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Welche Sorten gegen viröse Eisenfleckigkeit?

Lesezeit: 8 Minuten

Neben der Zwischenfruchtart und einer top Feldhygiene steht im Kampf gegen die viröse Eisenfleckigkeit in Kartoffeln die Sortenwahl an erster Stelle. Welche Sorten sich auf Befallsflächen eignen, zeigen die Ergebnisse der Landessorten- und Projektversuche.


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Um umweltschonende und praxisorientierte Lösungen zur Bekämpfung der virösen Eisenfleckigkeit an Kartoffeln zu erarbeiten, hat die LWK Nordrhein-Westfalen in Kooperation mit dem Julius Kühn-Institut und den Kartoffelzüchtern das Projekt DEFENT-TRV durchgeführt (siehe top agrar 1/2021 ab Seite 62). Die erzielten Ergebnisse zeigen, dass im Maßnahmenkatalog – neben den Zwischenfrüchten und der Feldhygiene (siehe top agrar 2/2021 ab Seite 70) – resistente Kartoffelsorten an erster Stelle stehen müssen. Wegen der vielen Wechselwirkungen im Schaderregerkomplex Trichodoriden/Tobacco Rattle Virus (TRV) ist ihr Anbau auf Befallsstandorten am erfolgversprechendsten.


Sorteneinstufung bislang nicht differenziert genug


Die bisherigen Zuchtziele bei Kartoffelsorten lagen im Bereich der Ertrags- und Qualitätsparameter. Die TRV-Resistenz war bislang kein vorrangiges Zuchtziel, unter anderem auch, weil nur wenige Erkenntnisse zu TRV vorlagen.


In der Regel geben die Ernährungsindustrie und die Sortier- und Abpackbetriebe ihren Vertragslandwirten den Anbau bestimmter Kartoffelsorten mit speziellen Qualitätseigenschaften vor. Einige wichtige Industrie- und Speisesorten sind aber TRV-anfällig, wie beispielsweise Agria, Ambassador, Annabelle, Cilena, Hansa, Innovator, Laura, Marabel, Melody, Milva, Nicola und Zorba. Für die in Deutschland angebauten Kartoffelsorten gibt es zwar eine Einstufung auf das Merkmal Eisenfleckigkeit, allerdings wird hierbei häufig nicht zwischen der virösen (TRV) und der physiologischen Eisenfleckigkeit unterschieden. Eine Differenzierung dieser zwei Ursachen ist aber wichtig und nur mithilfe einer Laboranalyse möglich.


Trichodoriden, TRV und sorte – ein komplexes Zusammenspiel


Für eine Infektion müssen Trichodoriden-Art, Virusstamm und Kartoffelsorte zusammenpassen. Dabei gilt Folgendes: Alle für den Kartoffelanbau relevanten Trichodoriden-Arten übertragen TRV. Zudem gibt es verschiedene Virusstämme, die sich zwischen und innerhalb der Anbauregionen unterscheiden können. Zu beobachten ist, dass einzelne Trichodoriden-Arten zwar verschiedene Virusstämme übertragen, aber nicht jeder Virusstamm durch jede Art weitergegeben wird.


Zu diesen komplexen Interaktionen liegen für Deutschland nur unzureichende Kenntnisse vor. Auch ist bislang offen, welche Kartoffelsorten von welchen Trichodoriden-Arten befallen werden bzw. welche Virusstämme übertragen werden. Die unterschiedlichen Symptomausprägungen an den Sorten, wie die viröse Eisenfleckigkeit, die Pfropfenbildung in der Knolle sowie die Ringnekrosen auf der Knollenoberfläche sind wahrscheinlich nicht nur sortenspezifisch, sondern werden offenbar durch verschiedene Virusstämme verursacht. Ein Schema zum Zusammenspiel ist in Übersicht 1 auf Seite 85 dargestellt.


Generell lässt sich zwischen der Primärinfektion, das heißt der Virusübertragung durch die Trichodoriden, und der Sekundärinfektion, also der Virusübertragung über infiziertes Pflanzgut, unterscheiden. Erfolgt der Anbau infizierter Pflanzkartoffeln auf einem Standort mit Trichodoriden, können diese durch Saugen an den Kartoffelwurzeln das Virus aufnehmen und es auf der Fläche weiterverbreiten bzw. bislang nicht verseuchte Ackerflächen infizieren.


