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PV-Anlagen richtig bewerten

Lesezeit: 10 Minuten

Was ist Ihre Photovoltaik-Anlage eigentlich wert? Diese Frage stellt viele Landwirte immer wieder vor eine Herausforderung, z.B. bei einem Erbe oder wenn sie Geschwister nachabfinden müssen.


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Für viele Landwirte ist die Solarstromproduktion zu einem weiteren Betriebszweig geworden. Entsprechend gut kennen Sie sich mit der Technik aus. Doch wenn es darum geht, was die Anlage eigentlich wert ist, herrscht Unsicherheit. Dabei muss sich fast jeder Betreiber früher oder später einmal damit auseinandersetzen, den Wert der Anlage richtig zu bestimmen:


  • Erbschaft: Wenn Sie die PV-Anlage nur einem Kind vererben wollen, die weichenden Erben aber angemessen abfinden möchten. Oder wenn Sie die gewerbliche Anlage Ihrer Eltern erben und die Höhe der Erbschaftsteuer abschätzen wollen.4


  • Nachabfindung: Häufig kommt es vor, dass der Nachfolger erst nach der Hofübergabe eine gewerbliche PV-Anlage installiert. In diesem Fall muss er nach der nordwestdeutschen Höfeordnung die weichenden Erben nachabfinden und die künftigen Erlöse der Anlage mit seinen Geschwistern teilen. Das gilt auch für die 2019 eingeführte brandenburgische Höfeordnung. Wir zeigen Ihnen anhand zweier Beispiele aus der Praxis, wie Sie Ihre PV-Anlage richtig bewerten.5


1. Anlage vererben


Wollen Sie die Höhe eines Pflichtteilsanspruchs nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) bestimmen, müssen Sie hierfür den Verkehrswert der PV-Anlage zugrunde legen. Das ist der Wert, den ein Dritter bereit wäre, für die Anlage zu zahlen. Weil in der Regel keine Angebote von Käufern vorliegen oder ein Marktwert für die Anlage bestimmt werden kann, empfehlen Steuerberater, sich am sogenannten Bewertungsgesetz (BewG) zu orientieren. Mit den im BewG vorgesehenen Methoden können Sie den Verkehrswert Ihrer Anlage schätzen. Danach entspricht der Verkehrswert dem Ertragswert. Sie dürfen aber einen sogenannten Mindestwert nicht unterschreiten. Was damit gemeint ist, zeigt unser Beispiel:


Bei Familie Wolf (entfremdetes Beispiel) steht der Generationswechsel an. Senior Wilhelm hatte die Hofübergabe des Milchviehbetriebes zum 31.12.2020 an seine Tochter Marlen geplant. Neben der Tierhaltung und dem Ackerbau betreibt er eine 30 kW-PV-Anlage.


Da er den gesamten Strom veräußert und nicht im landwirtschaftlichen Betrieb nutzt, handelt es sich um eine gewerbliche Anlage. Die Anlage gehört damit nicht zu dem nach Höfeordnung bzw. Landguterbrecht privilegierten Hofvermögen. Der Landwirt muss sie davon gesondert nach allgemeinem Erbrecht betrachten: Bei der Übergabe des betrieblichen Vermögens zu Lebzeiten (vorweggenommene Erbfolge) haben die weichenden Erben zunächst keinen Anspruch auf eine Abfindung.


Sollte der Senior jedoch innerhalb von zehn Jahren nach der Übergabe sterben und machen die weichenden Erben dann angesichts des bereits zu Lebzeiten verschenkten Vermögens Pflichtteilsrechte geltend, müsste die Tochter Marlen den weichenden Erben einen Pflichtteils-Ergänzungsanspruch zahlen. Das will der Landwirt verhindern. Zudem möchte er seiner zweiten Tochter eine angemessene Summe zukommen lassen und eine für alle Seiten gerechte Vermögensaufteilung bei der Übergabe finden. Im Gegenzug soll die zweite Tochter als weichende Erbin im Rahmen des notariellen Übergabevertrages auf ihren Pflichtteil verzichten. Somit wäre die Hoferbin vor der Geltendmachung nachträglicher Pflichtteilsansprüche geschützt.


