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Zu wenig Biestmilch ohne Ferkelschutzkorb

Lesezeit: 6 Minuten

Bei freier Abferkelung bzw. Gruppenhaltung im Abferkelstall wächst die Gefahr, dass die Ferkel zu wenig Biestmilch trinken. Das zeigt eine Untersuchung der TiHo Hannover.


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Neugeborene Ferkel müssen frühzeitig und ausreichend Kolostrum trinken. Denn frisch geborene Ferkel haben direkt nach der Geburt sehr geringe Energiereserven. Über die Biestmilch wird das junge Tier mit Energie für die Wärmeproduktion und das Körperwachstum versorgt. Damit das Ferkel überlebt, muss es mindestens 160 g Kolostrum pro kg Geburtsgewicht, das heißt rund 250 g insgesamt, trinken.


Biestmilch schützt:

Über die Biestmilch wird das Ferkel zudem passiv immunisiert. In diesem Zusammenhang spielt vor allem der Zeitfaktor eine wichtige Rolle. Je früher die Kolostrumaufnahme erfolgt, desto mehr Immunglobuline werden über die Muttermilch aufgenommen. Das ist wichtig, denn ohne Immunglobuline und andere wichtige Stoffe aus der Biestmilch hat der Körper kaum Chancen, sich gegen Krankheitserreger zur Wehr zu setzen. Erst drei bis fünf Wochen nach der Geburt ist das Immunsystem des Ferkels selbst in der Lage, für ausreichend Schutz zu sorgen. Der Gehalt an Antikörpern in der Biestmilch sinkt nach der Geburt stündlich. Jedes Ferkel sollte seinen Biestmilchbedarf deshalb innerhalb der ersten 24 Lebensstunden decken.


In Abferkelbuchten mit Ferkelschutzkorb funktioniert die Kolostrumaufnahme in der Regel sehr gut. Weil die Sau fixiert ist, können die frisch geborenen Ferkel in Ruhe am Gesäuge Biestmilch trinken. Doch der Ferkelschutzkorb steht massiv in der Kritik. Immer häufiger werden Haltungssysteme gefordert, bei denen die Sau mehr Bewegungsfreiheit hat. Die Agrarministerkonferenz, die Ende April in Münster tagte, hat deshalb beschlossen, dass die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in diesem Punkt geändert werden soll. Die Bundesregierung soll nun schnellstmöglich auf Grundlage des Eckpunktepapiers der Länderarbeitsgruppe entsprechende Änderungsvorschläge machen.


Abferkelsysteme ausgewertet:

Im Rahmen des Projektes „InnoPig“, das durch das Bundeslandwirtschaftsministerium unterstützt wird, hat die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover untersucht, wie viel Kolostrum die Ferkel aufnehmen, wenn die Muttersauen während der Laktation in verschiedenen Abferkelsystemen stehen. Außerdem haben die Forscher überprüft, wie sich die Körpergewichte der Ferkel während der vierwöchigen Säugephase entwickeln.


Die Daten wurden von September 2016 bis August 2017 in neun Abferkeldurchgängen mit jeweils ca. 18 Sauen im Stall der Versuchsstation für Schweinehaltung Wehnen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen erhoben. Die Säugezeit der Ferkel betrug vier Wochen. Für die Versuche standen drei unterschiedliche Abferkelsysteme zur Verfügung:


  • klassischer Ferkelschutzkorb (FSK) mit Fixierung der Sau,
  • freie Abferkelung ohne Fixierung der Sau auch während der Geburt,
  • Gruppenhaltung der Ferkel führenden Sauen mit sechs Bewegungsbuchten plus gemeinsamer Laufbereich (keine Fixierung während der Geburt).


Immunocrit ermittelt:

In jedes Abferkelsystem wurden jeweils sechs Sauen eine Woche vor der Geburt eingestallt. Die Sauen in der Gruppenhaltung standen zunächst für 24 Stunden in den sechs Einzelbuchten. Danach wurden alle Buchten für zwei Tage geöffnet, sodass den Sauen die gesamte Fläche des Abteils zur Verfügung stand. Zur Geburt hin sind die Buchten wieder geschlossen und erst etwa fünf Tage nach der Geburt wieder geöffnet worden.


Innerhalb der ersten 48 Stunden nach der Geburt wurden bei vier Ferkeln pro Wurf Blutproben gezogen. Dabei wurden immer zwei leichte (Mindestgewicht 1 kg) sowie zwei schwere Ferkel beprobt. Die gleichen Tiere wurden ein zweites Mal kurz vor dem Absetzen zur Blutprobenentnahme herangezogen. In Summe konnten von 301 Ferkeln Proben eingesammelt werden. Davon standen 26 Sauen (mittlere Wurfanzahl von 2,62) im Ferkelschutzkorb, 24 Tiere (mittlere Wurfanzahl von 3,13) in der freien Abferkelung sowie 25 Sauen (mittlere Wurfanzahl von 2,32) in der Gruppenhaltung.


