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Ist die Weiße Lupine auf der Überholspur?

Lesezeit: 10 Minuten

Weite Fruchtfolgen werden politisch gefordert und sind ackerbaulich sinnvoll. Jedoch bedarf es dafür anbauwürdiger Kulturen, die sich zudem gut vermarkten lassen. Ob die Weiße Lupine diese Ansprüche erfüllt und wo die Knackpunkte im Anbau liegen, zeigt folgender Beitrag.


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Sie gilt als die heimische Leguminose mit dem höchsten Eiweißgehalt. Die Rede ist von der Weißen Lupine. Trifft sie als Basis proteinreicher, regional produzierter und GVO-freier Futter- und Lebensmittel den Nerv der Zeit? Züchter, Vermarkter und Praktiker geben Antwort.


Die drei Schwestern


Auf deutschen Äckern findet man drei verschiedene Lupinenarten: Die Gelbe Lupine (Lupinus luteus) gilt als die mit den geringsten Standortansprüchen. Die Blaue oder auch Schmalblättrige Lupine (L. angustifolius) hat bereits einen höheren Anspruch an die Bodenqualität und fühlt sich auf leichten bis mittleren Böden wohl. Auf mittleren bis guten Böden gedeiht die dritte Art, die Weiße Lupine (L. albus) am besten. Alle drei Arten eignen sich generell sowohl zur Körner- als auch zur Grünfutternutzung. Da die Weiße Lupine jedoch ein sehr großes Korn bildet und die Saatgutkosten relativ hoch sind, baut man sie ausschließlich zur Körnernutzung an.


Bis Mitte der 1990er Jahre haben die Weiße und Gelbe Lupine den Anbau dominiert. Die samenbürtige Krankheit Anthraknose brachte ihren Anbau jedoch nahezu vollständig zum Erliegen.


„Weil die Blaue Lupine jedoch eine deutlich bessere Toleranz gegenüber der Anthraknose besitzt, konnte sie sich damals behaupten“, weiß Oliver Wellie-Stephan, Produktmanager bei der Deutschen Saatveredelung (DSV). Betrachtet man die deutschen Vermehrungsflächen, ist die Blaue Lupine noch heute die bedeutendste Lupinenart.


Dieses Verhältnis könnte sich in den nächsten Jahren allerdings verschieben. Seit Kurzem bietet nämlich die DSV zwei anthraknosetolerante Sorten der Weißen Lupine an: Frieda und Celina. Für die anstehende Aussaat ist das Saatgut bereits vergriffen, die Vermehrung soll aber laut Wellie-Stephan künftig ausgeweitet werden. Züchter beider Sorten sind die Landwirtschaftlichen Lehranstalten (LLA) Triesdorf.


Für Trog oder Teller?


Dass sich die Weiße Lupine heute als Nahrungs- oder Futtermittel verwenden lässt, ist ebenfalls der Züchtung zu verdanken. Besaßen die ursprünglichen Wildformen dieser Hülsenfrucht hohe Gehalte von Alkaloiden, ist dieser giftige Bitterstoff in neueren Sorten nur noch in geringsten Mengen enthalten. Die heutigen sogenannten Süßlupinen dürfen einen Alkaloidgehalt von 0,05% nicht überschreiten. Somit eignen sie sich als Futter sowohl für Wiederkäuer (mehr Infos hierzu finden Sie im Spezialprogramm Rind ab Seite R 22) als auch für Schweine, Geflügel und Aquakulturen. Da die Rohproteingehalte bei 35 bis 40% liegen (bei 100% TS), macht ein hoher Futterwert die Weiße Lupine für die Rationsgestaltung interessant. „Wie hoch der Anteil in der Ration sein darf, wird derweil in zahlreichen Fütterungsversuchen untersucht. Zur Orientierung kann man aber die Erfahrungswerte der Blauen Lupine übernehmen. Demnach sollte in der Schweine- und Geflügelfütterung ein Anteil von 15 bis 20% möglich sein“, so Wellie-Stephan.


In der Lebensmittelindustrie dient die Weiße Lupine als Rohstoff für Fitnessprodukte, proteinreiche Brotaufstriche, Fleischersatzprodukte und vielem mehr. Worauf es hierbei ankommt, weiß Elke zu Münster, Geschäftsführerin der Brotbüro GmbH in Hamburg: „Als erstes prüfe ich die äußere Qualität. Die Muster müssen gleichmäßig in Korngröße und Farbe sein. Melde und andere Unkräuter können die Körner so verschmutzen, dass sich die Partien für die Lebensmittelbranche nicht mehr eignen.“ Die nächste Hürde, die es laut der Expertin zu überwinden gilt, ist der Alkaloidgehalt. Ein in der Lebensmittelbranche verbreiteter Richtwert liegt bei 0,02%. „Sehr gute Erfahrungen haben wir in unserem Arbeitskreis mit Sorten aus Frankreich gesammelt. Da aber scheinbar auch Klima, Standort und Kulturführung den Alkaloidgehalt beeinflussen, ist und bleibt das Einhalten des Richtwertes eine große Herausforderung“, so zu Münster. „Der Markt für die Speiseverwertung von konventionellen Weißen Lupinen befindet sich zwar noch im Aufbau, dennoch sollten 40 €/dt für die Landwirte künftig realisierbar sein. Vorausgesetzt sie schaffen es, die geforderten hohen Ansprüche an die innere und äußere Qualität zu erfüllen.“


