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Wildschweinschäden auf FFH-Mähwiesen reparieren

Lesezeit: 7 Minuten

Narbenschäden auf geschützten Mähwiesen zu reparieren, ist heikel. Oft lassen sich Maschinen und Nachsaatmischungen nur begrenzt einsetzen. Welche Strategien sehr gute Ergebnisse erzielen, zeigt ein Projekt aus Baden-Württemberg.


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Auf dem Grünland nehmen Schäden durch Wildschweine immer weiter zu. Auf intensivem Schnittgrünland gibt es viele Möglichkeiten, um Schäden zu beheben. So kann man z.B. mit Wiesenhobel oder Kreiselegge betroffene Stellen einebnen und eine Nachsaat mit leistungsfähigen Gräsern durchführen.


Problematisch ist es jedoch, Schäden auf artenreichen, extensiv genutzten Mähwiesen zu beheben, die im Rahmen der Fauna-Flora-Habitat(FFH)-Richtlinie als Lebensraumtyp geschützt sind. Denn auf diesen ist von Seiten des Naturschutzes meist der Einsatz von Maschinen stark begrenzt und die Nachsaat mit leistungsfähigen Gräsern verboten.


Narbenreparaturen sind notwendig!


Dennoch gilt es, FFH-Mähwiesen zu bewirtschaften. Nur so kann ihre typische Artenzusammensetzung erhalten bleiben (gesetzlich gefordert). Nach einem Schadensfall ist es daher auch hier unerlässlich, die Schäden einzuebnen. Nur dann bleiben die Wiesen befahrbar und das Futter verschmutzt nicht durch unebenes Gelände bzw. Erdhaufen. Zudem lässt sich beobachten, dass sich auf von Wildschweinen umgebrochenen, nicht reparierten Wiesen das Artenspektrum verschiebt – bis hin zu Artenverlusten. Die Aktivität der Wildschweine mobilisiert Nährstoffe im Boden, sodass sich konkurrenzkräftige Arten immer mehr durchsetzen. Außerdem können sich zahlreiche Arten in den offenen Bodenstellen etablieren. Je nach Samenvorrat im Boden und Eintrag von außen sind dies häufig auch unerwünschte oder gar invasive Arten.


Als Folge sind dann FFH-Mähwiesen in ihrer botanischen Artenzusammensetzung durch die Wildschweinschäden beeinträchtigt – was meist Konsequenzen für den Landwirt nach sich zieht. Warum die Schäden oft auf bestimmten Flächen auftreten, lesen Sie in der Zusatzinfo „Wildschweine“ auf Seite 85.


Strategien zur Reparatur


Beurteilen Sie zunächst die Fläche: Handelt es sich um tiefe oder flache Schäden? Treten diese einzeln oder flächig auf? Wägen Sie auch ab, ob noch weitere Besuche der Wildschweine und damit weitere Schäden zu erwarten sind. Im letzteren Fall lohnt sich eine sofortige Reparatur nicht und es empfiehlt sich, noch zu warten. In der Regel sollte man aber spätestens im Frühjahr die Schäden einebnen und im Einzelfall nachsäen.


Kleine, flache und vereinzelte Schäden können Sie möglichst zeitnah per Hand bzw. durch Antreten mit dem Fuß beheben. Wichtig ist hierbei, die Grassoden vorher zurückzudrehen. Nur so können die Wurzeln wieder anwachsen.


Bei größeren, flächenhaften Schäden ist der Einsatz von Maschinen für das Planieren und Einarbeiten der Grassoden notwendig. Auch hier gilt: Das Einebnen mit einer Schleppe und anschließendem Anwalzen funktioniert nur, wenn die Grassoden richtig herum liegen. Andernfalls werden die ausgegrabenen Soden nur hin und her geschoben und wachsen nicht wieder an.


Dass eine flache Bodenbearbeitung zum Einebnen der Schäden und zur guten Verteilung der Grassoden am effektivsten ist, zeigen langjährige Erfahrungen des Landwirtschaftlichen Zentrums für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden-Württemberg (LAZBW). Die Kreiselegge ist dazu am besten geeignet und auf vielen Betrieben im Maschinenpark vorhanden. Alternativ könnte man auch einen tief eingestellten Mulcher mit anschließender Fräse verwenden oder die Schäden mithilfe von Spezialgeräten wie dem Wiesenhobel oder Büffel beheben.


Da die Behörden eine flache Bodenbearbeitung auf FFH-Mähwiesen zur Einebnung von Wildschweinschäden jedoch häufig als kritisch empfinden, empfiehlt es sich, gemeinsam den Schaden zu begutachten. Im Gespräch vor Ort können Sie Argumente austauschen. So lässt sich leichter ein Kompromiss finden.


Dass der Einsatz einer Kreiselegge die Artenzusammensetzung nicht verschlechtert, konnte kürzlich ein Praxisversuch am LAZBW zeigen. Untersucht wurde die Reparatur von Wildschweinschäden auf einer Mageren Flachland-Mähwiese auf der Schwäbischen Alb. Dabei prüften die Mitarbeiter, wie sich fünf Einebnungs- und Nachsaatvarianten auf die Artenzusammensetzung der Narbe auswirken. Die Wildschweinschäden wurden künstlich mit einem Grubber angelegt. Die Versuchsanlage können Sie der Übersicht 1 entnehmen.


