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Leichte Preissteigerung erwartet: Bundestag beschließt Verbot des Kükentötens

Ab 2022 ist das Töten von Küken und schmerzempfindlichen Hühnerembryonen im fortgeschrittenen Entwicklungsstadium verboten sein. Das hat der Bundestag am späten Donnerstagabend beschlossen.

Lesezeit: 8 Minuten

Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag eine Änderung des Tierschutzgesetzes beschlossen. Damit wird die Tötung männlicher Eintagsküken zu wirtschaftlichen Zwecken in Deutschland ab. 1. Januar 2022 untersagt; hier das Gesetz.

Mit dem Gesetz muss sich nun noch der Bundesrat befassen, der das Vorhaben allerdings nur verzögern, aber nicht stoppen kann.

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Künftig soll das endokrinologische Test-Verfahren sicherstellen, dass das Geschlecht bereits im Ei bestimmt wird, so dass männliche Küken gar nicht erst schlüpfen. Um in Zukunft auch Schmerzen für den Embryo zu vermeiden, sollen solche Methoden ab dem Jahr 2024 aber nur noch dann erlaubt sein, wenn das Geschlecht des Kükens schon in einem früheren Stadium des Brütens erkannt wird.

Das Verfahren wird heute bereits in einigen deutschen Betrieben in der Praxis angewandt. Die Eier werden hierbei etwa neun Tage lang bebrütet. Dann wird aus jedem Ei etwas Flüssigkeit gewonnen, ohne dass das Ei-Innere, also der Embryo, berührt wird. An diesen Proben wird das Geschlecht mit einem biotechnologischen Nachweisverfahren innerhalb kurzer Zeit bestimmt.

In Deutschland werden jährlich ca. 45 Mio. männliche Küken aus ökonomischen Gründen kurz nach dem Schlupf in den Brütereien getötet. Das hängt damit zusammen, dass die männlichen Tiere der Legerassen sich nicht kostendeckend aufziehen lassen, da sie keine Eier legen und zu wenig Fleisch ansetzen.

Klöckner: "Das Töten von Küken ist unethisch"

Im Gespräch mit dem Fernsehsender ntv sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner zuvor am Donnerstagmorgen, dass sie das Töten männlicher Küken aus wirtschaftlichen Gründen für "unethisch" halte und dies nicht dem Tierwohl entsprechend sei. "Ich kann als Ministerin für Deutschland Entscheidungen treffen und garantieren, dass es kein produziertes Ei mehr geben wird aus Deutschland heraus, wo das Kükentöten Praxis ist. Das werden wir verbieten für deutsche Betriebe", sagte Klöckner am Donnerstag. Die Verbraucher müssten sich allerdings auf ein paar Cent mehr pro Ei einstellen.

Klöckner konnte zwar nicht ausschließen, dass Eier aus ausländischen Betrieben importiert würden, die die Praxis des Kükentötens weiter anwenden, aber: "Dort, wo Eier vertrieben werden, zum Beispiel im Supermarkt, haben wir das Bekenntnis von vielen Händlern, dass sie Eier nur noch aus Brütereien vertreiben werden, die das Kükentöten eben nicht nutzen. Und es wird auch gekennzeichnet werden."

Auch sagte Klöckner, dass sie sich auf europäischer Ebene dafür einsetze, dass verarbeitetes Ei, etwa in Nudeln, Mayonnaise oder in Backwaren, entsprechend gekennzeichnet werden.

Der Wirtschaft habe ihr Haus mit "vielen Millionen Euro" an Forschungsgeldern geholfen, damit die Brütereien bereits früh das Geschlecht im Ei erkennen könnten und die männlichen Eier dann gar nicht erst ausgebrütet werden."Wir ermöglichen es unseren Betrieben in Deutschland, hierzubleiben, zu wirtschaften, aber mit dieser Praxis auch Schluss zu machen."

