Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus Aus dem Heft

EEG: Nur eine Schonfrist für alte Windräder

Lesezeit: 6 Minuten

Betreiber von Ü20-Windenergieanlagen hatten gehofft, dass der Gesetzgeber bei der EEG-Novelle eine echte Anschlussförderung schafft. Jetzt gibt es nur eine kurze Übergangsregelung. Die Zeit drängt weiter.


Das Wichtigste zum Thema Energie freitags, alle 4 Wochen per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Zwanzig Jahre und noch kein bisschen müde: Nach diesem Motto drehen sich vor allem in Norddeutschland über 5000 ältere Windräder mit einer elektrischen Leistung von rund 3700 MW. Auch wenn sie technisch noch in der Lage sind, noch mehrere Jahre Strom zu produzieren, ist der Weiterbetrieb keinesfalls sicher.


Der Grund ist die wirtschaftliche Situation. Denn für viele dieser Anlagen endete am Silvestertag 2020 die 20-jährige Förderung nach dem Erneu-erbare-Energien-Gesetz. „Davon betroffen sind alle die Anlagen, die schon vor Inkrafttreten des EEG im Jahr 2000 am Netz waren oder im Laufe des Jahres in Betrieb gingen“, erklärte Rechtsanwältin Martina Beese von der Kanzlei Engemann & Partner aus Lippstadt auf einem Onlineseminar des Bundesverbandes Windenergie zum Weiterbetrieb von Altanlagen.


Neue Einspeisevergütung


Diese erste Generation von Anlagen sieht der Gesetzgeber so an, als wären sie erst Anfang 2000 in Betrieb gegangen. Für diese „Ü20-Anlagen“ hat der Gesetzgeber jetzt mit dem EEG 2021 eine Anschlussregelung gefunden: Sie dürfen weiter Strom einspeisen und erhalten dafür eine Vergütung. Allerdings gibt es große Unterschiede zur Situation davor:


  • Diese Anschlussregelung gilt maximal bis zum 31. Dezember 2021, also nur für ein Jahr.
  • Die Vergütung ist deutlich geringer als vorher und längst nicht für alle Anlagentypen auskömmlich.
  • Die gesamte Vergütungsregelung muss noch von der EU-Kommission beihilferechtlich genehmigt werden. Es könnten sich also auch noch Änderungen ergeben.


Wichtig für Altanlagenbetreiber: Die Förderung mit der neuen Vergütungshöhe läuft erst einmal automatisch weiter – sofern er die Anlage bis zum 31. Januar 2021 beim Marktstammdatenregister angemeldet hat. Als Einspeisevergütung erhält der Betreiber den Monatsmittelwert des Marktwertes für die Windenergie an Land. Als Orientierung: Der Spotmarktpreis lag im Dezember 2020 bei 3,29 ct/kWh (siehe www.netztransparenz.de).


Zusätzlich gewährt der Gesetzgeber für das Jahr 2021 einen Bonus:


  • Bis zum 30. Juni 2021: 1 ct/kWh,
  • bis zum 30. September 0,5 ct/kWh,
  • bis zum 31. Dezember 0,25 ct/kWh.


Pro Monat liegt der Bonus im Schnitt bei 0,7 ct/kWh. Davon abzuziehen sind 0,4 ct/kWh Vermarktungskosten.


Die Vergütungshöhe ist auch hier auch nur als Richtwert angegeben. Wie hoch sie für jede Windenergieanlage genau ist, ermittelt der jeweilige Netzbetreiber anhand des Spotmarktpreises für jede Stunde. Details dazu sind in Anlage 1 zum EEG aufgeführt.


Ausschreibung ab 2022


Eine weitere Anschlussförderung ist dann ab dem 1. Januar 2022 möglich. Sie kommt für Betreiber infrage, die im Jahr 2021 die erste Anschlussvergütung in Anspruch genommen haben und für die Anlagen, die im Laufe des Jahres 2001 ans Netz gingen und deren EEG-Laufzeit am 31. Dezember 2021 endet.


Hierbei müssen sich die Betreiber in einem Ausschreibungsverfahren um eine Vergütung bewerben, die dann auch nur bis Ende 2022 gezahlt wird.


An der Ausschreibung dürfen nur die Altanlagenbetreiber teilnehmen, deren Windenergieanlage auf einer Fläche steht, auf der die Errichtung einer neuen Anlage planungsrechtlich nicht zulässig ist. Die Bundesnetzagentur als zuständige Behörde kann Höchstgebotswerte von 3 bis 3,8 ct/kWh ansetzen. Auch davon werden die Vermarktungskosten abgezogen. „Die weiteren Inhalte werden sich aus der geplanten Verordnung ergeben, die spätestens Ende Juni 2021 erlassen wird“, erklärt die Rechtsanwältin.