Die typischen TRV-Knollensymptome zeigen dann nur anfällige Kartoffelsorten. Hierbei handelt es sich um eine Abwehrreaktion (Absterben der Zellen) gegenüber den eingedrungenen, sich vermehrenden Viren. Je früher die Infektion stattfindet, umso deutlicher können sich die Symptome ausprägen. Das Virus wird systemisch in Wurzeln, Tochterknollen und Blattapparat verbreitet.


In resistenten Sorten findet dagegen keine Infektion statt. In ihnen kann sich das Virus nicht vermehren und nicht weiterverbreiten. Daher bilden sich bei diesen Sorten auch keine Symptome aus.


In toleranten Sorten kann sich das Virus ohne sichtbare Symptome in der gesamten Pflanze vermehren. Das Problem hierbei ist, dass durch latent befallenes Pflanzgut neue Flächen mit dem Virus infiziert werden können, ohne dass man es bemerkt.


All diese Einflussfaktoren erschweren die Beurteilung einer Kartoffelsorte hinsichtlich ihrer TRV-Anfälligkeit.


Bundesweite SortenVersuche angelegt


Um die Sorten dennoch möglichst präzise hinsichtlich ihrer Anfälligkeit für TRV beurteilen zu können, haben die beteiligten Kartoffelzüchter und die LWK NRW im Rahmen des Projektes umfangreiche Sortenversuche durchgeführt.


Auf Befallsflächen mit einem hohen Besatz an Trichodoriden und einem positiven TRV-Nachweis wurden insgesamt 20 Versuche auf acht Standorten in Deutschland mit einem Prüfsortiment von 15 Kartoffelsorten angelegt. Die Durchführung erfolgte in randomisierten, zweireihigen Kleinparzellen mit jeweils 10 Knollen pro Reihe in 4-facher Wiederholung. Die Kartoffelversuche wurden anschließend beerntet. Nach einer Lagerphase von ca. acht Wochen wurden 50 Knollen pro Parzelle geschnitten und auf Eisenfleckigkeitssymptome bonitiert.


Die Auswahl der Prüfsorten erfolgte in Abstimmung mit der Gemeinschaft zur Förderung von Pflanzeninnovation e.V. (GFPi) – Abteilung Kartoffeln. Ausgewählt wurden Sorten von „anfällig“ bis „hoch resistent“. Ziel war es zu prüfen, ob diese vorherigen Resistenzeinstufungen wirklich zutreffen. Ein weiteres Ziel war die Suche nach Resistenzquellen, um diese für zukünftige Züchtungsarbeiten nutzen zu können. Die Ergebnisse der Sorten werden codiert dargestellt (siehe Übersicht 2 auf Seite 85).


Die wichtigsten Ergebnisse: Dass die Resistenzeinstufungen der Kartoffelzüchter in den meisten Fällen zutrafen, zeigen die durchgeführten Versuche. So haben sich anfällige Sorten anfällig gezeigt und auch die mittelanfällige Sorte und die meisten resistenten bzw. hoch resistenten Sorten entsprachen ihrer Voreinstufung. Aber es gab auch Ausreißer wie z.B. die Sorten 1, 3, 10 und 12, die trotz vermuteter Resistenz vermehrt Eisenflecken aufwiesen.


Auch ließ sich beobachten, dass es regionale Unterschiede gibt. Denn neben den Sorteneffekten beeinflussten die Faktoren Ort und Jahr die Versuchsergebnisse stark. Zudem zeigte sich, dass die Einzelwerte in den Wiederholungen teilweise sehr weit streuten. Auch die Vorbelastung der Flächen war entscheidend. So ließen sich die Sorten auf Starkbefallsflächen besser differenzieren. Entscheidenden Einfluss auf die Befallsausprägung hatten wahrscheinlich auch die auf den jeweiligen Flächen auftretenden Trichodoriden-Arten und Virusstämme.


