Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus Aus dem Heft

Photovoltaik: Was tun, wenn die Förderung ausläuft?

Lesezeit: 7 Minuten

Die ersten PV-Anlagen sind schon über 20 Jahre alt, fallen damit aus der Einspeise-Förderung und erhalten nur noch den Börsenstrompreis. Lohnt sich der Weiterbetrieb?


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Unsere Expertin


Tabea Falter, C.A.R.M.E.N. e.V., Straubing


Alte Photovoltaikanlagen brauchen eine neue Perspektive. Deren Betreiber dürften daher mit Spannung die Diskussionen um die EEG-Novelle (Erneuerbare-Energien-Gesetz) verfolgt haben. Lange sah es sogar danach aus, dass es keine Anschlussregelung für die sogenannten Ü20-Anlagen geben würde. Die Anlagenbetreiber hätten somit nicht nur die EEG-Vergütung verloren, sondern hätten sich auch noch selbst um die Vermarktung kümmern müssen. Erst am 18. Dezember des vergangenen Jahres konnte die große Koalition den gordischen Knoten durchschlagen. Das EEG 2021, am 28. Dezember in finaler Form veröffentlicht und am 1. Januar in Kraft getreten, stellt nun sicher, dass Netzbetreiber Strom aus Altanlagen bis maximal 100 kW bis mindestens 31.12.2027 abnehmen müssen, wenn auch nur zu Börsenpreisen. Damit ist zwar der Weiterbetrieb gesichert, aber ist dieser auch wirtschaftlich? Welche weiteren Möglichkeiten haben Betreibende sonst noch? Vor diesen Fragen stehen nun viele Landwirte. Denn sie haben auch früh auf Photovoltaik gesetzt und auf etlichen Stall- und Hallendächern liegen abbezahlte PV-Anlagen mit offener Zukunftsperspektive. Für sie gibt es drei denkbare Szenarien:


  • Weiter den gesamten Strom ins Netz einspeisen, aber zu Börsenpreisen von 3–4 ct je Kilowattstunde (kWh).6


  • Einen Teil selbst in Haus und Hof verbrauchen und den Rest einspeisen.7


  • Die alte Anlage gegen eine neue tauschen.8


Welche Variante die lukrativste ist, haben wir an einem fiktiven Beispiel berechnet. Landwirt Bernd Meinert (Name frei erfunden) betreibt eine 30 kW-Anlage aus dem Jahr 2000. Die Überlegungen sind stark vereinfacht, da weder steuerliche Betrachtungen noch eine weitere graduelle Verschlechterung der Modulleistung mit einbezogen werden. Auch lässt sich nicht vorhersagen, wie sich die Strompreise entwickeln. Es wurde bewusst auf ein Szenario mit Batteriespeichern verzichtet, da diese aktuell aufgrund hoher Investitionskosten in der Regel noch die Wirtschaftlichkeit verschlechtert. Die präsentierten Optionen bieten dennoch einen guten Überblick.


Einen breiten Überblick, was sich mit dem neuen EEG 2021 sonst noch alles ändert, finden Sie im Energieteil dieser Ausgabe ab S. 124.


1. Volleinspeisung zu Börsenpreisen


Sofern Landwirt Meinert nichts umstellt, fällt seine Anlage in diese Kategorie. Bis 31.12.2027 würde er die „neue Einspeisevergütung für ausgeförderte Anlagen“ erhalten. Diese basiert auf dem Jahresmarktwert Solar. In Übersicht 1 wird ein Durchschnittswert von 3,65 ct/kWh abzüglich einer Vermarktungsgebühr von 0,2 ct/kWh zugrunde gelegt. Bei einem jährlichen Stromertrag von 800 kWh/kW generiert die Anlage einen Erlös von knapp 830 €/Jahr. Über sieben Jahre wären das rund 5800 €. Nun zur Kostenseite: Die Anlage ist zwar abbezahlt, doch es stehen trotzdem zusätzliche Kosten an. Bei PV-Anlagen ab 7 kW schreibt das Gesetz vor, einen intelligenten Messzähler zu verbauen. Dieser verursacht zusätzliche Kosten von rund 130 €/Jahr (Übersicht 2). Bis zum Einbau kann nach einer Beanstandung des Oberverwaltungsgerichts Münster noch etwas Zeit vergehen, da noch keine überarbeitete Markterklärung des BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) vorliegt. Zudem verlangt der Gesetzgeber, dass Anlagen mit mehr als 25 kW in Zukunft fernsteuerbar sein müssen. Die technische Umsetzung kostet Meinert dann einmalig etwa 300 €. Bisher hatte er ausschließlich Kosten für Wartung und Versicherungen. Auch diese fallen weiterhin an und machen 650 € im Jahr aus. Auf sieben Jahre gerechnet, gleichen sich Kosten und Erlös quasi aus. Unterm Strich steht ein Nullsummenspiel. Dabei muss Meinert aber bedenken, dass seine angenommene Vergütung nur ein Durchschnittswert ist. Läge dieser zum Beispiel bei 3,3 ct je kWh, würde er bereits Verlust machen. Ein „Weiter so wie bisher“ ist also unter diesen Voraussetzungen vorerst keine wirtschaftliche Variante. Deshalb überlegt er, einen Teil des Stroms selbst zu verbrauchen.


