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Brief an EU-Kommissar Oettinger

Der BBK Bundesverband Biogene und Regenerative
Kraft- und Treibstoffe (BBK) hat sich in einem Brief an den EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger gewandt.

Lesezeit: 5 Minuten

Der BBK Bundesverband Biogene und Regenerative
Kraft- und Treibstoffe (BBK) hat sich in einem Brief an den EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger gewandt. Darin schreibt Peter Schrum, Präsident des Verbandes: Der BBK mit seinen mehr als 250 kommunalen und Wirtschaftsunternehmen sowie 20 Verbänden in seiner Mitgliedschaft, dem ich als ehrenamtlicher Präsident vorstehe, bemüht sich seit vielen Jahren in Erfüllung der strategischen Ziele der Union um die Einführung biogener Kraftstoffe in den deutschen und europäischen Markt.


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Uns hat Ihr Vorschlag zur Reduzierung der Biokraftstoffquoten überrascht und die Branche im Bestand getroffen. Daraus müssen wir ableiten, dass die Vorteile der heimischen Produktion und des Einsatzes von Biokraftstoffen in der Europäischen Union immer noch nicht richtig verstanden werden.

Pflanzenbau erfolgt in der Regel für die direkte Lebensmittelproduktion oder zur Ernte von Futtermitteln für die indirekte Nahrungsmittelproduktion. Die weitaus größte Menge von Biokraftstoffen wird aus Nebenprodukten erzeugt, die bei der Erzeugung oder Lagerung von Nahrungsmitteln entstehen.


So sind Biodiesel und Pflanzenöl Beiprodukte der Eiweißfuttermittelindustrie. Die aus der Futtermittelproduktion anfallenden Überschüsse an Pflanzenöl sollten sinnvollerweise immer zu Biodiesel verarbeitet oder als Pflanzenölkraftstoff verwendet werden. Ansonsten müssten sie vernichtet werden.

Agraralkohol oder Bioethanol werden in Deutschland und Europa aus Zuckerrüben, Roggen und Futtergetreide mit Minderqualität hergestellt, d.h. Getreide, an dem die Nahrungsmittelindustrie aus Qualitätsgründen keinen Bedarf hat. Für dieses Getreide bleiben als energetisch verantwortbare Verwertungswege nur Ethanol oder Biogas. Bis zu 10 % des meist zu importierenden Benzins können auf diese Weise in Europa substituiert werden.


Schon 2006 hatten wir die Situation in Deutschland, dass die vorwiegend aus den Nebenprodukten der Lebens- und Futtermittelindustrie hergestellten Biokraftstoffe (Biokraftstoffe der 1. Generation) 10 % des gesamten Kraftstoffbedarfs decken konnten – und das ohne jegliche Landnutzungsänderungen.

Reinbiokraftstoffe führen zu keiner Landnutzungsänderung – weder in Deutschland, noch in Europa. Es sei denn, die Europäische Kommission betrachtet ihre seit den ergriffenen agrarpolitischen Maßnahmen zur Gesundung des Agrarhaushalts (Abschaffung von Prämien durch die Wiederinbetriebnahme von zwangsweise wegen Überproduktion stillgelegter Flächen) als eine solche.


Im letzten Jahrzehnt wurde im Vertrauen auf den Bestand von politischen Weichenstellungen mit erheblichem finanziellem Aufwand von risikobereiten Unternehmern und Landwirten eine europäische Biokraftstoffindustrie mit geschlossenen regionalen Wertschöpfungsketten aufgebaut. Kaum war ihre Funktionsfähigkeit erreicht, wurden in Deutschland aus vorgeschobenen Gründen die Reinbiokraftstoffe Biodiesel und Pflanzenöl besteuert und die Beimischungsquoten eingeführt. Diese werden von den Mineralölkonzernen favorisiert, indem sie ihre Quotenmengen mit aus dem Ausland importierten Produkten erfüllen. Obendrein werden im Ausland Biokraftstoffe häufig steuerbegünstigt. Die einheimische mittelständische Biokraftstoffproduktion brach jedoch zusammen. Bis heute hat sich diese Branche nicht wieder erholt. Die Beimischung von Bioethanol zu Benzin beim E10 verbessert die Situation in Deutschland auch nicht, da 50 % des Ethanols importiert werden.


Die Europäische Kommission sollte deshalb ihre Richtlinien so fassen, dass Reinbiokraftstoffe, die zu über 80 % ihre Rohstoffe aus Europa beziehen, weiterhin gefördert werden. Das gilt für Biodiesel als B100 aus Pflanzenöl, reinen Pflanzenölkraftstoff, E 85 aus Rüben und Schadgetreide, Biomethan, Bio-Liquid Natural Gas (LNG) aus schadhaften, nicht mehr für die menschliche oder tierische Ernährung geeigneten Nachwachsenden Rohstoffen.


Alle diese alternativen Biokraftstoffe wird es so lange geben, wie Nahrungsmittel produziert werden. Sie bilden außerdem die sofort befahrbare Brücke, bis etwa ab 2030 hoffentlich die synthetisch erzeugten Biokraftstoffe in nennenswerter Menge produziert werden können. Wir sollten aus fachlichen Gründen deshalb sofort aufhören, von Biokraftstoffen der 1. oder 2. Generation zu sprechen.


Bitte machen Sie jetzt nicht auch den sicherheitspolitisch fatalen Fehler, die eigenen EU-Ressourcen auf das Spiel zu setzen und das in einer Zeit, wo dringend Alternativen und Wettbewerber an den Tankstellen benötigt werden.


Deutschland hat, den Vorgaben aus Brüssel folgend, erst vor 2 Jahren die Nachhaltigkeitsverordnung in Kraft gesetzt, die alle Mechanismen der Zertifizierung von Importen innerhalb der EU regelt. Soll das alles umsonst gewesen sein?


Nahezu alle Länder Europas können biogene alternative Kraftstoffe bis zu 20 % ihres Gesamtkraftstoffbedarfs bis 2020 substituieren. Überlassen Sie es bitte den einzelnen Ländern, wie sie welche Ziele erreichen wollen und nehmen Sie ihnen nicht die Verpflichtung, mindestens 10 % erreichen zu müssen. Das wäre schlecht für die verfügbaren Ressourcen, die Entwicklung des ländlichen Raumes, die Kohlendioxid-Bilanz und den Technologiestandort Europa.


Wir empfehlen dringend, auch den für die Landwirtschaft zuständigen Kommissar der EU mit in die Diskussion einzubeziehen. Hier müsste genug Fachwissen vorhanden sein, um die Polemik um die Landnutzungsänderungen durch Biokraftstoffe zu beenden. Wir gestatten uns, Ihre Aufmerksamkeit auf eine weitere vorteilhafte und immer dringender werdende Notwendigkeit des Ausbaus regionaler Wertschöpfungsketten und der Nutzung von Biokraftstoffen zu lenken. Das ist die Aufrechterhaltung der Lebensfähigkeit und Mobilität in den unter Landflucht und Überalterung leidenden ländlichen Räumen.

In der Hoffnung, dass Sie jetzt Ihre Vorschläge zurücknehmen und in Richtung Sicherung der einheimischen Reinbiokraftstoffproduktion modifizieren verbleibt mit freundlichen Grüßen Peter Schrum.

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