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Reines Rapsöl in den Schleppertank?

Lesezeit: 7 Minuten

D ie Diskussion um Rapsöl als Treibstoff ist neu entfacht. Hintergrund ist die deutlich verbesserte Wettbewerbsfä-higkeit von Pflanzenöl. Mineraldiesel ist in den letzten Jahren teurer geworden. Al-lein der Steuersatz für Diesel erhöhte sich seit 1998 um 12,3 Cent, die Steuer für Agrardiesel stieg sogar um 14,8 Cent. Pflanzenöl hingegen zog im Preis nicht so stark an, weil es bisher keiner Besteuerung unterliegt. Das gilt zwar auch für Biodie-sel, die umgeesterte Form des Pflanzenöls. Für den Einsatz in der Landwirtschaft rechnet sich Biodiesel aber wegen der hö-heren Herstellungskosten noch nicht. Es kostet pro Liter immer noch 10 bis 15 Cent mehr als mineralischer Agrardiesel. Bei Biodiesel sind die technischen Probleme gelöst. Immer mehr Hersteller bieten Serienfahrzeuge an, die Biodiesel-tauglich sind. Wie sieht es aber mit der technischen Entwicklung bei Einsatz von reinem Rapsöl aus? Hier ist bisher noch nicht der richtige Durchbruch gelungen. Das gilt auch für den Schlepper-Bereich. Serienmäßige Pflanzenöl-Motoren ab Werk gibt es bisher nicht. Allerdings bieten einige Werkstätten, die Dieselfahrzeuge für den Betrieb mit Pflanzenöl umbauen, auch Umrüstungen für Schleppermotoren an. Die Konzepte seien inzwischen so ausgereift, dass Raps-ölSchlepper bereits jetzt tauglich für die Praxis seien, beteuern einige Umrüster. Flottenversuch für 100 Rapsöl-Schlepper Um die Praxistauglichkeit dieser Um-rüstkonzepte zu prüfen, führt das Bundes-ministerium für Verbraucherschutz, Er-nährung und Landwirtschaft (BMVEL) seit kurzem einen Flottenversuch im Rah-men eines 100-Schlepper-Programmes durch. Das Demonstrationsvorhaben untersucht vor allem die technische Mach-barkeit und die Risiken des Einsatzes von Rapsöl als Treibstoff in Traktoren. Zu-ständig für die wissenschaftliche Begleit-forschung ist das Institut für Energie- und Umwelttechnik der Universität Rostock. Der Flottenversuch startete im Früh-jahr 2001. Mittlerweile sind jedoch erst 40 Rapsöl-Schlepper bewilligt, die von sechs Firmen umgerüstet wurden (siehe Übersicht 2). Ein Grund für die bisher ge-ringe Resonanz: Der Preisabstand zwi-schen Agrardiesel und reinem Pflanzenöl hat sich im Jahr 2001 gegenüber dem Vor-jahr deutlich verringert. Um möglichst viele Schlepper testen zu können, hat das Agrarministerium in Berlin nun die An-tragsfrist für die Teilnahme am 100Schlepper-Programm bis September 2002 verlängert. Die am Flottenversuch beteiligten Landwirte bekommen von den Umrüst-firmen eine zweijährige Motorgarantie ge-währt. Allerdings müssen sich die Schlep-perBetreiber vertraglich verpflichten, mindestens drei Jahre lang Rapsöl zu tanken. Das Öl muss den Krite-rien entsprechen, die die Land-technik Weihenstephan für Raps-öl als Kraftstoff (RK-Qualitäts-standard 05/2000) festgelegt hat (siehe Übersicht 1). Zudem sollten die Schlepper neu zugelassen sein, eine allgemeine Betriebserlaubnis haben und mindestens 800 Be-triebsstunden im Jahr erreichen. Weitere Bedingungen: Die Bau-ern müssen ein Schlepper-Tage-buch führen und Untersuchungen an den Traktoren und am Treib-stoff zulassen. Im Gegenzug übernimmt das BMVEL die Hälfte der Umrüstkosten und die kompletten Ausgaben für die Er-richtung einer Rapsöl-Hoftankstelle. Zu-sätzlich bekommen die Landwirte eine Aufwandsentschädigung von 256 Euro pro Jahr für das Führen des Betriebstage-buchs und Ausfallgelder für die notwen-digen Messungen. Auch wenn erst Mitte 2002 der erste Zwischenbericht veröffentlicht werden soll, gibt es bereits jetzt erste interessan-te Erkenntnisse. Auffallend ist, dass sich die Konzepte der Umrüster stark vonein-ander abheben, stellt Hubert Honecker klar, der im BMVEL das Programm fe-derführend betreut. Gemeinsam ist allen Rapsöl-Schlep-pern, dass das Motoröl bereits nach durch-schnittlich 200 Stunden gewechselt wer-den muss. Ein Grund hierfür ist, dass Rapsöl bei unvollständiger Verbrennung sich im Schmieröl anreichern kann. Au-ßerdem steigt die Gesamtverschmutzung des Motoröls bei Betrieb mit Rapsöl schneller an als bei Dieselbetrieb. Fest steht auch, dass alle Umrüster noch Hausaufgaben machen müssen. Es gibt vielversprechende Konzepte, aber die Serienreife hat bisher noch keines nach-gewiesen, zieht Jan Golisch, wissen-schaftlicher Mitarbeiter an der Univer-sität