Mithilfe der Blutproben wurde u.a. der Immunocrit-Wert (Indikator für die Gesamtmenge an Immunglobulinen im Blut) ermittelt. Der Immunocrit dient zur Abschätzung der aufgenommenen Kolostrummenge. Außerdem wurden rund 1700 Ferkel aus sieben Abferkeldurchgängen von insgesamt 114 Sauen in wöchentlichen Abständen bis zum Absetzen einzeln gewogen.


Die durchschnittlichen Geburtsgewichte der Ferkel, denen Blut entnommen wurde, lagen im Ferkelschutzkorb bei 1,50 kg, in der freien Abferkelung bei 1,58 kg und in der Gruppenhaltung bei 1,51 kg. Auch die mittleren Gewichte der leichten und schweren Ferkel, die im Rahmen der Studie untersucht wurden, waren nahezu identisch.


Kolostrumaufnahme – FSK vorn:

Den höchsten Immunocrit-Wert innerhalb der ersten 48 Stunden nach der Geburt wiesen die Ferkel auf, deren Mütter während der Laktation im Ferkelschutzkorb standen. Dieses Haltungssystem ermöglichte demnach die höchste Kolostrumaufnahme. Im Blut der Gruppenhaltungs-Ferkel waren die Immunocrit-Werte dagegen am niedrigsten (siehe Übersicht 1 auf Seite S25). Eine mögliche Erklärung könnte die höhere Anzahl an lebend geborenen Ferkeln sein. Denn während im System Ferkelschutzkorb 14,8 lebend geborene Ferkel notiert wurden, waren es bei freier Abferkelung 14,5 und bei Gruppenhaltung 16,1 lebend geborene Ferkel.


Die Ergebnisse der Blutprobenanalysen, die kurz vor dem Absetzen gewonnen wurden, ergaben in allen drei Haltungssystemen wesentlich niedrigere Immunocrit-Werte. Deutlich zu sehen ist aber, dass die Ferkel aus der Gruppe „Ferkelschutzkorb“ weiterhin den höchsten Gehalt an Immunglobulinen im Blut hatten. Dies ist auf die höheren Gehalte an Antikörpern nach der Geburt zurückzuführen.


Schaut man sich nun die Kolostrumversorgung in den einzelnen Haltungssystemen in Abhängigkeit vom Körpergewicht der Ferkel an, wird noch deutlicher, dass auf eine Fixierung während der Geburt sowie in den ersten drei bis vier Lebenstagen der Ferkel im Hinblick auf die Versorgung mit Biestmilch kaum verzichtet werden kann (siehe Übersicht 2 auf Seite S25).


Während die Werte der Ferkel aus der freien Abferkelung im Mittel nur geringfügig von den Immunocrit-Werten der Ferkel aus dem System Ferkelschutzkorb abwichen, fielen die Ergebnisse bei den Tieren aus der Gruppenhaltung klar ab. Die Werte der leichten Ferkel unterschieden sich sogar signifikant von den Immunocrit-Werten der leichten Ferkel, die in den Haltungssystemen „Ferkelschutzkorb“ und „freie Abferkelung“ aufgezogen wurden. Die Ergebnisse zeigen damit klar, dass vor allem in der Gruppenhaltung ein massives Problem in puncto Kolostrumversorgung der Ferkel besteht.


Wurfmassezuwachs sackt ab:

Um zu sehen, wie sich die Ferkel in den drei Abferkelsystemen während der Säugezeit entwickeln, wurden die Tiere mehrmals gewogen. Die Auswertung der Daten ergab, dass die Ferkel beim System „freie Abferkelung“ am Ende der Laktation mit im Schnitt über 8 kg am schwersten waren. Danach folgten die Tiere aus dem System „Ferkelschutzkorb“, auf Platz drei landete die „Gruppenhaltung“.


Warum die Ferkel bei „freier Abferkelung“ fast 1 kg schwerer waren als die Tiere im System „Ferkelschutzkorb“, zeigte sich im Laufe der Auswertungen. Mit durchschnittlich 14,8 lebend geborenen, aber nur 10,5 abgesetzten Ferkeln je Sau wurden bei freier Abferkelung im Vergleich zum Ferkelschutzkorb (14,5 lebend geborene Ferkel, 12,7 abgesetzte) und der Gruppenhaltung (16,1 lebend geborene Ferkel, 12,5 abgesetzte Ferkel) die wenigsten Ferkel in die Aufzucht umgestallt. Die Ursache waren die höheren Saugferkelverluste. Und weil vor allem die leichten Ferkel starben, waren die Körpergewichte in diesem Haltungssystem entsprechend am höchsten.


Eine deutlich höhere Aussagekraft hat die Auswertung des Wurfmassezuwachses. Wie in Übersicht 3 zu sehen, schnitten die Ferkel bei der Haltung der Sau im Ferkelschutzkorb am besten ab. Während der vierwöchigen Säugephase lag der Gewichtszuwachs des gesamten Wurfes bei über 76 kg, das Ergebnis war sogar signifikant besser. Bei freier Abferkelung waren es knapp 72 kg und bei Gruppenhaltung nur gut 66 kg. Auch hier zeigte sich, dass Abferkelsysteme, die in Zukunft vermehrt zum Einsatz kommen sollen, aus Sicht der Milchversorgung eher kritisch zu sehen sind.


Kontakt:


marcus.arden@topagrar.com

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