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Schwanzbeißen: Auch Pellets helfen wenig

Lesezeit: 7 Minuten

Wie gut unterdrücken Stroh-, Heu- und Hopfenpellets das Beißen? Sind Ferkel von Jungsauen stärker betroffen? Und lohnt es sich, die Ferkel wurfweise aufzustallen? Ina Jans-Wenstrup und Prof. Steffen Hoy, Uni Gießen, kennen die Antworten.


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Schwanzbeißen bei Schweinen kann viele Ursachen haben, und ein dauerhaft wirksames Gegenmittel hat bis heute niemand gefunden. Das Hauptproblem ist, dass es sich um ein multifaktorielles Geschehen handelt. Den einen Auslöser für das Beiß-geschehen gibt es also nicht. Hinzu kommt, dass sich die Situation in vielen Betrieben nicht nur von Durchgang zu Durchgang verändert, Schwanzbeißen tritt auch unterschiedlich stark auf. An der Justus-Liebig-Universität Gießen wurde untersucht, ob der Einsatz verschiedener Pellets in der Ferkelaufzucht eine Lösung gegen Schwanzbeißen sein kann. Dadurch soll eine länger anhaltende Sättigung der Ferkel erreicht werden. Folgende Pelletzulagen wurden den Tieren angeboten:


  • Zulage von 5% Strohpellets zur Standardration (vier Wiederholungen).
  • Zulage von 5% Heupellets zum Standardfutter (vier Wiederholungen).
  • Zulage von 5% Heupellets im Futter plus ad lib. Heupellets als Beschäftigungsmaterial (zwei Wiederholungen).
  • Zulage von 5% Hopfendoldenpellets zur Standardmischung (vier Wiederholungen).


Die insgesamt 2566 Ferkel stammten aus 14 Abferkeldurchgängen. Ob die Schwänze des jeweiligen Wurfes gekürzt wurden oder nicht, wurde im Zufallsprinzip bereits direkt nach der Abferkelung entschieden. In der Aufzucht standen den Tieren einfache Ketten, Wippen mit befestigten Ketten und Holzstücken sowie Hanf- bzw. Sisalseile als weiteres Beschäftigungsmaterial zur Verfügung. Die Futterversorgung erfolgte über eine Spotmix-Fütterung am Kurztrog.


Alle Ferkel sind nach der Geburt, beim Absetzen und am 69. Lebenstag einzeln gewogen worden. Einmal wöchentlich fand zudem eine Sichtkontrolle auf Verletzungen und Nekrosen am Schwanz, an den Ohren sowie am Körper statt. Dafür wurde der deutsche Schweine-Bonitur-Schlüssel (DSBS) benutzt.


Effekte nur bei Hopfenpellets:

Auch in dieser Untersuchung zeigte sich wieder eindeutig, dass Ferkel mit unkupiertem Ringelschwanz extrem gefährdet sind. Von den 1376 Ferkeln mit intaktem Ringelschwanz wiesen am Ende der Aufzucht fast 47% Teilverluste und 1,9% Totalverluste auf. Deutlich besser war das Bild in der Gruppe von Tieren mit kupierten Schwänzen. Von den 1190 Ferkeln hatten am Ende der Aufzucht nur 1,4% einen Teilverlust des Schwanzes, und bei nur 0,6% war der Schwanz komplett weg.


Wie in Übersicht 1 dargestellt, brachte der Einsatz von Stroh- und Heupellets nichts. Ganz im Gegenteil: In zwei Untersuchungen waren in den Versuchsgruppen mit Langschwanz-Ferkeln mehr Tiere mit Teil- oder Totalverlusten am Ringelschwanz zu beklagen als in den Kontrollgruppen ohne Pelletvorlage. Lediglich in der Gruppe, die Heupellets im Futter hatten, fiel das Ergebnis etwas besser zugunsten der Versuchsgruppe aus. Der Unterschied war aber nicht signifikant.


Einen positiven Effekt brachte allein der Zusatz von Hopfendoldenpellets. Während in der Kontrollgruppe knapp 70% der Ferkel einen Teil- oder Totalverlust am Schwanz aufwiesen, waren es in der Versuchsgruppe gut 54% der Tiere. Allerdings war der Anteil an Schwanzverlusten in beiden Gruppen indiskutabel hoch.


Durchgangseffekte:

In allen 14 Unter-suchungen gab es einen „Durchgangs-Effekt“. Während in Durchgang zwei nur bei gut 12% der Ferkel Teil- oder Totalverluste zu beklagen waren, lag die Quote beim Durchgang 14 bei fast 86%. Auch im ersten Durchgang sowie in den Aufzuchtdurchgängen acht und elf traten mit rund 60% sehr viele Schwanz-läsionen auf.


Die Ursachen konnten nicht eindeutig geklärt werden. Es wird aber vermutet, dass hohe Außen- und Stalltemperaturen, wie z.B. im ersten und letzten Durchgang, einen Effekt hatten. Dafür spricht auch, dass sich das Problem in der Tendenz vom zweiten bis zum 14. Durchgang, die in die Sommermonate fielen, verstärkte.


Immer wieder werden auch Haltungs-, Fütterungs- und Managementbedingungen als Ursache für Schwanzbeißen genannt. In dieser Untersuchung dürfte das aber nicht die Ursache gewesen sein, denn die Bedingungen waren in allen Durchgängen gleich.


