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Tränken: Nicht nur auf die Höhe kommt es an

Lesezeit: 8 Minuten

Wenn Kühe nicht genüsslich und in langen Zügen saufen, läuft etwas falsch. Wie sehen optimale Tränken aus und wo gehört sie hin?


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Wolfgang Müller, Koordinator Rinderhaltung, Bayerische Staatsgüter, Grub


Wolfgang Müller, Koordinator Rinderhaltung, Bayerische Staatsgüter, Grub


Viele Milchviehhalter legen ihr Augenmerk vor allem auf die Fütterung und die Rationsgestaltung. Eine hohe Futteraufnahme bedeutet Leistung und die ist gefragt. Die mindestens ebenso wichtige Wasserversorgung wird dabei leider oft übersehen.


Wasser ist der am meisten vernachlässigte Rohstoff in der Rinderfütterung. Denn von der Wasseraufnahme hängt es schließlich ab, wie viel die Kühe fressen. Eine optimierte Wasserversorgung ist das billigste „Kraftfutter“! Die Kühe saufen je nach Lebendgewicht, Fütterung, Umgebungstemperatur und Leistung 10- bis 15-mal am Tag jeweils ca. 10l. Eine beeindruckende Menge, die die Bedeutung einer optimierten Wasserversorgung unterstreicht. Jeder Trinkvorgang dauert etwa 30 Sekunden. Das heißt, dass die tägliche Wasseraufnahme einer Kuh nur fünf bis acht Minuten beansprucht und die Verfügbarkeit von Wasser rund um die Uhr höchste Maxime ist.


Wichtige Kuhsignale, die auf eine zu geringe Wasseraufnahme hindeuten:


  • verminderte Hitzetoleranz;
  • Kotkonsistenz: fester Scheibchenkot;
  • geringer Harnabsatz;
  • Harnsaufen (andere Ursachen sind ebenso möglich);
  • eingeschränkte Futteraufnahme;
  • Rückgang der Milchleistung mit sinkenden Milchinhaltsstoffen.


Damit die Rinder ihren täglichen Wasserbedarf optimal decken können, sind mehrere Faktoren von entscheidender Bedeutung:


  • die Anzahl der Tränken;
  • die Anordnung der Tränken;
  • die Art der Tränke;
  • die Tränkewasserqualität.


20 Kühe – eine Tränke


Im Laufstall verlangen je 20 Kühe nach einer Tränke (siehe Übersicht 1). Die Anzahl der Tränken lässt sich aber noch treffsicherer mit folgender Formel errechnen: Anzahl Tränken in einer Gruppe mit mehr als 20 Kühen = Anzahl Tiere/Gruppe geteilt durch 20 plus 1. Für eine Herde mit 80 Kühen bedeutet dies ganz klar fünf Tränken. Mindestens 10 cm Troglänge pro Kuh, lautet darüber hinaus eine wichtige Kalkulationsgröße für die Wasserversorgung. In einem Bestand mit 80 Kühen müssen also mindestens 8m Tränketroglänge zur Verfügung stehen.


PVC-Rohre im Melkstand


In gut geführten Milchviehherden stellen sich die Routineabläufe Melken, Saufen, Fressen, Liegen ein. Unmittelbar nach dem Melken deckt die Kuh knapp die Hälfte des täglichen Wasserbedarfs. Diesem Phänomen kann man dort – wo es der Melkstand möglich macht – durch eine Wassergabe beim Melken Rechnung tragen.


In einem Fischgräten-Melkstand, der an der Wand ausgerichtet ist, lassen sich halbierte PVC-Rohre dafür bestens verwenden. Eine zusätzliche Aufnahme von 3 bis 4 l Wasser am Tag scheint realistisch und deckt immerhin schon wieder einen Liter Milch ab.


Im Ausgangsbereich vom Melkstand darf es keine Tränken geben, da sonst Staugefahr im Tierverkehr besteht. Die Tränken sollten überall im Stall verteilt und idealerweise von drei Seiten her zugänglich sein, sodass auch rangniedrige Kühe stets optimal mit Wasser versorgt sind.


