Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus Aus dem Heft

Vielfalt muss sich lohnen

Lesezeit: 7 Minuten

Weite Fruchtfolgen sind im Kommen. Doch rechnen sie sich? Darüber entscheiden vor allem Fruchtfolgeeffekte zwischen den Kulturen, die oft unterschätzt werden.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Ackerbohne, Soja, Roggen – die Anbaufläche alternativer Kulturen neben Weizen, Gerste und Raps ist in der Vergangenheit stetig gestiegen. Landwirte erweitern ihre Fruchtfolgen – selbst nach ernüchternden Anbauerfahrungen in Trockenjahren und (noch) unterentwickelten Absatzmöglichkeiten für die Nischenkulturen. Wie rechnen sich weite Fruchtfolgen vor diesem Hintergrund?


Wer für den Deckungsbeitrag seiner Fruchtfolge nur den Durchschnitt der Standarddeckungsbeiträge der einzelnen Kulturen heranzieht, unterschlägt dabei die Vorzüge einer weiten Fruchtfolge. Denn die Wechselwirkungen neuer Kulturen auf bewährte Früchte sind nicht zu unterschätzen:


  • Weniger Krankheiten: Kohlhernie im Raps, Fusarien sowie Halm- und Wurzelkrankheiten im Getreide treten in weiten Fruchtfolgen durch längere Anbaupausen deutlich seltener auf.
  • Geringerer Ungrasdruck: Besonders resistente Ungräser wie Ackerfuchsschwanz lassen sich durch den Anbau von Sommerungen in Schach halten.
  • Weniger Resistenzen: Enge Getreidefruchtfolgen begünstigen Fungizidresistenzen. Weite Fruchtfolgen mit Wechsel von Halm- und Blattfrüchten beugen diesen vor, weil der Selektionsdruck mit weniger Maßnahmen sinkt.
  • Bessere N-Bilanz: Raps und Getreide können hohe N-Überschüsse haben. Mit Kulturen wie Mais, Hafer oder Roggen in weiten Rotationen lässt sich die N-Bilanz verbessern, weil sie den im Boden mineralisierten Stickstoff besonders effizient nutzen.
  • Mehr Ertrag: Gleichzeitig steigen die Erträge der bewährten Kulturen und schwanken weniger in der erweiterten Fruchtfolge. Die Kosten für Pflanzenschutz und Arbeitserledigung sinken.


Wie sich diese positiven Effekte auf die Fruchtfolge auswirken, zeigen wir anhand der einzelnen Früchte in Übersicht 1. Dort vergleichen wir Sommerungen und Winterungen mittels ihrer direkt- und arbeitskostenfreien Leistung (DAL). Die oben genannten positiven Wirkungen der einzelnen Kulturen auf die Folgekulturen bewerten wir mit dem Fruchtfolgewert in €/ha.


Beispiel: Der Ackerbohne haben wir mit 160 €/ha einen hohen Fruchtfolgewert gegeben. Als Sommerung senkt sie den Ungrasdruck und bringt Stickstoff in den Boden, den die Folgekultur aufnehmen kann. Die Zuckerrübe hat dagegen einen negativen Wert. Die Reihenkultur ist ein Humuszehrer, auch wenn das Blatt auf dem Acker bleibt. In einem nassen Spätherbst drohen Strukturschäden durch die Ernte. Das müssen Landwirte über Zwischenfrüchte und die Bodenbearbeitung ausgleichen. Der Fruchtfolgewert drückt diese Effekte in Zahlen aus. Ohne den Fruchtfolgewert beträgt die DAL-Differenz zwischen Ackerbohne und Zuckerrübe 422 €/ha, mit Fruchtfolgewert nur noch 202 €/ha. Die Fruchtfolgewerte einzelner Kulturen sind allerdings nicht allgemein gültig, sondern hängen von vielen Faktoren auf Ihrem Betrieb ab. Wie sich die Werte in der Übersicht 1 ergeben, erklären wir in der Zusatzinfo „Fruchtfolge“ auf Seite 49.