Zwei Rechnungen


Wolf muss zwei Rechenwege vornehmen, um den Wert seiner Anlage und die Höhe einer Ausgleichszahlung an die zweite Tochter zu ermitteln. Zuerst berechnet er den Wert nach dem Substanzwert (Mindestwert), anschließend nach dem Ertragswert. Für die Ermittlung des Verkehrswerts muss er dann den höheren Wert auswählen, damit es keinen Ärger mit dem Fiskus gibt. ▶


  • Bewertung mit Substanzwert (Mindestwert): Den Mindestwert der PV-Anlage ermittelt er zu einem Stichtag, hier dem Tag der Hofübergabe, der 31.12.2020. Um ihn zu berechnen, muss Wolf die Besitzpositionen mit den Schulden gegenrechnen:13
  • Zunächst erfasst der Landwirt die Besitzpositionen. Dazu benötigt er den sogenannten „Gemeinen Wert“ der Anlage, welcher hier zur Vereinfachung mit dem Buchwert der Anlage gleichgesetzt wird. Die Anlage hat er bereits 2005 für 180000 € installiert. Er schreibt sie linear mit 5% über 20 Jahre ab. Das entspricht einer jährlichen Abschreibung (AfA) von 9000 €. Nach 16 Jahren in Betrieb beträgt der Buchwert zum 31.12.2020 demnach 36000 €. Zum Buchwert addiert er den Kontostand des Betriebskontos zum 31.12.2020. Hier 9848 €. Dies ist das Stromgeld aus 2020 abzüglich davon beglichener Rechnungen für die Anlage. Außerdem liegt noch das Stromgeld von Dezember als Forderung in Höhe von 1133 € vor. In der Summe ergibt dies eine Besitzposition von 46981 €.
  • Im zweiten Schritt berechnet Wolf die Schulden. Diese setzen sich aus 36000 € betrieblichen Schulden für ein Darlehen und 390 € für die Voranmeldung der Umsatzsteuer zusammen.
  • Rechnet der Landwirt die Besitzposition mit den Schulden gegen, ergibt dies einen Saldo von 10591 € (Übersicht 1).


  • Bewertung mit dem Ertragswert: Als nächstes bestimmt Wolf den Ertragswert der Anlage. Dieser stellt den Gegenwartswert aller zukünftigen Reinerträge eines Bewertungsgegenstandes dar und ist somit ein Zukunftserfolgswert. Dazu wendet der Landwirt das vereinfachte Ertragswertverfahren an:17
  • Zunächst benötigt Wolf den durchschnittlichen Jahresertrag der PV-Anlage. Hierfür notiert er die Einspeisevergütung für jedes der letzten drei Jahre. So kann er später einen Durchschnitt der Ertragskraft bilden (Übersicht 2).
  • Vom jährlich erwirtschafteten Erlös zieht er anschließend für jedes der drei letzten Jahre seine laufenden jährlichen Betriebskosten der Anlage ab. Hierzu zählen zunächst die Versicherungskosten in Höhe von 200 €. Die Reinigungs- und Wartungsarbeiten lässt Wolf von einem Dienstleister durchführen. Dieser berechnet 360 €/Jahr. 2018 fielen zusätzlich 150 € Reparaturkosten für einen Wechselrichter an. Weitere jährliche Kosten von 300 € entstehen bei der Buchhaltung, sowie 9000 €/Jahr für die AfA. Wolf hat die Anlage fremdfinanziert, daher zahlt er noch Zinsen. 2005 hat er einen Kredit von 180000 € aufgenommen, er tilgt jährlich 9000 € und es fallen 3,9% Zinsen/Jahr an. 2020 zahlte er somit 1755 € Zinsen.
  • Nach Abzug der Betriebskosten verbucht die Landwirtsfamilie z.B. für 2020 einen Gewinn von 1981 €.
  • Als nächstes zieht der Senior weitere Ausgaben ab, z.B. seinen Unternehmerlohn von 1200 €. Diesen berechnet er als eigenen Lohn für die Zeit, die er monatlich in die Anlage investiert. Er notiert 100 €/Monat, da er 2 bis 3 Std./Monat für Kontrolle, Ablesen der Zähler und Rechnungskontrolle benötigt.
  • Von diesem vorläufigen Betriebsergebnis subtrahiert Wolf für jedes Jahr die Steuer, die er darauf zahlen muss. Der Steuersatz ist im Bewertungsgesetz festgelegt und beträgt 30%. Nun ergibt sich für jedes der letzten drei Jahre das endgültige Betriebsergebnis beziehungsweise der Jahresertrag der PV-Anlage.
  • Diese drei Werte addiert der Senior und berechnet das durchschnittliche Betriebsergebnis der letzten drei Jahre. In unserem Beispiel sind das 334 €/Jahr.
  • Den durchschnittlichen Jahresertrag multipliziert er mit einem Kapitalisierungsfaktor. Dieser beträgt laut Bewertungsgesetz 13,75.
  • Nach der Berechnung mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren hat die PV-Anlage somit einen Ertragswert von 4593 €.