Zwischen den einzelnen Tränken sollte eine Distanz von max. 20m liegen, denn lange Wege sind nichts für durstige Kühe. Viele Tränken sind in zu engen Durchgängen oder gar Sackgassen platziert. Um die Tränken herum muss ausreichend Ausweichraum gegeben sein, damit die Tiere einander aus dem Weg gehen können, ganz nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn.“


An den Tränken wird immer wieder neu die Rangstellung der Tiere innerhalb der Herde abgeklärt, weshalb mehrere kleine Tränken zu empfehlen sind. Auch ist die Gesamtlänge der Tränken nicht unbedingt der beste Parameter zur Beurteilung der Wasserversorgung in einem Stall, denn nur selten saufen mehrere Kühe gleichzeitig aus einer Tränke.


Sollen die Übergänge zwischen den Liegeboxenreihen oder auch die Verkehrsflächen am Futtertisch mit Tränken ausgestattet werden, so sind für diesen Fall Doppeltränken anzuraten, mit denen die Kühe die eng begrenzten Örtlichkeiten nicht in voller Körperlänge blockieren. Die Doppeltränken sind parallel zum Gang montiert und stellen eine gute Alternative für alle Engstellen im Stall dar.


30 L/Min Zulauf


Die Kuh genießt es, das Wasser – wie in der Natur – mit lang anhaltenden Zügen von der freien Wasseroberfläche schlürfen zu können. Die Wasserfläche sollte mindestens 600cm² betragen. Eine Eintauchtiefe von 3 bis 4 cm und ein Kopfwinkel von 60° sind dabei beim „Saugtrinker“ Rind zu beobachten. Die Nasenlöcher bleiben frei.


Die Rinder sorgen dafür, dass die Luftzufuhr während des Trinkvorganges nicht unterbrochen wird. Nachdem die Kuh aber eine Trinkgeschwindigkeit von bis zu 25 l/min an den Tag legt, sind heute Zulaufgeschwindigkeiten von 30 l/min einzukalkulieren.


Bei Tränken, die mehreren Tieren gleichzeitig das Saufen ermöglichen, sind 60 l/min gefragt. Ist diese hohe Zielvorgabe nicht gegeben, säuft die Kuh das bevorratete Wasser weg und wendet sich von der Tränke ungeduldig ab. Ein Zuwenig an Wasser ist die unausweichliche Folge.


Keine Zungentränken


Schaut man sich das natürliche Trinkverhalten von Rindern genauer an, so muss man eindeutig feststellen, dass Zungentränken absolut kein Idealfall sind. Die Zungentränken führen zu wenig Wasser, was an den typischen und unüberhörbaren Schlürfgeräuschen der Kuh beim Saufen erkennbar ist. Einziger Vorteil der Zungentränken ist, dass sie nicht so anfällig für Verschmutzungen sind. Zungentränken, die eine Zulaufgeschwindigkeit von etwa 10 l/min aufweisen, sind leider oft auch in Abkalbebuchten zu finden, gerade da, wo eine bestmögliche Wasserversorgung in der Zeit um die Geburt herum Garant für eine hohe Futteraufnahme am Beginn der Laktation sein soll.


Bei Durst im Abkalbezeitraum wird der „Wassersparmodus“ aktiviert. Das Hormon ADH, das die Wasserausscheidung hemmt, besetzt dabei Rezeptoren für das Oxytocin. Folglich wird der Durst weniger und die Gebärmutterkontraktionen nehmen ab. Im Zuge dessen steigt die Gefahr von Wehenschwäche und Nachgeburtsverhaltungen, die Milchleistung droht zu sinken.