Zu den verschiedenen Einflussfaktoren ein Beispiel (siehe wiederum Übersicht 2): In den von der LWK NRW durchgeführten Versuchen an den Standorten Wachtendonk im Jahr 2017 und Neukirchen-Vluyn in 2018 wies die anfällige Kartoffelsorte 6 (Innovator) im Vergleich zum Mittelwert der 20 Versuche weniger befallene Knollen auf als die mittelanfällige Sorte 7 (Hansa), die deutlich mehr Symptome zeigte. Weil der Regionalfaktor demnach eine so entscheidende Rolle spielt, müssen die Sortenprüfungen weiterhin an verschiedenen Standorten erfolgen.


Neue Grundlage für die Züchtung geschaffen


Mit den durchgeführten Sortenversuchen wurde das notwendige Grundlagenmaterial für eine züchterische Selektion der Resistenz gegenüber der virösen Eisenfleckigkeit geschaffen. Es stehen nun solide Resistenzdaten zur Verfügung und das Merkmal Eisenfleckigkeitsresistenz zeigt eine züchterisch nutzbare Stabilität.


Nun muss sich ein mehrjähriger Selektionsprozess anschließen. Einzelne, hoch resistente Sorten wurden teilweise schon für erste Resistenzkreuzungen eingesetzt. Dieser züchterische Weg wird aber einige Zeit in Anspruch nehmen. Deswegen wären weitere Sortenanfälligkeitsprüfungen sinnvoll, um ein Sortenranking für die wichtigsten Sorten in Deutschland zu erarbeiten.


Ungeklärt blieben die Wechselwirkungen zwischen den Kartoffelsorten, den Trichodoriden-Arten und den TRV-Stämmen. Im Projekt war geplant, eine dauerhafte Vermehrung der am häufigsten auftretenden Trichodoriden-Arten im Gewächshaus zu etablieren. Damit sollten dann Versuche zum Resistenzverhalten von Kartoffelsorten unter definierten Bedingungen durchgeführt werden. Leider ließ sich dieses Projektziel nicht umsetzen, da sich die Trichodoriden nur schwer kultivieren lassen.


Sortenempfehlungen


Die Sortenempfehlungen von der LWK NRW basieren auf den Ergebnissen der eigenen Landessorten- und Projektversuche. In der Liste (siehe Übersicht 3 auf Seite 86) werden die Speise- und Pommes-Sorten dargestellt, an denen wahrscheinlich keine viröse Eisenfleckigkeit, Pfropfenbildung oder Ringnekrosen auftreten. Dennoch ist auch bei diesen Sorten nicht gänzlich auszuschließen, dass sich bei Starkbefall oder beim Auftreten bestimmter Trichodoriden-Arten oder Virusstämme trotzdem Symptome ausbilden – besonders auf leichten Böden.


Zusätzlich zu den in der Übersicht 3 aufgeführten Sorten empfehlen die Kartoffelzüchter weitere Sorten, an denen wahrscheinlich keine TRV-Symptome auftreten, aber auch hier nicht gänzlich auszuschließen sind:


  • Speise-Sorten: Antonia, Baltic Rose, Bernina, Valery
  • Pommes-Sorten: Anosta, Arsenal, Edison, Ikarus, Jurata, Ludmilla, Premiere, Sinora
  • Chips-Sorten: Fasan, Karlena, Lady Rosetta, Papageno, Pelikan, Picus, Priska und Sorentina


Da es bislang keine Untersuchungen zur Toleranz von Kartoffelsorten in Deutschland gibt, ist nicht auszuschließen, dass in der Liste und in den Sortenempfehlungen der Züchter nicht nur resistente, sondern auch tolerante Sorten enthalten sind.


Vorsicht vor Verwechselungen!


An einzelnen Sorten können TRV-ähnliche Knollensymptome auftreten, die visuell leicht mit viröser Eisenfleckigkeit, TRV-Pfropfenbildung oder TRV-Ringnekrosen zu verwechseln und nur durch eine Laboranalyse eindeutig zu identifizieren sind. Beispiele dafür sind die physiologische Eisenfleckigkeit (wird durch Calcium-Mangel verursacht, z.B. an der Sorte Hansa), das Mop-Top-Virus (wurde in den Niederlanden an der Sorte Fontane nachgewiesen) oder das YNTN-Virus. Für das ungeübte Auge können auch Braunfäule-Symptome mit TRV verwechselt werden.


Die Fotos auf den Seiten 86 und 87 sollen Ihnen helfen, die Symptome richtig zuordnen zu können.

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