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Videos wirken – nur unterschiedlich!

Lesezeit: 4 Minuten

Prof. Dr. Matthias Kussin von der Hochschule Osnabrück über Chancen und Risiken des Formats.


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Wenn sich Videos aus der Landwirtschaft verbreiten, stammen diese nicht selten von Stalleinbrüchen. Können Landwirte und Landwirtinnen dem mit eigenen Videos überhaupt etwas entgegensetzen?


Kussin: Videos von Tierrechtlern entfalten unbestritten eine hohe Wirkung. Das merkt man auch daran, dass Versuche diese Videos zu delegitimieren oder sie als Einzelfälle darzustellen in der Öffentlichkeit nicht aufgenommen wurden. Statt Zeit und Energie in eine Diskussion zu investieren, kann es sinnvoller sein, selbst ein Video zu erstellen. Denn Videos als Kommunikationsinstrument sind sehr glaubwürdig.


Gibt es auch Grenzen, wo mehr Transparenz sogar zu weniger Akzeptanz führt? Eine Schlachtung oder Kastration können doch eher abschrecken.


Kussin: Ja, ein schlecht gemachtes Video kann auch das Gegenteil bewirken. Selbst Bilder, die rational nachvollziehbar sind, können emotional eine Abwehrreaktion hervorrufen. Das gilt besonders in der Tierhaltung. Im Umkehrschluss heißt es aber nicht, dass man sich abschotten sollte. Das wirkt, als wolle man etwas verheimlichen. Aus meiner Sicht ist es sinnvoll, nicht jedes Thema offensiv in die Öffentlichkeit zu drängen. Aber wo es Interesse gibt, sollte man dem immer offen begegnen.


Wenn ich mich nun entschließe, Videos in meinen Ställen aufzunehmen und zu teilen: Was macht ein besonders gutes Video aus?


Kussin: Eine eindeutige Antwort gibt es dazu nicht. In unserem Forschungsprojekt mit Thomas Fabry, gefördert durch den QS-Wissenschaftsfonds, haben wir versucht einige Parameter zu identifizieren. Auch andere Studien haben sich schon mit dieser Fragestellung beschäftigt. So haben die Perspektive, die Geräuschkulisse einen großen Einfluss. In unserer Studie ging es um inhaltliche Schwerpunkte in Videos. Die Erkenntnis: Wenn es in Videos um moderne Landwirtschaft mit viel Technik geht, bevorzugte das Publikum das zwar auf rationaler Ebene, weil sie es als glaubwürdiger empfinden. Videos, die Natürlichkeit und Mensch-Tier-Beziehungen fokussierten, packen auf emotionaler Ebene jedoch mehr.


Sind Emotionen in einem Video daher ein Muss?


Kussin: Ich denke ja. Selbst wenn es von Menschen durchschaut wird, wirken sie. Das sehen wir ja auch in der Werbung. Man darf es nur nicht übertreiben. Eine vorgaukelte Bullerbü-Landwirtschaft bietet Angriffsfläche.


Es bleibt also ein Balanceakt zwischen Fakten und Emotionen.


Kussin: Auch wenn Film ein Massenmedium ist – nicht jeder Film funktioniert für jeden. Das muss man berücksichtigen. Wenn Sie auf Instagram ein kurzes Video veröffentlichen, müssen Sie anders vorgehen, als bei einem klassischen Imagefilm.


Sie sprachen gerade verschiedene Verbreitungskanäle an. Ein einzelner Landwirt hat nicht unbedingt viele Follower. Wie schafft man es als Einsteiger, überhaupt Menschen zu erreichen?


Kussin: Ich glaube da gibt es kein Patentrezept. Das hört man selbst von großen Firmen im Agribusiness. Nicht umsonst investieren viele Firmen viel Geld in Influencer-Kommunikation. Sie hoffen damit Zielgrupppen anzusprechen, die sie über ihre eigenen Kanäle gar nicht erreichen. Die sozialen Kanäle wie Instagram, Facebook oder für die jüngere Generation jetzt auch TikTok haben natürlich eine hohe Attraktivität, weil sie leicht zugänglich sind und man theoretisch schnell Reichweiten erzielen kann. Aber eine Gefahr dort ist, dass man sich nur in der eigenen Blase bewegt. Deswegen sehe ich diese Kanäle nur als einen Baustein in der Öffentlichkeitsarbeit. Präsenzformate, wie z.B. Stallbesichtigungen schaffen es vielleicht eher Brücken zu anderen Lagern zu bauen.


Gibt es Zahlen, wie viele Landwirte und Landwirtinnen Öffentlichkeitsarbeit betreiben?


Kussin: Das ist mir nicht bekannt, wäre aber eine interessante Befragung.


Manch einer hat vielleicht etwas Scheu sich selbst auch vor der Kamera zu zeigen. Würden Sie es trotzdem empfehlen?


Kussin: Menschen in Videos sind durchaus vorteilhaft. Falls man sich zunächst nicht traut, kann man sich auch beraten lassen. Es gibt ja mittlerweile auch Leute, die für die Landwirtschaft Filme drehen. Da kann man auch Unterstützung finden, um zu lernen, wie man sich vor der Kamera verhält.


Ein großes Thema in der Landwirtschaft ist der Umbau der Tierhaltung. Sehen Sie hier selbst gedrehte Videos als geeignetes Mittel um die Herausforderungen und Sorgen, die Landwirte haben, mitzuteilen?


Kussin: Videos zeigen in der Regel den Ist-Zustand und hier geht es um Zukunftsentwürfe. Aber vielleicht kann man die Zielkonflikte darstellen, wenn ein mutiger Landwirt sagt: Vor diesen Problemen und Herausforderungen stehen wir liebe Verbraucher. Das bedeutet aber auch, dass man selbstkritisch Probleme eingestehen muss. Das wäre extrem glaubwürdig und mit Blick auf die gesellschaftliche Diskussion sicherlich ein sehr wertvoller Beitrag.

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