Um einen möglichst hohen Erzeugerpreis zu erzielen, versucht Landwirt Stefan Friggemann, der einen Schweinemast- und Ackerbaubetrieb in Ennigerloh (NRW) bewirtschaftet, seine Weißen Lupinen als Lebensmittel zu verkaufen. Er weiß, dass man sich hierfür häufig überregionale Partner suchen muss. „Schaffe ich es nicht, die geforderten Qualitäten in diesem Segment zu erreichen, verfüttere ich die Lupinen an meine Schweine“, so der Landwirt.


Vorfruchtwert überzeugt


Auf dem Acker bietet die Weiße Lupine viele Vorteile. Als Stickstoffsammler mit tief reichendem und kräftigem Wurzelsystem kann sie Fruchtfolgen aufwerten. „Wächst sie auf tiefgründigen Böden, ist sie in der Lage, Sommertrockenheiten verhältnismäßig gut zu überstehen“, so Oliver Wellie-Stephan. Folgekulturen wie Wintergetreide oder Winterraps profitieren obendrein vom gesammelten Stickstoff. „Konkrete Zahlen darüber, wie viel Stickstoff die Weiße Lupine der Folgekultur liefert, gibt es bislang kaum. Rund 30 bis 40 kg/ha kann man aber sicherlich anrechnen“, sagt Wellie-Stephan. Ein Aspekt, der gerade in Zeiten reglementierter Düngung immer relevanter wird.


Von der guten Bodenstruktur, die die Lupine hinterlässt, profitiert jede Folgekultur. „Ein Landwirt, der viele Leguminosen im Anbau hat, sagte mir, dass die Weiße Lupine die beste Bodengare hinterlässt“, so Elke zu Münster.


Zusätzlich können Förderprogramme wie z.B. „Anbau vielfältiger Kulturen im Ackerbau“ in NRW, den Anbau der Weißen Lupine noch attraktiver machen. In NRW wird der Anbau großkörniger Leguminosen – zu denen die Lupinen zählen – z.B. mit 125 €/ha gefördert. An diesem Programm nimmt auch Stefan Friggemann teil. Er erfüllte den erforderlichen Anteil von 10% Leguminosen bislang mit Ackerbohnen, in diesem Jahr mit Ackerbohnen und Weißen Lupinen. „Ob die Lupine der Bohne künftig den Rang abläuft, bleibt abzuwarten“, so der Landwirt. Mit Blick auf die Ackerbaustrategie der Bundesregierung und auf die Beschlüsse zur gemeinsamen Agrarpolitik auf europäischer Ebene zeigt er sich hinsichtlich künftiger Förderungen optimistisch.


Tipps für den Anbau


Damit der Anbau gelingt, gilt es, die Weiße Lupine mit einem Rhizobienpräparat unmittelbar vor oder nach der Saat zu impfen. Mit etwas Kreativität ist dies leicht zu machen. So gab Stefan Friggemann z.B. das Saatgut in einen Betonmischer und besprühte es mit dem Mittel Radicin Lupin.


Hinsichtlich des Saattermins ist die Weiße Lupine etwas genügsamer als die Ackerbohne. „Das weite Saatfenster von Anfang März bis Mitte April hilft uns, auf unseren schweren Böden einen guten Saattermin zu finden“, so der Landwirt aus Ennigerloh. Saaten bei Bodentemperaturen ab 4°C gelten als vielversprechend. Nachfolgende Frostphasen bis minus 7°C übersteht die Weiße Lupine gut.


Die Aussaatstärke sollte sich auf 45 bis 60 Körner/m² belaufen. Stefan Friggemann säte die Lupine mit 60 Körnern/m² Ende März mit einer Scheibenschardrillmaschine auf 3 bis 4 cm Tiefe. Die Saatgutkosten lagen bei ca. 280 € je ha. Er hofft, dass diese künftig bei einem größeren Angebot sinken.


„Wenn man so will, erfolgt die Düngung zum Teil vor der Saat. Impft man nämlich das Saatgut, sichern Knöllchenbakterien die Stickstoffversorgung ab“, weiß Wellie-Stephan. „Eine zusätzliche N-Düngung ist dann nicht mehr notwendig.“ Da die Weiße Lupine nach seinen Aussagen in der Lage ist, festgelegtes Phosphat aufzuschließen, besteht auch für diesen Nährstoff kein zusätzlicher Düngebedarf – vorausgesetzt, der Boden ist ausreichend mit Phosphor versorgt.


Wichtig für die Proteinpflanze ist jedoch Schwefel. Den Bedarf von 30 kg pro ha deckt Stefan Friggemann mit 150 kg/ha Kieserit (25% MgO, 20% S) und 200 kg/ha Korn-Kali (40% K2O, 6% MgO, 5% S). Mit diesen Gaben bringt er auch genug Kalium und Magnesium aus. Als wichtigster Mikronährstoff ist dann nur noch Bor zu berücksichtigen. Friggemann setzte hierzu kurz vor Bestandesschluss einen Blattdünger ein.