Experten behaupten immer wieder, dass Schwanznekrosen Schwanzbeißen fördern. Das wird damit begründet, dass aufgrund von Durchblutungs-störungen infolge der Nekrose ein Juckreiz entsteht. Nach Ansicht der Fachleute empfinden die betroffenen Tiere es als Erleichterung, wenn ihre Artgenossen auf dem Schwanz herumkauen.


Die These konnte in dieser Untersuchung nicht bestätigt werden. Von den 495 Ferkeln, die eine Schwanznekrose aufwiesen, hatten am Ende der Aufzucht rund 47% einen Teil- oder Totalverlust des Schwanzes. Von den Ferkeln, bei denen zu keinem Bonitierungszeitpunkt eine Nekrose des Schwanzes festgestellt wurde, lag der Anteil ähnlich hoch. Rund 49,5% der Ferkel ohne Ne-krose hatten beim Ausstallen aus dem Ferkelaufzuchtstall einen Schwanzteilverlust oder -gesamtverlust (siehe Übersicht 2).


Besser wurfweise aufstallen:

Noch immer stellt sich die Fachwelt die Frage, welche Einflussfaktoren das Schwanzbeißen fördern. Im Rahmen der Untersuchung wurde unter anderem überprüft, wie sich das wurfweise Aufstallen auf das Problem Schwanzbeißen auswirkt.


Dazu wurden insgesamt 556 Ferkel geschlossen als Wurf in das Aufzucht-abteil umgestallt, weitere 820 Tiere sind in gemischten Gruppen mit annähernd homogenem Absetzgewicht zusammengestellt worden. Das Ergebnis ist in Übersicht 3 dargestellt. In den gemischten Gruppen verloren demnach über 58% der Ferkel ihren Ringelschwanz teilweise bzw. komplett. Blieben die Würfe nach dem Absetzen zusammen, war die Quote signifikant geringer. Hier traten bei „nur“ 34,5% der Tiere Teil- oder Totalverluste auf.


Das Ergebnis zeigt, dass die wurfweise Aufzucht im Hinblick auf das Problem Schwanzbeißen zwar Vorteile bringt, sich aber auch Wurfgeschwister untereinander beißen. Interessant war auch, dass es zwischen den weiblichen Tieren (46,2%) und den kastrierten männlichen Ferkeln (50,8%) keinen statistisch gesicherten Unterschied in der Häufigkeit schwanzverletzter Tiere gab. Tendenziell waren die Kastraten allerdings häufiger das Opfer von Beißattacken.


Jungsauen-Ferkel öfter verletzt:

Sind die Ferkel von Jungsauen häufiger von Verletzungen am Schwanz betroffen als Nachkommen älterer Sauen? In dieser Erhebung war das sogar signifikant abgesichert der Fall. Knapp 54% der Nachkommen aus Jungsauenwürfen waren von Schwanzverletzungen betroffen. Bei den Ferkeln von Altsauen waren es etwa 45%.


Auch hier kann über die Ursache nur spekuliert werden. Möglicherweise sind Jungsauenferkel, die oft leichter sind als Nachkommen von älteren Sauen, tendenziell eher rangniedrigere Tiere und somit eher die Opfer von ranghöheren Buchtengefährten. Allerdings ist der Effekt der Rangordnung nicht zu verhindern, da es in jeder Schweinegruppe ranghohe und rangniedere Tiere gibt. Die Detailuntersuchungen ergaben zudem, dass nicht ein einzelnes Tier als Beißer in der jeweiligen Gruppe auftrat, sondern dass viele Ferkel am gegensei-tigen Beißen beteiligt waren.


Die Rolle der Genetik:

Im Zusammenhang mit dem Schwanzbeißen wird oft über einen möglichen genetischen Hintergrund diskutiert. Die Väter der Ferkel waren Pietrain-Eber, bei den Müttern handelte es sich um reinrassige DL- bzw. DE-Sauen sowie Hybrid-Sauen (Kreuzungen aus DL und DE). Ergebnis: Gut 44% der 334 Nachkommen reinrassiger Sauen hatten mit Schwanzverlusten (Teil- oder Totalverluste) zu kämpfen, bei den Ferkeln von Hybridsauen (insgesamt 1030 Tiere) betrug diese Quote ca. 50%.


Gelegentlich werden die Gruppengröße und/oder das Tier-Fressplatz-Verhältnis als mögliche Risikofaktoren für das Schwanzbeißen genannt. Im Aufzuchtstall der Uni Gießen wurden die Buchten entweder „dünn“ (6 bis 11 Tiere), normal (12 bis 13 Tiere) oder sehr dicht belegt (14 bis 16 Ferkel). Das hing unter anderem damit zusammen, dass es in einigen Abferkeldurchgängen ein Überangebot an Ferkeln gab. Dadurch bot sich letztlich aber die Möglichkeit, den Effekt der Gruppengröße auf die Häufigkeit von Schwanzläsionen zu prüfen.


Die Auswertung ergab: Mit zunehmender Zahl an Ferkeln in der Bucht bzw. am Futtertrog stieg der Prozentsatz von Tieren mit Teil- oder Totalverlust tatsächlich von gut 42 auf knapp 57% an. Allerdings trat in den Gruppen mit 6 bis 11 Ferkeln der zweithöchste Prozentsatz abgekauter Schwänze auf (54,9%). Durchgangseffekte sind dabei nicht völlig auszuschließen. -ar-

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