Sommerungen im Nordwesten


Über Jahrzehnte dominierte vor allem in Nordwest-Deutschland die dreigliedrige Fruchtfolge Raps–Weizen–Gerste. In dieser Fruchtfolge, die ausschließlich aus Winterungen besteht, traten vermehrt Probleme mit Ackerfuchsschwanz auf. Auch die Rapserträge litten in der Vergangenheit unter der engen Rotation. Um diese Fruchtfolge mit Sommerungen aufzulockern, könnte man eine Leguminose im Wechsel mit Sommergetreide integrieren. Beide stehen im Hinblick auf gesunde Anbaupausen auf je einem Achtel der Fruchtfolge. In unserem Beispiel nehmen wir den Hafer (293 €/ha) und die Ackerbohne (235 €/ha) in die Rotation.


Bewertet man die erweiterte Frucht-folge mit Raps–Weizen–Gerste–Hafer/Ackerbohne ohne Fruchtfolgewerte, sinkt die durchschnittliche DAL von 305 auf 265 €/ha, also um 40 €/ha (Übersicht 2). Kalkuliert man die Fruchtfolgewerte aus Übersicht 1 ein, kommt die weite Fruchtfolge auf einen Wert von 345 €/ha, die enge erzielt 371 €/ha. Der Unterschied liegt nur noch bei 26 €/ha. Wie sich die geringeren DAL von Hafer und Ackerbohne kompensieren lassen, hängt vom Fruchtfolgewert ab, den man ihnen zugesteht. Die Vorteile der weiten Fruchtfolge sind vielfältig: Höhere Rapserträge, N-Einsparungen, PS-Einsparungen, höhere Gerstenerträge nach Ackerbohne, höhere Proteinwerte beim Weizen und bessere Arbeitsverteilung. Die Fruchtfolgewerte können die von uns angenommen 80 €/ha für Sommerhafer und 160 €/ha für Ackerbohne noch deutlich übersteigen. Auch die Erlöse der zusätzlichen Fruchtfolgeglieder könnten weiter wachsen: Hafer erfährt als „Functional Food“ steigende Wertschätzung. Gute Qualitäten erreichen Landwirte am besten in nicht zu trockenen Lagen. Ackerbaulich gilt der Hafer als Gesundungsfrucht, er schont die N-Bilanz und verbessert die Bodenstruktur. Heimische Leguminosen wie die Ackerbohne sind häufig nur unter Berücksichtigung eines sehr hohen Vorfruchtwertes interessant. Das kann sich ändern, sobald sich lukrative Absatzmöglichkeiten ergeben. In Biobetrieben und dort, wo Leguminosen von Kulturlandschaftsprogrammen profitieren, sieht die Rechnung schon heute anders aus. Auch durch die Verwertung der Ernte als Futter im eigenen Betrieb kann sich die Wirtschaftlichkeit verbessern. Hauke Schneider aus Kiel und Xaver Pöringer aus Bayern veredeln die Kulturen ihrer weiten Fruchtfolgen im Schweinestall (Reportagen Seite 52).


Gewinnerfrucht Im Süden: Sojabohne


In wärmeren Lagen dominiert neben Raps und Weizen der Körnermais die Fruchtfolgen. Eine Fruchtfolge aus Körnermais–Winterweizen–Winterraps–Winterweizen könnten Landwirte wie folgt erweitern: Körnermais–Sommergerste–Winterraps–Winterweizen+ ZF–Sojabohne–Winterweizen+ZF.