CDU: Deutsche Brütereien sind weltweit Vorreiter beim Tierschutz

Zufrieden zeigen sich die Unionspolitiker Albert Stegemann und Silvia Breher. Sie sprechen von einem wesentlichen Fortschritt für eine gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung in Deutschland. „Der Ausstieg beginnt heute gemeinsam mit der Geflügelwirtschaft. Denn unsere hochmodernen, wettbewerbsfähigen Unternehmen der Geflügelwirtschaft setzen innovative technische Verfahren 'made in Germany' zur Bestimmung des Geschlechts von Eintagsküken ein“, so Stegemann, der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Breher, die zuständige Berichterstatterin, sieht allerdings noch die Herausforderung, die Geschlechterbestimmung im Ei vor dem siebten Bruttag bis Ende 2023 praxisreif und flächendeckend zur Verfügung zu stellen. Dies sei ambitioniert, denn derzeit steht ein solches Verfahren noch nicht zur Verfügung. "Auch wenn die Fortschritte darauf schließen lassen, dass das Ziel rechtzeitig erreicht werden wird, haben wir im parlamentarischen Verfahren einen Bericht des Bundeslandwirtschaftsministeriums implementiert. Bis zum 31. März 2023 wird dem zuständigen Fachausschuss des Deutschen Bundestages über den Stand der Entwicklung von Verfahren und Methoden zur Geschlechtsbestimmung im Hühnerei vor dem siebten Bebrütungstag berichtet werden", sagte Breher.

Beide Politiker fordern in dem Zusammenhang ein EU-weites Verbot des Kükentötens. Auch die europäische Eierkennzeichnung müsse auf verarbeitete Produkte ausgeweitet werden.

FDP: Wenn, dann alle

Der agrarpolitische Sprecher der FDP und niedersächsische Bundestagsabgeordnete Gero Hocker findet das Verbot zwar auch richtig, er kritisiert allerdings, dass es nur in Deutschland gilt. So könnte sich das Problem ins europäische Ausland verlagern und die deutsche Geflügelwirtschaft benachteiligen, so seine Befürchtung.

Grüne: Schreddern geht weiter

„Auch wenn die Zahl im Vergleich zu 2019 um 5 Mio. Tiere gesunken ist, ist das Schreddern der männlichen Küken auch im letzten Jahr auf hohem Niveau weitergegangen", behauptet Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer in der Saarbrücker Zeitung. Statistisch werde zwar nur die Anzahl der ausgebrüteten weiblichen Küken genannt. Aber die Regierung gehe von einem Geschlechterverhältnis 1:1 aus, erklärte der Grüne.

Krischer meint, dass das Gesetz über ein Verbot des Tötens frisch geschlüpfter, männlicher Küken ab 2022 noch nicht im Bundestag behandelt worden sei. Dem widerspricht das Bundeslandwirtschaftsministerium: "Die Aussage von Herrn Krischer ist schlichtweg falsch", so ein Sprecher. Die erste Lesung des Gesetzes sei am 25. März erfolgt.

Landvolk für längere Übergangsfrist

Der niedersächsische Landvolkverband findet das Verbot ebenfalls richtig. Er findet aber die Zeit, um es umzusetzen, zu knapp, erfuhr der NDR. "Diese Vorgaben der Bundesregierung überfordern uns", sagt Ulrich Löhr vom Landvolk Niedersachsen, der selbst Betreiber einer Hähnchenmastanlage ist. Und Friedrich-Otto Ripke vom Verband der Geflügelwirtschaft fürchtet gerade für kleinere deutsche Brütereien Wettbewerbsnachteile, die ihre Existenz gefährden könnten.

Tierschutzbund warnt vor Aufweichung

Der Deutsche Tierschutzbund warnt hingegen ausdrücklich davor, das geplante Verbot des Kükentötens abzuschwächen oder aufzuweichen. Aus Sicht des Verbandes sollte der Fokus zudem verstärkt auf der Förderung von Zweinutzungshühnern und der Aufzucht von Bruderhähnen liegen.

„Der Bundestag muss verhindern, dass das für Anfang 2022 geplante Verbot der Kükentötung abgeschwächt oder ausgehebelt wird“, macht Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, deutlich.

