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„Es braucht mutige Männer und mutige Frauen“

Lesezeit: 6 Minuten

Der Bauernverband will jünger und weiblicher werden. Im Interview spricht Susanne Schulze Bockeloh über die Gläserne Decke in der Branche, moderne Ehrenämter und den Sinn einer Quote.


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Frau Schulze Bockeloh, mit der Satzungsänderung auf dem Bauerntag sind die Weichen dafür gestellt, dass Sie die erste Vizepräsidentin im DBV werden können. Wie fühlt sich das an?


Schulze Bockeloh: Ich freue mich, dass der Bauernverband jetzt einen Weg bereitet hat, über den Frauen in die Gremien einziehen können. Ich halte das für einen tollen Erfolg, an dem wir auch intensiv gearbeitet haben. Das fühlt sich großartig an, ein wichtiges Signal für uns Frauen und den Bauernverband.


Was dürfen wir von Ihnen und Ihren Kolleginnen in den kommenden Monaten erwarten?


Schulze Bockeloh: Messen Sie mich daran, die Sichtbarkeit der Frauen im Bauernverband zu erhöhen. Wir sind da, wir reden mit, wir wollen gestalten. Agrarpolitische Themen, spezielle Frauenthemen: Wir werden uns überall einbringen.


Wie wollen Sie das angehen?


Schulze Bockeloh: Wir brauchen die Zuarbeit von der Landesebene. Deshalb ist es wichtig, dass auch alle Landesverbände jetzt einen solchen Unternehmerinnen-Ausschuss bilden. Nur ein Fachausschuss auf Bundesebene reicht nicht. Die Vernetzung der Frauen auf allen Ebenen ist eine wichtige Aufgabe des Ausschusses. In den nächsten Jahren werden wir intensiv daran arbeiten, mit den Frauen ins Gespräch zu kommen.


Familiengründung, Betriebsübernahme, Ehrenämter vor Ort: Wie wollen Sie die Frauen dazu motivieren, sich zu engagieren?


Schulze Bockeloh: Wir müssen überlegen, wie wir die Verbandsarbeit so gestalten können, dass auch Frauen sagen: Das macht mir Spaß und das Engagement kann ich mir zeitlich leisten. Wenn eine junge, top ausgebildete Frau erklärt, sie habe jetzt ein Kind und das wird auch nicht das letzte sein, dann muss unsere Antwort lauten: „Bring dein Kind mit und alle Kinder, die noch kommen!“ Manche Dinge sollen künftig anders laufen, um Frauen einen Raum und Möglichkeiten zu geben, mitzuarbeiten.


Dinge neu zu denken, stößt nicht immer auf Bereitschaft. Mussten Sie auf dem Weg hierher viel streiten?


Schulze Bockeloh: Nachdem Präsident Rukwied sagte, der Verband solle jünger und weiblicher werden, habe ich mit einigen Mitstreiterinnen die Möglichkeit genutzt. Wer Veränderung verlangt, darf sich im entscheidenden Moment nicht wegducken. Es braucht mutige Männer und mutige Frauen. Mit ihrer Unterstützung konnten wir den Ausschuss und das zukünftige Amt der Vizepräsidentin nun wahr machen.


In der Landwirtschaft mangelt es nicht an zupackenden Frauen und Unternehmerinnen. Doch je höher man in den Vorständen, Aufsichtsräten und Gremien blickt, desto dünner wird ihr Anteil. Woran liegt das?


Schulze Bockeloh: Den Standpunkt, dass die ehrenamtliche Arbeit wichtig ist, vertreten viele Frauen. Die Einsicht, dass man es dann aber auch selber tun muss, ist schon schwieriger. Ich glaube, dass es Frauen im ersten Anlauf hilft, Themen mit Frauen zu diskutieren und nicht in Gremien, wo sie allein unter Männern sind. Ich möchte den Frauen Mut zusprechen, die eigenen Interessen deutlich, engagiert und vor allem selbst zu vertreten. Dazu gehört auch mal anderer Meinung zu sein und neue Sichtweisen einzubringen. Gerade das ist wichtig, damit wir aus den gleichförmigen Diskussionen rauskommen. Wenn wir die Themen nicht von allen Seiten durchdringen, dann sind unsere Lösungen auch immer nur halbherzig.