Nicht immer wirtschaftlich


Ob die Vergütung in den Jahren 2021 und 2022 wirtschaftlich ist, hängt von mehreren Faktoren ab:


  • Pachtzahlungen: Hofanlagen haben hier Vorteile, wenn sie auf dem eigenen Grund stehen und keine Pacht anfällt.
  • Betriebskosten: Wer die Anlage in Eigenregie betreibt, hat weniger Kosten, als jemand, der einen Betriebsführer beauftragt hat.
  • Reparaturen: Je nach Anlagentyp und Alter unterscheiden sich Wartung- und Instandsetzungskosten. ▶


PPA als Alternative


Eine weitere Erlösmöglichkeit bieten direkte Stromlieferverträge zwischen dem Anlagenbetreiber und einem Abnehmer, z.B. einem Industrieunternehmen. Sie werden als PPA (Private Purchase Agreement) bezeichnet. Auch Ökostromanbieter schließen aktuell PPA mit Altanlagenbetreibern ab.


Die Laufzeit, die Vergütungshöhe und andere Regelungen sind bei diesen privatwirtschaftlichen Verträgen Verhandlungssache zwischen den Parteien. „Man muss beachten, dass das eine andere Vermarktung ist als über das EEG. Allerdings gelten auch hier einige gesetzliche Vorgaben“, sagt Beese. Dazu gehört die EEG-Umlage:


  • Schließt der Betreiber einen Vertrag mit einem Industrieunternehmen, gilt das nach EEG als „Belieferung von Dritten“. Damit fällt auf den Strom die gesamte EEG-Umlage in Höhe von derzeit ca. 6 ct/kWh an. Dazu kommt unter Umständen die Stromsteuer.
  • Wenn das Unternehmen dagegen die Anlage mietet und auf eigenes unternehmerisches Risiko betreibt, kann eine Eigenversorgung vorliegen. Dann muss der Stromabnehmer nur noch 40 % der EEG-Umlage (2,4 ct/kWh) zahlen. Bedingung: Der Strom muss über eine Direktleitung fließen und nicht übers Stromnetz. Außerdem muss die Anlage in „unmittelbarem räumlichen Zusammenhang“ zum Verbraucher stehen, also etwa auf dem gleichen Flurstück oder dem Betriebsgelände.


Nur einmal wechseln


Was Betreiber beachten sollten: Das EEG 2021 schreibt vor, dass ein Wechsel zwischen den Förder- bzw. Vermarktungsformen (EEG oder PPA) nur einmal im Jahr 2021 möglich ist. „Damit will der Gesetzgeber ein Rosinenpicken der Betreiber vermeiden, die die jeweils höchste Vergütung anstreben“, zitiert Rechtsanwältin Martina Beese aus der Gesetzesbegründung.


Jetzt aktiv werden


Zusammenfassend hat sie folgende Ratschläge für Altanlagenbesitzer:


  • Jeder Betreiber sollte prüfen, ob die Anschlussförderung für den derzeit geregelten Zeitraum wirtschaftlich sinnvoll ist.
  • Längerfristige Alternativen könnten sein: Eigenversorgung oder die Vermarktung an Dritte über PPA usw.
  • Die Anschlussförderung ist eher eine Übergangsregelung bzw. eine Schonfrist. Auch wenn man sie in Anspruch nimmt, sollte man sich jetzt schon Gedanken machen, wie sich der Strom ab 2021 bzw. 2022 vermarkten lässt.
  • Es ist derzeit noch nicht abzusehen, ob der Spotmarktpreis so stark steigt, dass er einen wirtschaftlichen Betrieb möglich macht. Das wäre z.B. dann der Fall, wenn die Pandemie-bedingten Marktauswirkungen wegfallen.
  • Ebenfalls noch nicht geklärt ist, wie das Ausschreibungsverfahren in den Jahren 2021 und 2022 aussehen wird. Zudem gewährt dieses auch nur einen Anschluss für ein weiteres Jahr. Des Weiteren kommt eine Ausschreibung nicht für jeden Betrieb infrage und ist auch immer mit dem Risiko verbunden, dass man keinen Zuschlag erhält oder wegen Formfehler ausgeschlossen wird.


hinrich.neumann@topagrar.com

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.