit der Impfung begonnen haben, weil sie in der Mast selbst vom Erfolg der Maßnahme profitieren können, impfen seit einiger Zeit auch immer mehr Zukaufmäster die Läufer drei bis vier Tage nach dem Aufstallen, hat der Tierarzt beobachtet.


Hinzu kommt, dass sich der Impfstoff unkompliziert verabreichen lässt. „Der überwiegende Teil meiner Kunden impft die Schweine mit einer Gießkanne über den Trog, nur wenige über die Tränke“, schildert Dr. Voss. Dabei hat er festgestellt, wie wichtig der blaue Farbstoffzusatz Thiosulphate Blue ist. „Der Zusatz dient nicht nur als Chlorfänger, wenn man Stadtwasser verwendet, sondern weckt auch die Neugierde der Tiere. Die Tiere gehen schneller an den Trog und nehmen den Impfstoff besser auf“, so Voss.


Schluckimpfung rentiert sich


Auf jeden Fall wird Dr. Voss seinen Kunden daher auch künftig die Ileitisimpfung wärmstens ans Herz legen. Zumal die Lawsonien in mehr als 90% aller deutschen Schweinebestände vorkommen. „Wenn wir den Antibiotikaverbrauch in der Mast weiter senken, die Gesundheit der Schweine stabilisieren und obendrein aufgrund der besseren Futterverwertung auch noch was für die Umwelt tun wollen, dann müsste die Ileitisimpfung eigentlich Standard werden, ähnlich wie die Mykoplasmenimpfung.“, argumentiert Voss.


„Allein schon aufgrund der höheren Leistung und der besseren Fitness der Tiere rentiert sich die Schluckimpfung in jedem Fall“, ist Dr. Thomas Voss überzeugt.

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