In dieser sechsfeldrigen Fruchtfolge wechseln sich konsequent Halm- und Blattfrüchte ab. Die Sojabohne ist insbesondere für Landwirte im Süden eine interessante Alternativkultur. Als gentechnikfreie, regionale Alternative zur Weltmarkt-Ware stellt sie sich aktuell preislich sehr gut dar. Außerdem ist sie eine Gewinnerin des Klimawandels, da sie – wie der Mais – in ihrer Jugendentwicklung von trockenen und damit warmen Frühjahren profitiert. Sommergetreide nach Mais ist hinsichtlich der Fusariumrisiken die gesündere Alternative zum Winterweizen. In Übersicht 2 liegt die durchschnittliche DAL der weiten Fruchtfolge bei 392 €/ha und damit 46 €/ha unter der engen Rotation. Die Fruchtfolgeeffekte haben wir vorsichtig geschätzt. Bereits heute gilt: Bei angemessener Berücksichtigung dieser Vorteile ist eine um Braugerste und Sojabohnen erweiterte Fruchtfolge bei entsprechenden Vermarktungsmöglichkeiten, oft hoch wirtschaftlich.


mehr Erbsen im osten


Auf den Trockenstandorten im Osten Deutschlands sind Erbsen und Lupinen sicherer als die Soja- oder Ackerbohne. Bei Wintergetreide können Roggen und Gerste mit dem Weizen mithalten. So könnten Landwirte im Osten Erbsen bzw. Lupinen und Körnermais, auf raueren Standorten Silomais, in eine Rotation mit Winterraps–Winterroggen–Wintergerste eingliedern: Winterraps–Winterroggen+ZF–Körnermais–Körnererbse/Lupine–Winterraps–Winterroggen–Wintergerste.


Wintergetreide und Winterraps nutzen die Winterfeuchte. Der Mais nimmt die Sommerniederschläge mit. Über die N-Lieferung fördert die Leguminose die Jugendentwicklung des Rapses.


Der züchterische Ertragsfortschritt bei Hybridroggen ist auf den leichten und mittleren Standorten größer als der anderer Getreidearten. Vor allem in Veredelungsbetrieben ist Hybridroggen häufig das lukrativste Futtergetreide, denn im eigenen Trog können Landwirte seinen hohen Futterwert monetär voll nutzen. Auch in unseren Berechnungen kann die weite Rotation mit 365 €/ha im Vergleich zur engen mit nur 341 €/ha überzeugen. Das liegt vor allem an den unterstellten hohen Erträgen des Körnermaises.


Die Ökonomie im Blick


Vernachlässigt man die Fruchtfolgewerte, sind die engen Fruchtfolgen bis auf das letzte Beispiel ökonomisch vorzüglich. Kalkuliert man sie mit ein, ändert sich die Rangfolge zwar nicht, die weiten Fruchtfolgen erscheinen aber konkurrenzfähiger. Der Effekt verstärkt sich, wenn mit rückläufigem Dünger- und Pflanzenschutzeinsatz sowie dem Klimawandel die Vorteile erweiterter Fruchtfolgen immer stärker zum Tragen kommen.


Auch in Zukunft werden Marktfruchtbetriebe das meiste Geld mit Raps, Wintergetreide, Mais und Sonderkulturen verdienen. Allerdings nicht mehr in engen Rotationen, sondern zusammen mit einem steigenden Anbauumfang „dienender“ Fruchtarten. Diese können das Potenzial der wirtschaftlich tragenden Kulturen optimieren. Allerdings gibt es dafür keine allgemeingültigen Werte. Vermarktung, Witterung und die Bodenbeschaffenheit sind für jeden Betrieb anders, sodass die Fruchtfolge noch stärker als bisher einzelbetrieblich zu planen ist. Dabei lohnt es, einen Berater zu Rate zu ziehen. Zum individuellen Vergleich einzelner Kulturen auf Ihrem Betrieb, finden Sie einen Fruchtartenrechner online unter www.topagrar.com/fruchtfolge2021


konstantin.kockerols@topagrar.com


Unser Experte


Dipl.-Ing. agr. Sven Böse, Fachberater, Isernhagen

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.