Sie selbst gelten als gut vernetzt, sitzen neben der Arbeit im Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband im Aufsichtsrat von agravis und Gremien wie dem Rundfunkrat. Was haben Sie in Ihrer bisherigen Laufbahn gelernt? Was möchten Sie weitergeben?


Schulze Bockeloh: Mein ehrenamtliches Engagement begann mit 36 Jahren und zwei Kleinkindern als stellvertretende Kreislandwirtin. Ich habe mich eingebracht und schnell die nächsten Ämter bekommen. Für mich war es immer ein großartiges Gefühl, mich für meinen Berufsstand engagieren zu können. Ich wurde damals zwar von einer Frau angesprochen, aber die Männer standen ja direkt dahinter. Von ihnen, vor allem von meinem Vorgänger Heinz-Georg Buddenbäumer und von Franz-Josef Möllers habe ich viel Unterstützung erfahren. Sie hatten einen Blick darauf, Gremien zu besetzen und mich darin unterstützt, diesen Aufgaben auch gewachsen zu sein. Ich würde gerne eine Unterstützerin für engagierte Frauen sein und meine Erfahrungen weitergeben.


Braucht es eine Frauenquote, um den Status quo zu durchbrechen?


Schulze Bockeloh: Ich glaube, Zielwerte und eine Verbindlichkeit zu finden, ist für die Zukunft unserer Branche wichtig. Viele engagierte Frauen kommen nicht durch die Gläserne Decke. Und das liegt nicht an ihrer Ausbildung, ihrem Engagement oder ihren Fähigkeiten. Ohne Quote bleibt der Vorsatz, Frauen in verantwortungsvolle Positionen zu heben, ein halbherziges Versprechen. Sind wir gezwungen zu suchen, bin ich mir sicher, dass sich genug Frauen finden, diese Stellen qualifiziert zu besetzen.


Wie ist Ihre neue Position zur Arbeit der Landfrauen abgegrenzt?


Schulze Bockeloh: Es wird eine Linie geben, da bin ich mir sicher. Aber viel aufmerksamer betrachte ich unsere Schnittmengen. Was können wir für die Landwirtschaft tun? Und wie können wir uns mit diesem Fokus ergänzen und unterstützen? Manchen Themen hilft es, wenn sie von vielen Seiten kommen. Wir sind kein weiterer Frauenverband, sondern die Unternehmerinnen-Vertretung im Bauernverband.


Woran machen Sie im neuen Fachausschuss Erfolg fest?


Schulze Bockeloh: Daran, wie viele Frauen im Bauernverband in den nächsten Jahren in Gremien sitzen. Dass bei den nächsten Wahlen mehr Frauen antreten, ist eine wichtige Aufgabe unseres Ausschusses. Wie großartig wäre es, wenn wir ein bisschen mehr Elan in die Verbandsarbeit bringen können. Die Arbeit für den Berufsstand darf Spaß machen! Wir haben in unseren Reihen großartige Frauen, denen wir den Weg in die Gremien aufzeigen sollten. Bildungsarbeit zur Landwirtschaft, Öffentlichkeitsarbeit, Kommunikation: Das sind Themen, die deutlich in unseren Verantwortungsbereich ragen. Im ganzen Transformations-Thema werden Frauen starke Treiber sein. Auf unseren Betrieben setzen wir dafür jetzt schon wichtige Impulse. Wir müssen über den Verband sehr viel mehr Zuversicht transportieren. Dazu können wir Frauen eine Menge beitragen.Herzlichen Dank für das Gespräch!


Ihr Kontakt zur Redaktion:matthias.schulze-steinmann@topagrar.com


katharina.meusener@topagrar.com

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