Viele Tränken zu hoch


Nach wie vor sind viele Tränken in Milchviehställen deutlich zu hoch angebracht und die Kühe müssen damit unter erschwerten Bedingungen ihren täglichen Bedarf decken. Die Kuh verliert hierbei den Überblick und der Druck auf den Kehlkopf behindert eine genüssliche Wasseraufnahme.


Selbst in aktuellen Beratungsempfehlungen wird immer noch über eine Wasserstandshöhe von 80 cm über dem Boden gesprochen. Die Angst, dass die Kühe bei niedriger installierten Tränken in diese koten, ist immer noch weit verbreitet. Dieses Argument lässt sich jedoch komplett entkräften. Eine Wasserstandshöhe von 60 cm über dem Boden ist für Kühe optimal (Übersicht 2). Für Jungrinder im ersten Aufzuchtjahr empfiehlt sich eine Wasserstandshöhe über dem Boden von 50 cm und für Jungrinder in der weiteren Aufzucht von 60 cm. Auf die richtige Höhe kommt es also an!


Trogtränken wählen


Bei der Wahl der Tränken sollte neben einer tiergerechten Wasseraufnahme eine unkomplizierte Reinigung mit an vorderster Stelle stehen. In älteren Laufställen, die derzeit ein Update erfahren, und in Neubauten sind Trogtränken das Mittel der Wahl. Sie müssen eine flache Bauart aufweisen und zu Reinigungszwecken entweder leicht zu kippen oder durch einen Stöpsel zügig zu entleeren sein. Eine in nächster Nähe zur Tränke, z.B. an einer Schnur befestigte Bürste, ist zusätzlich sinnvoll.


Werden Tränken am Futtertisch, neben der Kraftfutterabrufstation oder der Kuhbürste installiert, ist das Risiko einer schnellen Verschmutzung groß. Nur Kippen oder Stöpselziehen ist speziell in der wärmeren Jahreszeit aber auch noch zu wenig. Im Nu bildet sich auf den Oberflächen ein sogenannter negativer Biofilm, der sich als schmieriger, glitschiger Belag auf allen mit dem Wasser in Berührung kommenden Teilen erfühlen lässt.


Biofilm Wandert rückwärts


Der Biofilm ist ein Sammelbegriff für alle Schleimschichten, die durch Mikroorganismen verursacht werden. Die Keimflora des Biofilms besteht zu 80% aus gramnegativen Bakterien. Das bedeutet das Vorhandensein von Endotoxinen, die die Immunabwehr der Tiere schwächen.


Werden die Tränken nicht täglich mindestens einmal mit einer Bürste kräftig gereinigt, besteht sogar die Gefahr, dass dieser Biofilm rückwärts gegen den Wasserstrom ins Rohrleitungssystem „wächst“. Nachdem Rinder einen 15-mal besseren Geruchssinn als wir Menschen besitzen, braucht es keine Fantasie, um zu erkennen, was die Tiere von dieser Wasserqualität halten. Zuerst ist der Biofilm da und dann werden Ecken, Kanten und Ränder grün. Algen wachsen überall dort hervorragend, wo zu viele Nährstoffe sind. Algen haben Vergiftungen, Durchfall, Appetitlosigkeit, Lebererkrankungen und Störungen der Bewegungsabläufe zur Folge. Wasser mit Fäkalkeimen, Algen und Futterresten schmeckt einfach nicht.


Machen Sie den Selbsttest


Die Tränken sollten darum ganzjährig so gepflegt werden, dass auch der durstige Tierhalter ohne Bedenken zusammen mit seinen Rindern aus der gleichen Tränke trinken würde.


Ein kleiner Tränkewasser-Selbsttest ist da oft heilsam: Befüllen Sie ein sauberes Schraubglas zu 2/3 mit Tränkewasser und lassen Sie es über 24 Stunden verschlossen stehen. Danach öffnen Sie das Glas vorsichtig und riechen Sie hinein. Riecht das Wasser muffig oder modrig, dann brauchen Sie die Meinung Ihrer Kühe nicht mehr abzufragen...


silvia.lehnert@topagrar.com

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