Sachverständige sind sich einig, dass erneuerbare Energien in Deutschland ausgebaut werden müssen. Es gibt aber unterschiedlicher Meinung über die Rolle der Bundesländer und der Kommunen dabei: Bei der 77. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie nahmen neun Experten Stellung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude und zu einem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Im Fokus standen dabei die geplanten Abstandsregelungen für Windkraftanlagen zu Wohnhäusern und das Ende des 52-Gigawattdeckels für Solaranlagen.
- Harald Schwarz von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus - Senftenberg (BTU) forderte mehr Augenmerk auf die Speicherung regenerativer Energien. „Deren gesicherter Anteil ist immer noch gleich Null. Daher dürfen wir nicht nur auf die Erzeugung schauen. Es fehlen uns schlicht 15 Jahre, in denen nichts passierte.“ Um die Speichergrößenordnung zu erreichen, die man brauche, seien 20 Jahre nötig. In der Zwischenzeit rechne er mit noch mehr Eingriffen in die Stabilität des Stromnetzes, „denn wir werden mehr fluktuierende Leistung einspeisen“.
- Andreas Kießling von der Bayernwerk AG betonte den gestiegenen Bedarf an Photovoltaik. „Sie ist eine der kostengünstigsten Energiequellen.“ Eine Herausforderung sei, die Hochspannungsnetze auszubauen. Kießling riet zu einem Blick auf den systemischen Zusammenhang, regional erzeugte Energie auch regional zu nutzen, „anstatt rauf und runter zu spannen“. Dies sei bisher regional schwer realisierbar.
- Auch Sebastian Boley vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag e. V. (DIHK) berichtete von einem unternehmerischen Bedarf an grünem Strom. „Unternehmen wollen ihren produzierten Strom selbst verbrauchen.“ Derzeit kalkulieren mittelständische Unternehmen, die in Solarkraft investierten, mit einer Amortisationszeit von acht Jahren. „Das zu verkürzen, wäre besser.“
Differenzen bei der Windkraft
- Heiko Messerschmidt von der IG Metall Küste verglich die historische Entwicklung der Windbranche mit dem Schiffbau, verwies aber auch darauf, dass zwischen 2016 und 2017 rund 26.000 Arbeitsplätze weggefallen seien. „Es ist davon auszugehen, dass dieser Trend sich fortgesetzt hat.“ Mittlerweile herrsche die Sorge vor, dass die Wertschöpfungskette in Deutschland erhalten bleibe.
- Herbert Barthel von BUND Naturschutz Bayern e.V. kritisierte hierbei die geplanten Abstandsregelungen für Windkraftanlagen. „2014 wurde diese in Bayern eingeführt. Damit wurde ihre Privilegierung außer Kraft gesetzt“. Stattdessen sei der Ausbau zusammengebrochen. „Wir sind für den Ausbau, aber mit ökologischen Leitplanken, also nicht gegen den Artenschutz. Da gibt es Probleme, aber die sind lösbar.“ Auf die Frage, warum die Kommunen wenig Gebrauch von der Kommunalen Bauleitplanung machten, antwortete Barthel, die Kommunen stünden zwischen zwei Mühlsteinen. Die Staatsregierung würde nicht unterstützen, und Bürger würden die Abstandsregeln als Verbot und damit Windräder als Gefahr ansehen.
- Simone Peter vom Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) kritisierte hierbei pauschale Abstandsregeln als "keine geeigneten Instrumente". Die Bundesländer sollten möglichst darauf verzichten, solche Abstände einzuführen.
- Timm Fuchs von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände dagegen lobte, dass die kommunalen Einwirkungsmöglichkeiten auf Windenergie erhöht würden. „Dies fördert die Akzeptanz für den Ausbau.“ Eine Mitnahme der Länder in die Pflicht sei eine gute Regelung, denn diese seien unterschiedlich besiedelt. „So kann es besser zu individuellen Lösungen kommen.“ Er sehe indes die Länder ebenfalls in der Pflicht, den Bürgermeistern bei geplanten Windinvestionsvorhaben Antworten in die Hand zu geben, „dass sie aktiv mitgestalten können“.