Seiner Meinung nach ist der Gesetzentwurf zum Verbot des Kükentötens nicht konsequent, weil die Geschlechterbestimmung im Ei und ein Abtöten des Embryos nach dem 7. Bruttag erst ab 2024 verboten sein sollen – obwohl ein Schmerzempfinden nicht ausgeschlossen ist. Dennoch drängt der Verband darauf, dass das Ende des Kükentötens – das die Regierung in ihrem Koalitionsvertrag bis Mitte 2019 versprochen hatte – endlich gesetzlich festgeschrieben wird. Aktuell jedoch bestehe die Gefahr, dass der Gesetzentwurf abgeschwächt wird: durch eine Verlängerung der Fristen oder eine mögliche Ausnahmegenehmigung für die Verfütterung toter Küken an Zootiere, was einer Aushebelung des Verbotes gleichkäme.

foodwatch kritisiert "Bruderhahn-Eier": Weder tierfreundlich noch nachhaltig

Kritik an den von Tierschützern gelobten "Bruderhahn-Eiern" kommt indes von der Verbraucherorganisation foodwatch. Sie hält die Bruderhahnzucht für unwirtschaftlich. Zudem zementiere sie „die katastrophalen Zustände in der Hühnerhaltung“, wie es heißt.

foodwatch fordert stattdessen den Umstieg auf sogenannte Zweinutzungshühner: Diese robusteren und weniger krankheitsanfälligen Rassen eigneten sich sowohl für die Eier- als auch zur Fleischproduktion. "Die Aufzucht der Bruderhähne ist Augenwischerei - sie ändert nichts am Leid der hochgezüchteten Legehennen, sie ist weder tierfreundlich noch nachhaltig", sagte Matthias Wolfschmidt, Veterinärmediziner und Strategiedirektor bei foodwatch. "Es ist höchste Zeit, dass die tierquälerische Hochleistungszucht gesetzlich verboten und durch die Zucht von robusteren und gesünderen Hühnerrassen ersetzt wird."

Das Fleisch von Bruderhähnen entspreche zudem lediglich der Qualität eines Suppenhuhns, so foodwatch weiter. In der landwirtschaftlichen Praxis ließen sich die Mehrkosten für die Bruderhahnmast mit einer bedarfsgerechten Fütterung kaum durch die Quersubventionen über die Eier decken. Die Fütterung mit ungeeignetem Futter könne zu ernährungsbedingten Störungen führen, etwa Federpicken, Kannibalismus und Fußballenentzündungen.

Zweinutzungshühner seien im Gegensatz zu den gewöhnlichen Legehennenrassen weniger krankheitsanfällig, erklärte foodwatch. Die Tiere erbrächten keine krankmachenden Höchstleistungen, könnten aber wirtschaftlich gehalten werden: Die Hennen legten etwa 230 bis 250 Eier im Jahr, durchschnittlich also etwa 50 bis 70 Eier weniger als eine Hochleistungshenne. Außerdem besäßen die Hähne ein gutes Wachstumsvermögen und eine deutlich bessere Fleischqualität als die eines Bruderhahns.

Bei Aldi Süd ist jedes zweite Ei frei von Kükentöten

Der Discounter Aldi Süd meldet unterdessen, dass bereits die Hälfte des Schaleneier-Sortiments auf Kütentöten-freie Produktion umgestellt ist. In insgesamt 25 Verkaufsregionen könnten Kunden Eier kaufen, für die keine männlichen Küken sterben mussten.

Bis Ende dieses Jahres baut das Unternehmen sein Angebot an Schaleneiern "ohne Kükentöten" weiter massiv aus. 2022 soll die Schaleneier-Produktion dann komplett auf Kükentöten-freie Lieferketten umgestellt sein.

Die Initiative beruht auf zwei Säulen: Der Discounter bezieht zum einen Eier aus der sogenannten Bruderhahn-Aufzucht, bei der männliche Küken aufgezogen werden. Dies trifft unter anderem auf alle Bio-Eier zu, die bei Aldi Süd verkauft werden. Zum anderen setzt der Discounter auf weitere wirkungsvolle Ansätze, wie etwa das innovative Verfahren des Biotech-Unternehmens PLANTegg, mit dem das Geschlecht eines Bruteis frühzeitig bestimmt werden kann.

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