Das Ergebnis: Die Variante 2 mit dem Einsatz einer Kreiselegge für eine flache Bodenbearbeitung (siehe Foto 1) zeigte keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Anzahl der für den Lebensraumtyp wertgebenden und beeinträchtigenden Arten im Vergleich zur maschinenlosen Variante 1 „Umdrehen und Festtreten“ (siehe Fotos 2 und 3). Beide Varianten wurden gewalzt und sich selbst zur Berasung überlassen. Auffällig war allerdings eine einseitige Dominanzverschiebung innerhalb der Arten in der Variante 1. Der Anteil an Aufrechter Trespe verdoppelte sich dort im Vergleich zur Variante 2 sowie zur Kontrolle, der Variante 0 (siehe Übersicht 2 auf Seite 84).


Selbstberasung oder Nachsaat?


Meist wird empfohlen, eingeebnete Schäden auf Wiesen durch gezielte Ansaat zu schließen. Denn in den vielen Fällen führt eine Selbstberasung, also ein Sich-selbst-überlassen der Wiese und Nachwachsen aus dem eigenen Samenpotenzial des Bodens, zu unbefriedigenden Beständen. Eine Nachsaat kann die Lücke schneller und mit den erwünschten Arten schließen. ▶


Allerdings sind auf FFH-Mähwiesen nicht nur die typische Pflanzenartenzusammensetzung, sondern auch der genetische Pool der jeweiligen Arten geschützt. Dieser hat sich genau auf dieser Wiese über Jahrzehnte entwickelt und an die lokalen Gegebenheiten angepasst. Ein Eintrag durch Saatgut von anderen Arten oder von gleichen Arten aus anderen Regionen oder Ländern würde in diesem Fall die Narbe negativ verändern – das ist gesetzlich verboten.


Will man eine Verschlechterung und Genvermischung vollständig vermeiden, könnte man Samen aus frischem Mähgut von benachbarten FFH-Mähwiesen auf die Lücken ausbringen. Dies ist nachweislich eine effektive Methode – allerdings nur im Sommer zum Zeitpunkt des 1. Heuschnitts. Idealerweise repariert man eine Narbe aber im Frühjahr oder Herbst. Die Reparatur weiter aufzuschieben, führt zu Ertragsausfällen. Zudem erhöht sich das Risiko, dass unerwünschte Arten einwandern und sich etablieren. Optimal wäre es, Wiesendrusch der betroffenen Wiese oder von Nachbarflächen mit vergleichbarer Artenzusammensetzung für den Schadensfall auf Lager zu haben und dann auf die eingeebneten Stellen auszubringen. Doch häufig ist das nicht der Fall.


Lückenfüller Regio-Saatgut


Ein Kompromiss aus dieser Problematik kann der Einsatz von zertifiziertem Regio-Saatgut sein. Dieses enthält in der Regel Samen von Arten, die typisch für den Lebensraumtyp „Mähwiese“ sind. Zudem wurden sie nicht züchterisch verändert und stammen nachweislich aus engeren Herkunftsgebieten, für die Deutschland in 22 Ursprungsgebiete unterteilt ist. Diese Aufteilung der Herkunft grenzt die kritisch gesehene Genpool-Vermischung etwas ein. Das Regio-Saatgut ist aufgrund des höheren Produktionsaufwandes deutlich teurer als konventionelle Regelmischungen. Oftmals stoßen die höheren Kosten auf Unmut zwischen Landwirt und Jagdpächter, der für die Reparaturkosten aufkommen muss.


Der Versuch des LAZBW untersuchte daher ebenfalls, wie sich unterschiedliche Saatstärken und eine reduzierte Artenzusammensetzung des Regio-Saatgutes auf den Bestand der FFH-Wiese auswirkten. Dazu wurde die empfohlene Regio-Saatgutmischung für artenreiche Wiesen (mit 30 Arten) in diesem Gebiet verwendet und in zwei Aussaatstärken – mit den empfohlenen 3 g/m² und mit reduzierten 2 g/m² – per Hand auf die eingeebneten Wildschweinschäden ausgebracht (Varianten 3 und 4). In der Variante 5 wurde diese Mischung auf 13 Arten reduziert ausgebracht. Somit würden sich die Saatgutkosten um ca. 40% reduzieren. Alle Ansaatvarianten standen auch im Vergleich zur Selbstberasung sowie zur Kontrolle.


Das Ergebnis: Generell ließen sich keine Hinweise auf eine kurzfristige Verschlechterung bzw. Zunahme von beeinträchtigenden Arten durch Selbstberasung im Vergleich zur Lückenschließung durch Ansaat feststellen – unabhängig von Saatstärke und Artenwahl der Mischung.


Erfahrungen von einem weiteren Standort zeigten jedoch auch, dass bei der Wiederherstellung der vorhandene Bodensamenvorrat eine sehr große Rolle spielt. Gibt es bereits vor dem Schaden beeinträchtigende Arten im Bestand oder sind nur wenig wertgebende Arten vorhanden, so ist es wahrscheinlich, dass sich der Bestand durch Selbstberasung unbefriedigend entwickelt. Es sollte daher im Einzelfall im Austausch mit der Unteren Naturschutzbehörde entschieden werden, ob Regio-Saatgut bei der Reparatur von Wildschweinschäden auf FFH-Mähwiesen zum Einsatz kommen sollte oder ob die Wiese der Selbstberasung nach Einebnung überlassen wird.


Auf keinen Fall darf man mit landwirtschaftlichen Regelansaatmischungen nachsäen! Die enthaltenden Arten wie Deutsches Weidelgras und Wiesenlieschgras würden bei der nächsten Kartierung des Erhaltungsstatus der FFH-Fläche sofort negativ bewertet. Auch Wiesenfuchsschwanz in Deckungsanteilen über 15% wirkt sich negativ aus. Zusammen dürfen diese „Einsaat-“ und stickstoffzeigenden Arten nicht mehr als 30% der Gesamtdeckung des Bestandes ausmachen. Ansonsten verliert die Mähwiese ihren Status.


friederike.mund@topagrar.com

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