Nun vergleicht Wolf den Substanzwert (Mindestwert) mit dem Ertragswert, denn der Fiskus akzeptiert nur den höheren Wert. Das Ergebnis: der Substanzwert ist höher. Daher zieht er diesen als Verkehrswert der Anlage heran und ermittelt daraus den möglichen Pflichtteilsanspruch der zweiten Tochter. Angenommen der Landwirt lebt mit seiner Ehefrau im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft und hat neben seiner Tochter Marlen, die den Hof übernimmt noch eine zweite Tochter. Als gesetzliches Erbe stehen der Ehefrau und den Kindern je die Hälfte des Vermögens zu. Der Pflichtteil entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Somit beträgt der Pflichtteilsanspruch der zweiten Tochter (weichende Erbin) 1/8 von 10591 €, also 1324 €.


Wollen auch Sie den Wert Ihrer Anlage bestimmen, müssen Sie ggf. zusätzliche Umstände berücksichtigen, die in unserem Beispiel aus Vereinfachungsgründen außer Betracht bleiben. Details dazu lesen Sie unter www.topagrar.com/pv-bewerten2021


Hinweis: Diese Berechnung benötigen Sie auch, wenn Sie die gewerbliche PV-Anlage Ihrer Eltern erben und den Wert zwecks Ermittlung der Erbschaftsteuer bestimmen wollen, soweit nicht die erbschaftsteuerlichen Freibeträge oder die Verschonungsregelungen für betriebliches Vermögen greifen.


Handelt es sich bei der Anlage hingegen um einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb, weil mehr als die Hälfte der erzeugten Energie in den landwirtschaftlichen Betrieb fließt, zählt die PV-Anlage als eine „dem landwirtschaftlichen Betrieb dienende bzw. ihm untergeordnete Anlage“. Dann liegt eine landwirtschaftliche Nutzung vor.


Im Geltungsbereich der nordwestdeutschen Höfeordnung müsste Landwirt Wolf die Anlage als Teil des Hofvermögens nur mit dem 1,5-fachen Einheitswert ansetzen. Nach BGB-Land-guterbrecht wäre der Ertragswert des Betriebes und nach brandenburgischer Höfeordnung dessen Ersatzwirtschaftswert maßgeblich. Eine gesonderte Bewertung der PV-Anlage erfolgt dann nicht. ▶


2. Weichende Erben nachabfinden


Installieren Sie erst nach der Hofübergabe eine gewerbliche PV-Anlage, müssen Sie nach nordwestdeutscher und auch brandenburgischer Höfeordnung die weichenden Erben nachabfinden und die künftigen Erlöse der Anlage mit Ihren Geschwistern teilen. Maßgeblich ist, dass der Hoferbe innerhalb von 20 Jahren Teile des Hofes landwirtschaftsfremd nutzt und dadurch erhebliche Gewinne erzielt. In folgendem Beispiel zeigen wir Ihnen, wie Sie die Nachabfindung angemessen berechnen und keinen Ärger mit dem Fiskus riskieren:


Der junge Betriebsleiter David Borgmann (Beispiel entfremdet) hat erst im letzten Jahr auf dem Stalldach eine neue PV-Anlage installiert. Von dem erzeugten Strom speist er 75% ins Netz ein, 25% verbraucht er auf dem Betrieb (Eigenverbrauch). Da er den Hof erst 2018 geerbt hat und es sich um eine gewerbliche Anlage handelt, hat er gegenüber seinen Geschwistern nach der Höfeordnung eine Nachabfindungspflicht. Er muss die Erlöse der Anlage also mit den weichenden Erben teilen. Das ist immer dann der Fall, wenn ein Hofübernehmer innerhalb von 20 Jahren nach der Übernahme oder dem Erbe eine Windkraft-, PV- oder Biogasanlage baut, Flächen dafür bereitstellt oder sich an entsprechenden Anlagen beteiligt. Zahlungspflichtig ist ein Landwirt aber nur, wenn der Erlös der landwirtschaftsfremden Nutzung mehr als ein Zehntel des Hofewertes beträgt (15% vom Einheitswert). Diesen Wert überschreiten die meisten Betriebe jedoch in der Regel recht schnell.


Hinweis: Der Nachabfindungsanspruch verfällt erst nach 20 Jahren und nimmt innerhalb dieser Zeitspanne ab. In den ersten zehn Jahren nach dem Erbfall bzw. der Hofübernahme (maßgeblich ist die Eintragung im Grundbuch) sind Sie verpflichtet, den gesamten Erlös mit den weichenden Erben zu teilen. Nach dem zehnten Jahr sind es noch 75% und ab dem 16. Jahr müssen Sie noch 50% des Erlöses teilen.


Den jährlichen Nachabfindungsanspruch berechnet Borgmann wie folgt:


  • Die Jahres-Einspeisevergütung der Anlage beträgt 9958 €. Hinzu addiert er die Kosteneinsparungen durch den Eigenverbrauch. Gegenüber dem Normaltarif (31,47 ct/kWh) abzüglich der EEG-Umlage auf den Selbstverbrauch spart Borgmann somit 12420 €/Jahr. Der Erlös aus dem Stromverkauf zuzüglich der Einsparung ergibt insgesamt eine Summe von 22378 €.36


  • Von diesem Betrag kann Borgmann vorab folgende Posten abziehen:37
  • Kosten für die Unterhaltung der Anlage: Hier fallen 1000 € für Versicherung, Buchführung und Gebühren an.
  • Zinsen für einen Kredit: Borgmann hat noch einen Kredit in Höhe von 150000 € offen, für den 2% Zinsen/Jahr anfallen. Mit einer Restschuld von 142500 € ergibt das 5557 € Fremdkapitalzinsen.
  • Jährliche Abschreibung: Die Anlage hat 150000 € gekostet, bei einer linearen Abschreibung von 5%, beträgt die AfA 7500 €.
  • Wenn Borgmann die Anlage mit Eigenkapital finanziert hätte, könnte er ebenfalls Eigenkapitalzinsen abziehen. Nach Abzug dieser Beträge ergibt sich ein Nettoerlös von 8320 €/Jahr.


  • Der Landwirt kann dann im nächsten Schritt seine individuelle Einkommensteuer in Höhe von 2080 € abziehen, die wir hier mit einem Steuersatz von 25% annehmen. Von dem Zwischenergebnis (6240 €) darf er sich laut Gesetz für seine eigene Arbeit 50% gutschreiben bzw. abziehen (wirtschaftliche Eigenleistung). Den Betrag, der nach Abzug der Eigenleistung verbleibt, muss er mit den weichenden Erben teilen. Borgmann muss also 3120 € mit den weichenden Erben teilen. Die Rechnung zeigt, je höher der Eigenverbrauch an Strom ist, desto höher fällt der zu teilende Anteil mit den weichenden Erben aus.42


Die EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch müssen Sie im Übrigen seit Einführung des EEG 2021 nur noch zahlen, wenn die Anlage mehr als 30 kWp leistet.


Welchen Preis Sie für Ihre PV-Anlage verlangen können, wenn Sie den Verkauf planen, lesen Sie unter www.topagrar.com/pv-bewerten2021


maria.meinert@topagrar.com

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