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Hochwasser Maisernte Agrarpolitik bei der Landtagswahl

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Von Kühen und Krimis

Lesezeit: 5 Minuten

Dorfkind in Hessen, Student in Konstanz, schließlich Biobauer im Norden: Thomas B. Morgenstern entdeckte früh das Schreiben für sich. 2005 gelang ihm mit dem Krimi „Der Milchkontrolleur“ der Durchbruch als Buchautor.


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Es ist der Morgen nach dem Schützenfest. Else Weber liegt mit durchtrennter Kehle im Wassergraben am Deich. „Unter dem Rind (…) ragte die nackte Leiche einer Frau hervor. Ihr Hals bestand nur noch aus blutigem Fleisch.“ Thomas B. Morgenstern ist Autor dieser Zeilen. Er ist Landwirt in Drochtersen bei Stade und er schreibt Krimis.


Dieses Hobby begann damit, dass er Jugendbüchern für seine drei Kinder verfasste. Mittlerweile sind die Kinder erwachsen und der 65-Jährige erfindet Krimis, die sich in der norddeutschen Provinz zutragen.


Den Stoff für seine Geschichten schnappt er bei der Hofarbeit, in Zeitungsartikeln und Gesprächen im Dorf auf. „Ich konnte mir Zusammenhänge schon immer gut merken. Manchmal brüte ich wochenlang über den Ideen, bis ich mich hinsetze und schreibe“, erklärt der Milchviehhalter. Dennoch: Der 1981 neu gegründete Hof in der Elbmarsch rangiert für ihn stets an erster Stelle.


In zweiter Generation:

Morgenstern studierte Biologie, schloss dann eine landwirtschaftliche Lehre an. „Raus aufs Land! Das war damals die Devise“, erklärt der Sohn eines Arztes. „Mit meiner Schwägerin gründeten wir 1981 unsere Hofgemeinschaft. Doch einen Betrieb tatsächlich aus der Taufe zu heben, war ein enormer Kraft- und Kostenaufwand“, erinnert er sich.


Vor einem Jahr hat der große, schlanke, eher zurückhaltend wirkende Mann den Demeter-Betrieb an Sohn Moritz übergeben. Das Familien-Duo hat zuvor einen stattlichen Betrieb mit inzwischen 80 Milchkühen und 480 ha Acker- und Grünland aufgebaut. Auch als Altenteiler packt Morgenstern heute noch jeden Tag mit an. „Moritz melkt morgens, ich melke abends“, sagt er wie selbstverständlich. Im Gespräch spürt man, wie sehr der Senior weiterhin mitfiebert. Aktuell plant die Familie einen Stallneubau für 170 Kühe. „Wir brauchen mehr Mist“, erklärt er. Der Bio-Landwirtschaft prognostiziert er eine gute Zukunft. „Langweilig wird es uns hier nicht.“


Nordisch-herb:

Aus der finanziellen Not heraus arbeitete Morgenstern anfangs zusätzlich als Milchkontrolleur in der Region. „Alles, was ich damals erlebt habe, steht eins zu eins in meinem ersten Krimi ’Der Milchkontrolleur’“, verrät er. „Jungbauern, die ich nach einer langen Nacht zum Melken aus dem Schlaf reißen musste. Landwirte, die ihre Kühe nicht auseinanderhalten konnten. Bäuerinnen, die ihre Augen und Ohren überall hatten.“ Sein Debüt-Krimi von 2005 hat eine typisch norddeutsche, trockene Art. Die wortkargen Charaktere skizziert er detailverliebt und realitätsnah.


Der Erfolg des Buches war dabei reiner Zufall, glaubt der Landwirt. Mit etwas Glück erschien das Werk als Empfehlung im Internet und stieg 2008 zum bestverkauften deutschen Krimi auf.


Ursprünglich wollte Morgenstern das Buch ’Geschichten aus der Landwirtschaft’ nennen. „Dass es ein Krimi wird, habe ich erst beim Schreiben entschieden.“ Die Mordfälle rund um die Hauptfigur, den Milchkontrolleur Allmers, setzte er in zwei weiteren Büchern 2008 und 2011 fort. „Ein Milchkontrolleur findet für gewöhnlich keine einzige Leiche. Nach dem dritten Toten für Allmers war die Story ausgereizt“, sagt er.


Für seinen neuesten Krimi ’Elbstrandmord’ (2016) hat er deshalb den Kriminalhauptkommissar Paul Schlegel erdacht. „Als Polizist stellt er realistische Ermittlungen an. Der Milchkontrolleur war immer auf Zufälle angewiesen, um eine Spur zu finden“, erklärt Morgenstern. Seine neue Hauptfigur bezeichnet der Autor als „völlig normal“. Paul Schlegel habe gesunden Menschenverstand, keinen psychischen Knacks oder soziale Probleme. „Ich wollte einen kompletten Gegenentwurf zu den verkorksten Kommissaren in Literatur und Fernsehen entwerfen“, sagt er.


Mehr Landwirt als Autor:

Am selben Computer, an dem Morgenstern Rechnungen für den Betrieb schreibt und die Steuer abwickelt, hat er auch ’Elbstrandmord’, ’Milchfieber’ und seine weiteren acht Bücher verfasst. Denn völlig abgeschottet vom Hofgeschehen arbeitet der Buchautor bei Weitem nicht.


Manchmal sind es sogar Zufälle, die ihn zum Schreiben bringen. „2008 hatte ich mir das Kreuzband gerissen und fiel für mehrere Wochen aus. Da hab ich mich im Landesarchiv verkrochen und alles mögliche über Jacob Ovens recherchiert“, sagt er. Das Ergebnis: Wenig später verfasste Morgenstern einen historischen Kriminalroman über den berüchtigten Hochstapler Ovens, der vor 300 Jahren direkt vor seiner Haustür lebte.


Insgesamt gut 80000 Bücher hat der Krimi-Landwirt bis heute verkauft. „In erster Linie bin und bleibe ich Bauer. Selbst bei dieser Verkaufsmenge reichen die Einnahmen nicht zum Leben“, sagt er.


Als Dorfkind ohne bäuerliche Wurzeln belächelte man ihn zu Beginn. „An meiner Heimat mochte ich, dass wir Kinder immer frei herumtoben konnten. Nur pünktlich zum Essen mussten wir zu Hause sein“, sagt er. „Ich bin glücklich darüber, wie sich mein Leben entwickelt hat. Ich habe es noch keinen Tag bereut, Bauer geworden zu sein.“


Mittlerweile sind Thomas B. Morgenstern und seine Frau Britta Großeltern. Neue Buch-Projekte hat der Autor immer in Planung. Vielleicht schreibt er ja sogar bald wieder Kindergeschichten.


Katharina Meusener

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