Schwierige Unkrautkontrolle


Die großen Herausforderungen, da sind sich Friggemann und Wellie-Stephan einig, beginnen erst nach der Saat. Die Weiße Lupine entwickelt sich in den ersten Wochen so langsam, dass sie kaum Unkräuter unterdrückt. Für Anbauer bedeutet dies höchste Sorgfalt bei der Unkrautregulierung. Die in Weißen Lupinen zugelassenen Herbizide lassen sich in der Regel nur im Vorauflauf einsetzen. Lediglich die Gräsermittel Select 240 EC und Fusilade Max sind im Nachauflauf anwendbar.


Friggemann setzte dieses Jahr im Vor-auflauf eine Kombination aus 2,0 l/ha Stomp Aqua plus 3,0 l/ha Gardo Gold ein. Ein Regenschauer kurz nach der Maßnahme sorgte für eine ausreichende Bodenfeuchte und eine gute Wirkung. Häufig sind die Böden im Frühjahr jedoch so trocken, dass die Bodenherbizide nicht ausreichend wirken. Dann können vor allem Melde, Weißer Gänsefuß, Kamille und Knötericharten zum Problem werden. „In solchen Jahren kann das im ökologischen Landbau gängige Striegeln helfen, die Lupine dennoch sauber zu halten“, weiß Wellie-Stephan.


Wegen der langsamen Bestandsentwicklung können auch Tauben problematisch werden. „Es scheint, als würden die jungen Lupinen den Tauben besonders gut schmecken. Der Schaden in diesem Frühjahr war immens“, so Friggemann. Um die Tauben zu vertreiben empfiehlt er das Aufstellen von Vogelscheuchen, die sich im Wind drehen und im Sonnenlicht blitzen.


Problemkrankheit ist und bleibt Anthraknose


„Als bedeutendste Krankheit der Lupinen gilt die Anthraknose, die Brennfleckenkrankheit. Sie wird durch den Pilz Colletotrichum lupini verursacht und kann zu einem Totalausfall führen“, berichtet Wellie-Stephan. Die jetzt verfügbaren toleranten Sorten können den Befall zwar nicht verhindern, sorgen aber – selbst bei günstigen Infektionsbedingungen wie dieses Jahr – dafür, dass er geringer ausfällt und sich langsamer ausbreitet. Sind erste Brennflecken sichtbar, können Anbauer z.B. Folicur oder Ortiva einsetzen. Um das Risiko der Anthraknose von vornherein gering zu halten, kann eine reduzierte Saatstärke sinnvoll sein, weiß Elke zu Münster, die mit etlichen Ökobetrieben zusammenarbeitet. In jedem Fall aber sollte man geprüftes Z-Saatgut verwenden – der Nachbau der Weißen Lupine sei so oder so verboten.


Des Weiteren sind vor allem Fußkrankheiten wie Sclerotinia, Pythium, Rhizoctonia, Schwarze Wurzelfäule, Fusarium oder Phoma ertragsrelevant. Da keine fungiziden Beizen verfügbar sind, ist eine Anbaupause von mindestens fünf Jahren unerlässlich, um diese Krankheiten einzudämmen. Dass Landwirt Friggemann die Lupine zum ersten Mal angebaut hat, erklärt, dass die Pflanzen bis zur Abreife gesund blieben.


Die Schädlingssituation sieht Wellie-Stephan aktuell entspannt. Zwar seien vereinzelt Blattrandkäferarten und Blattläuse in Beständen zu finden, anders als bei der Ackerbohne oder der Erbse seien in der Weißen Lupine in der Regel jedoch keine Insektizideinsätze nötig.


Einfache Ernte


Die Ernte der Weißen Lupine erfolgt laut Oliver Wellie-Stephan ca. zwei bis drei Wochen später als die der Ackerbohne. „Die Erntetermine liegen meist im August oder in der ersten Septemberwoche“, so der Fachmann. „Die Erträge belaufen sich in der Praxis im ökologischen Anbau häufig auf 2 bis 3 t/ha. Im konventionellen Anbau können sie bis auf 4 oder sogar 5 t/ha steigen“, weiß Elke zu Münster.


Friggemann, der in diesem Jahr 3,9 t/ha erntete, war mit dem Ertrag zufrieden. „Das Dreschen der Weißen Lupine war das einfachste“, blickt der Landwirt auf das Jahr zurück. Dafür sorgen stabil stehende Pflanzen mit einem Hülsenansatz, der mindestens 10 cm über der Bodenoberfläche beginnt. Auch eine gute Platzfestigkeit der Hülsen ermöglicht eine einfache und verlustarme Ernte.


Wegen der vielen Vorteile will Friggemann weiterhin auf die Weiße Lupine setzen. Er hofft, künftig die hohen Anforderungen der Lebensmittelindustrie erfüllen zu können, um die Wirtschaftlichkeit weiter zu verbessern.


daniel.dabbelt@topagrar.com

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