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Das bleibt in der Familie

Lesezeit: 4 Minuten

Familienaufstellungen können das System „Familie“ sichtbar machen und zeigen, welche Kräfte dort wirken. Wir haben nachgefragt, wie das funktioniert.


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Selten lebt und arbeitet die Familie so eng zusammen wie auf vielen Höfen. Das bringt Nähe, aber auch Reibereien mit sich. In emotional angespannten Situationen, z.B. dem Generationswechsel, ist der Familienfrieden oft akut gefährdet. Warum ist das so? Häufig erschweren unausgesprochene Gefühle und Erwartungen den sachlichen Umgang mit derlei Themen. Doch diesen störenden Einflüssen kann man auf die Spur kommen. Familienaufstellungen können dabei helfen.


Schon in den 1950er Jahren haben Therapeuten weltweit erkannt: Die Anliegen und Probleme eines Einzelnen hängen oft mit den Verstrickungen innerhalb der eigenen, aktuellen oder in der Herkunftsfamilie zusammen. Manchmal lassen sie sich auch auf Traumata zurückführen, die über Generationen hinweg weitergegeben wurden. Psychologen gehen etwa davon aus, dass die vielfach schrecklichen Erlebnisse der Kriegskinder auch die Lebens- und Verhaltensweisen ihrer Nachkommen geprägt haben.


Eine Familienaufstellung lässt sich im Zuge einer Einzeltherapie mit Figuren oder in einem Seminar mit „lebendigen“ Darstellern durchführen. Das kann man sich so vorstellen: Wer eine konkrete Frage zu seiner Familie hat, z.B. warum habe ich keinen Draht zu meinem Bruder, wählt aus den Anwesenden Stellvertreter für Eltern, Geschwister, Oma, Opa etc. aus. Vorerst auch für sich selbst. Dann weist die aufstellende Person allen Stellvertretern bestimmte Positionen im Raum zu. Das ermöglicht einen distanzierteren Blick auf das System „Familie“.


„Die Entscheidung, wie nah ich jemanden stellen will, wie zu- oder abgewandt, im Verbund oder isoliert, verschafft mir neuen Zugang zu meinen Erfahrungen. Sie gibt mir die Chance, meine Gefühle der jeweiligen Person gegenüber nach außen zu tragen. Auch wie sich die Stellvertreter auf ihren Positionen fühlen, ist meist sehr nah dran an den Empfindungen der realen Personen“, ergänzt Rosemarie Bender. Seit 15 Jahren leitet die Bauerntochter ihre eigene Praxis für Systemische Therapie in Baden-Württemberg. „Wenn Landwirtinnen und Landwirte zu mir kommen und wir im Verlaufe eines Beratungsprozesses eine Aufstellung machen, treten häufig Rollenkonflikte in der Hof-Familie zutage“, sagt sie.


Im weiteren Verlauf eines Seminars tauscht die aufstellende Person mit ihrem Stellvertreter-Ich den Platz. Dann sieht sie die eigene Familie meist mit anderen Augen. Gegebenenfalls spürt sie Wärme oder Kälte, nimmt (Beziehungs-)Muster deutlicher wahr. Wie man mit etwaigen Verstrickungen umgehen könnte, ergibt sich im Anschluss, wenn alle aufgestellten Personen die Stelle im Raum aufsuchen, an der sie sich am wohlsten fühlen.


Die Familie besser verstehen


Zugegeben, das alles erscheint schwer fassbar. Auch die Landwirtin, mit der wir telefoniert haben, war skeptisch: „Woher sollten diese Menschen, die meine Familie repräsentierten, spüren, wie es meinen Großeltern ergangen ist? Welche Gefühle sie hatten, damals vor mehr als 80 Jahren“


Und doch: Die Familienaufstellung hat der Bäuerin gezeigt, wie nachhaltig das Leben ihrer Oma von Verlusterfahrungen geprägt war. Sie war stets besorgt. Das hat sie in abgeschwächter Form an ihre Nachkommen weitergegeben. „Vor der Aufstellung hätte ich nicht gedacht, dass sie Vergangenes hervorholt und besser verstehbar macht. Aber: Ich habe es so empfunden. Ob es tatsächlich so war, wird das Geheimnis meiner Oma bleiben“, sagt die Bäuerin.


Was und wie viel die Methode in jedem Einzelnen auslöst, lässt sich nicht pauschal sagen. Rosemarie Bender gibt zu bedenken:


  • Bei einer Aufstellung handelt es sich um eine Methode, die gute Impulse geben kann für einen neuen Blick auf die Familiensituation, die aber nicht unbedingt Probleme löst.
  • Informieren Sie sich vor einem Seminar, ob die Leitung der Aufstellung den Prozess gut begleiten kann und entsprechend ausgebildet ist. Auch wichtig: Können Sie sich bei dringlichen Fragen im Nachgang noch einmal melden?
  • Gehen Sie mit einer guten Portion Neugierde und einer gesunden Skepsis an Ihre Familienthemen heran. Das ermöglicht neue Erkenntnisse. Niemand von außen verfügt über Deutungshoheit, was die Verstrickungen und Lösungen in Ihrer Familie betrifft – außer Sie selbst.


melanie.suttarp@topagrar.com


Unsere Expertin


Rosemarie Bender, Systemische Therapeutin, Baden-Württemberg

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