2. Teilumstellung auf Eigenverbrauch


Typischerweise kann Meinert nur einen Teil des produzierten Stromes auf dem Betrieb selbst nutzen. Das liegt sowohl an der schwankenden Produktionsmenge über den Tag, als auch am Verbrauch in den Stunden, in denen die Sonne nicht scheint. Daher nimmt Meinert an, dass er nur 30 % des Solarstroms auch selbst verbrauchen kann. Mit einer jährlichen Produktion von 24000 kWh sind das 7200 kWh. Bei einem zugrunde gelegten Strombezugspreis von 28 ct/kWh, sowie einer Einspeisevergütung, wie in Szenario 1, von 3,45 ct/kWh, entspräche die Ersparnis gut 1770 € im Jahr (Übersicht 3). Für den selbst verbrauchten Strom fällt für ihn auch keine EEG-Umlage an, da seine Anlage nicht größer als 30 kW ist. Hinzu kommen die Erlöse vom weiterhin verkauften Strom in Höhe von 580 € pro Jahr. Damit hat Meinert einen Gesamterlös von 16430 € über sieben Jahre.


Auf der anderen Seite hat er einmalige Kosten von 1000 € für die Umstellung der PV-Anlage auf teilweisen Eigenverbrauch, sowie sämtliche Kosten aus Szenario 1 (Übersicht 4). Das entspricht 6760 €. Damit hat Meinert ein Plus von 9700 €. Eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu einer Stromeinspeisung von 100%. Allerdings ist noch nicht bekannt, ob er ab dem 1.1.2028 weiterhin unproblematisch in das Netz einspeisen kann. Wann die Anlage das Lebensende erreichen wird, ist ebenfalls nicht gewiss. Deshalb fragt er sich, ob ihm eine neue Anlage mit anteiligem Eigenverbrauch nicht noch mehr einbringen könnte.


3. Neuanlage mit Eigenverbrauch


Meinert überlegt sich, ob er die alte PV-Anlage durch eine neue mit gleicher Leistung ersetzt. Das bedeutet auf der einen Seite höhere Investitionskosten, aber auf der anderen Seite auch etwas höhere Stromerträge sowie eine höhere Vergütung. Für die Investition hat er noch Barreserven, sodass er keine Fremdfinanzierung benötigt. Pro Kilowatt hat er ein Angebot von 1100 € für die Installation vorliegen. Es würde ihn also 33000 € kosten (Übersicht 5). Die jährliche Wartung fiele aber mit 330 € etwas geringer aus, da es sich um eine Neuanlage handelt. Die Anlage erbringt einen Stromertrag von 1000 kWh/kW. Dadurch käme sie auf 30000 kWh/Jahr Solarstrom, wovon wieder 30% selbst verbraucht und 70% einspeist werden. Bei der Einspeisung ist die Vergütung gestaffelt. Für die ersten 10 kW erhielte er bei Inbetriebnahme im Januar 8,16 ct/kWh. Zwischen einer Leistung von 10 und 40 kW sieht das Gesetz 7,93 ct je kWh vor (Stand Januar 2021). Im Durchschnitt liegt er damit bei 8,01 ct je kWh. Je länger er mit der Realisierung wartet, desto geringer fällt die Vergütung aus, denn diese sinkt kontinuierlich. Unter derzeitigen Bedingungen ergeben sich Einnahmen von ca. 1680 € durch die Einspeisung und zusätzlich Einsparungen von knapp 1800 € auf der Stromrechnung von Meinert (Übersicht 6). Um dieses Szenario mit den ersten beiden vergleichbar zu machen, rechnet Meinert Erlöse und Kosten auf die ersten sieben Jahre um. Dadurch käme er auf ein Plus von rund 6100 €. Wenn er die gesamte Laufzeit der EEG-Vergütung betrachtet, hätte er mit der neuen Anlage eine jährliche Rendite von knapp 8,5% und das Ganze hätte sich nach ca. zwölf Jahren amortisiert.


Meinert schwankt nun zwischen Möglichkeit zwei und drei. Für die nächsten sieben Jahre würde er zwar mit dem Weiterbetrieb seiner jetzigen Anlage am besten fahren, wenn er sie auf Eigenverbrauch umstellt, doch ewig wird diese auch nicht mehr halten. Alternativ könnte er schon jetzt in eine neue Anlage investieren. Letztlich entschließt er sich, noch bis 2022 zu warten. Dann plant er ohnehin eine vollständige Dachsanierung und wird in dem Zuge auch in eine neue Photovoltaikanlage investieren. Bis es soweit ist, speist er weiterhin den Strom voll ein.


frederic.storkamp@topagrar.com

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.