Rostock, vorläufig Bilanz. Pflanzenöl-Qualität häufig unbefriedigend Ein gravierendes Problem liegt noch an einer anderen Stelle: Die Pflanzenöl-Qualität lässt häufig noch zu wünschen übrig. Die vorgeschriebene RK-Qualität wird nicht immer erreicht, warnt Golisch. Probleme machen z. B. überhöhte Phos-phorwerte, eine zu hohe Gesamtver-schmutzung und Neutralisationszahl so-wie eine zu geringe Oxidationsstabilität. Mögliche Ursachen sind zu hohe Abpres-stemperaturen und eine nicht ausreichen-de Filtration. Dabei spielt die Größe und Verarbei-tungskapazität der Ölgewinnungsanlage nicht die entscheidende Rolle, betont Edgar Remmele, Pflanzenöl-Spezialist an der Landtechnik Weihenstephan. Die geforderten Qualitäten lassen sich fast mit jeder Anlage erreichen, vorausgesetzt das Handling stimmt. Eine Sicherheitsfiltra-tion als letzter Verarbeitungsschritt sei je-doch dringend erforderlich. Wer Rapsöl als Treibstoff einsetzt, soll-te sich deshalb von seinem Lieferanten die die Einhaltung des RK-Qualitätsstan-dards 05/2000 garantieren lassen. Dies bieten bereits einige Mühlenbetreiber an. Relativ sicher geht auch der, der garan-tiert vollraffiniertes Rapsöl bezieht. Das Vollraffinat hält die Grenzwerte für Raps-öl als Kraftstoff in den meisten Fällen ein. Anders ist das bei den meist billig ange-botenen Vorraffinatsstufen. Hiervon soll-te man die Finger lassen. Landwirte, die Rapsöl selbst pressen und filtern, sollten zunächst die Qualität der Rapsat im Auge behalten. Geeignet ist gut ausgereifte Saat mit wenig Bruch-korn, geringem Fremdbesatz und einem Feuchtegehalt von 7 bis 8 %. Überdies ist wichtig, dass nicht zu heiß getrocknet wurde. Selbstpresser sollten zudem das Öl regelmäßig auf die qualitätsbestimmen-den Parameter für den Einsatz als Kraft-stoff untersuchen lassen. Hierfür gibt es bereits Prüflabors, die für Pflanzenöl-Kraftstoffe zugelassen sind. Eines davon ist die Analytik-Service-Gesellschaft in Augsburg (Tel. 08 21/4 86 2518). Hier kos-tet z. B. die Untersuchung auf Phosphor und Gesamtverschmutzung jeweils 45 Eu-ro pro Probe (plus MwSt.). Außerdem hat die Landtechnik Wei-henstephan einen Schnelltest-Koffer für Rapsöl entwickelt (Tel. 08161/714200). Damit lässt sich im Schnellverfahren er-mitteln, ob das Öl bei den Merkmalen Ge-samtverschmutzung, Neutralisationszahl und Wassergehalt die Grenzwerte einhält. Das Set reicht für 25 Analysen pro Kenn-wert und kostet etwa 300 Euro plus Fracht. Lohnt sich die Umrüstung? Neben den noch vorhandenen techni-schen Problemen stellt sich aber auch die Frage nach der aktuellen Wirtschaftlich-keit. Im wesentlichen sind dafür der Preis-abstand zwischen Rapsöl und Mineraldie-sel und die Höhe der Umrüstkosten maß-geblich. Gegenwärtig ist Rapsöl etwa 5 bis 10 Cent pro Liter billiger als Agrardiesel. Das rechtfertigt maximale effektive Um-rüstkosten von 2 000 Euro (bei 5 Cent Ab-stand) bzw. 5 100 Euro (bei 10 Cent Ab-stand). Dabei wurden 13 % Jahreskosten, 800 Betriebstunden pro Jahr und ein Ver-brauch von 10 Liter pro Stunde un-terstellt. Außerdem sind die Mehrkos-ten für den häufigeren Ölwechsel berück-sichtigt. Das heißt: Bei den gegenwärtigen Preisverhältnissen ist die Umrüstung bei der Mehrzahl der Anbieter gerade noch rentabel. Das gilt aber nur für den Fall, dass die Umrüstung im Rahmen des 100Schlepper-Programms gefördert wird. Auf lange Sicht müssen deshalb entweder die Umrüstkosten kräftig sinken oder der Preisabstand zwischen Diesel und Rapsöl muss erheblich zunehmen. Offen bleibt auch noch das Langzeit-Risiko: Denn entscheidend für die Beur-teilung der Wirtschaftlichkeit ist, dass bei umgerüsteten Motoren auch langfristig keine höheren Folgekosten anfallen als bei den herkömmlichen Schleppermoto-ren. Darüber lässt sich aber derzeit noch keine Aussage treffen. Wir halten fest Derzeit werden 40 Rapsöl-Schlepper im Rahmen eines dreijährigen Flottenver-suchs auf ihre Praxistauglichkeit getestet. Die Umrüstkonzepte müssen nach den bisherigen Erfahrungen noch optimiert werden. Außerdem erfüllt das eingesetzte Pflanzenöl häufig nicht die geforderten Qualitätsanforderungen. Deshalb sollten sich Betreiber von Rapsöl-Schleppern beim Einkauf des Öls die RK-Qualität ga-rantieren lassen. Sofern Umrüstungen im Rahmen des 100 Schlepper-Programmes gefördert werden, sind sie in den meisten Fällen gerade noch rentabel. Klaus Dorsch

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